Was tut sich beim Naturschutz im Schwarzwald-Baar-Kreis?

Das Naturschutzgroßprojekt Baar und seine Entwicklung

Schwarzwald-Baar-Kreis · 23. August 2024
Thomas Kring, Leiter des Naturschutzgroßprojektes im Gespräch mit der Ministerin für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Thekla Walker.
Thomas Kring, Leiter des Naturschutzgroßprojektes im Gespräch mit der Ministerin für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Thekla Walker.
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Die Natur und die Landschaft zu schützen. Diese Aufgabe steht im Mittelpunkt der Naturschutzbehörde des Landratsamtes Schwarzwald-Baar-Kreis. Seit 2013 gibt es das Naturschutzgroßprojekt Baar, kurz NGP Baar. Bei diesem Projekt sollen Flächen für den Arten- und Biotopschutz aufgewertet und der Biotopverbund gestärkt werden. In den vergangenen fünf Jahren wurden so bereits zahlreiche Maßnahmen umgesetzt. Projektleiter ist Thomas Kring. Wir haben ihn gefragt: „Was tut sich beim Naturschutz im Schwarzwald-Baar-Kreis?“.

„Es tut sich sehr viel“, so Thomas Kring kurz und knapp und ergänzt sofort, was mit dem Naturschutzgroßprojekt in den letzten Jahren erreicht wurde. „Ein Erfolg, über den ich mich persönlich sehr freue ist, dass sich die Reviere des Braunkehlchens, welches vom Aussterben bedroht ist, von zirka 40 im Jahr 2019 auf knapp über 50 im Jahr 2022 erhöht haben. Das ist deshalb beachtlich, weil es gemäß Roter Liste Baden-Württemberg nur zirka 200 bis 320 Braunkehlchenreviere gibt“, so Kring.

„Ziel des NGP Baar ist es zum einen die Wald-, Trocken- und Feuchtlebensräume für den Arten- und Biotopschutz sowie den Biotopverbund zu sichern“, so der Projektleiter. Außerdem wird angestrebt bedeutsame Lebensräume qualitativ und quantitativ zu verbessern. Damit leiste das NGP Baar einen wichtigen Beitrag dazu, die Biodiversität – also die biologische Vielfalt – zu stärken. Vor allem die Moore sind hier wichtig. Dort sind insbe-sondere auf der Baar zahlreiche seltene Tier- und Pflanzenarten zu finden. Seit 2018 setzt das Naturschutzgroßprojekt Baar in 17 Fördergebieten auf einer Fläche von insgesamt 4.289 Hektar Maßnahmen zur Biotoppflege um. Zum Fördergebiet zählen Flächen in Bad Dürrheim, Blumberg, Bräunlingen, Brigachtal, Donaueschingen, Hüfingen, Königsfeld, Mönchweiler Villingen-Schwenningen und Geisingen im Landkreis Tuttlingen.

Das Braunkehlchen (Saxicola rubetra) überwintert südlich der Sahara und ist damit ein ausgesprochener Langstreckenzieher.
Das Braunkehlchen (Saxicola rubetra) überwintert südlich der Sahara und ist damit ein ausgesprochener Langstreckenzieher.
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Welche Maßnahmen sind das genau und was bewirken sie?

„Um seltene Orchideen und Enziane aber auch Insekten zu fördern, entwi-ckelt das NGP Baar Magerrasen und Magerweiden“, erklärt Thomas Kring. Dies wurde vor allem entlang von Waldrändern in den Fördergebieten Weißwald (Gemeinde Brigachtal), Baaralb bei Geisingen und Fürstenberg (von Unterbaldingen bis Blumberg) sowie im Fördergebiet Wutachflühen-Blumberger Pforte (rund um Blumberg) umgesetzt. Auf über 6,5 Kilometer konnten entlang der Waldränder Reste der Magerrasen wieder-hergestellt und vergrößert werden. Damit wurden diese Flächen für den Arten- und Biotopschutz erheblich aufgewertet und der Verbund der Flächen signifikant verbessert. So kann sich zum Beispiel das Esparsetten-Widderchen nun wieder einfacher ausbreiten.

Neue Lebensräume für Amphibien und Libellen wurden in Blumberg geschaffen. Im Fördergebiet Wutachflühen-Blumberger Pforte legte das Naturschutzgroßprojekt Tümpel neu an, die als Trittsteine für den Biotopverbund dienen sollen. „Bestehende kleine Stillgewässer wollen wir zudem wiederherstellen und vergrößern“, betont Thomas Kring. Umgesetzt wurde dies bereits in Geisingen im Fördergebiet Unterhölzer Wald und in Donaueschingen im Fördergebiet Riedseen. Auch die Renaturierungen von Fließgewässern waren wichtige Maßnahmen in den vergangenen fünf Jahren. „Werden Störelementen wie beispielsweise große Steine oder Wurzelstöcke, in ein Gewässer, wie einen Bach oder Fluss eingebracht, wird die Eigendynamik des Fließgewässers ge-fördert. Das kann auch erreicht werden, wenn ein Ufer abgeflacht oder angegraben wird. Dadurch können sich Land und Wasser besser verzahnen. Umgesetzt haben wir das in Königsfeld im Bereich Mönchsee-Rohrmoos und an der Badischen Eschach.“ Ebenfalls an der Badischen Eschach wurde in Villingen-Schwenningen die Durchwanderbarkeit des Gewässers verbessert, indem der Durchmesser von Durchlässen vergrößert und Verdohlungen beseitigt wurden.

Der Fieberklee (Menyanthes trifoliata) ist als Wasser- oder Sumpfpflanzen in Deutschland und in Baden-Württemberg auf den Roten Listen jeweils mit 3 eingestuft. Er ist also bundesweit gefährdet.
Der Fieberklee (Menyanthes trifoliata) ist als Wasser- oder Sumpfpflanzen in Deutschland und in Baden-Württemberg auf den Roten Listen jeweils mit 3 eingestuft. Er ist also bundesweit gefährdet.
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In Villingen-Schwenningen wurde im Schwenninger Moos die Wiedervernässung des Moores her-beigeführt. „Wir haben Grabensperren gebaut“, so Thomas Kring ganz konkret. Damit wurden die Gräben, die für die Entwässerung des Moors für den Torfabbau errichtet wurden, versperrt. Seltene Tier- und Pflanzenarten können so wieder Lebensraum finden. Viel zu tun gab es auch bei anderen Moorstandorten, wie in Donaueschingen im Gebiet Birkenried-Mittelmeß und im Aitrachtal in Blumberg. Hier wurden in den Mooren großflächig Gehölze beseitigt. „Gehölze entziehen zusätzlich das Wasser, welches dringend im Moor benötigt wird“, erklärt Kring. Aber auch die Bekämpfung von Neophyten und Problempflanzen steht beim Naturschutzgroßprojekt auf der Agenda.

Ohne direkten menschlichen Eingriff sollen sich bestimmte Waldflächen ungestört entwickeln. Auf solchen Stilllegungsflächen werden die Bäume ihrer natürlichen Entwicklung bis zum Zerfall überlassen. Damit werden Habitatstrukturen für Arten, die auf Altholz-Bestände besonders an-gewiesen sind, erhalten und entwickelt. Dazu zählen vor allem Spechte und Fledermäuse. „Seit 2018 konnten wir so insgesamt sieben Waldflächen mit zirka 32 Hektar dauerhaft aus der Nutzung nehmen“, berichtet Thomas Kring. Bis zum Projektende im Jahr 2028 sind noch viele weitere Maßnahmen geplant, um die Naturlandschaft der Baar dauerhaft zu erhalten sowie die herausragenden Lebensräume vieler Tier- und Pflanzenarten aufzuwerten, zu sichern und zu verbinden.

Weitere Infos zum Naturschutzgroßprojekt Baar gibt es unter: www.ngp-baar.de

Hintergrundinfo:

Naturschutzgroßprojekte dienen der „Errichtung und Sicherung schutzwürdiger Teile von Natur und Landschaft mit gesamtstaatlich repräsentativer Bedeutung“, so der Titel der entsprechenden Richtlinie des Bundes. Mit dem Förderprogramm „chance.natur“ werden seit 1979 herausragende großflächige Gebiete gefördert, denen aus nationaler Sicht eine besondere Bedeutung für den Naturschutz zukommt.

Das Naturschutzgroßprojekt ist eine großflächige Initiative zur Wiederherstellung und Erhaltung von schutzwürdigen Biotopen. Seit 2013 ist auch der Schwarzwald-Baar-Kreis in Kooperation mit dem Landkreis Tuttlingen beteiligt. Seit März 2013 werden im Rahmen dieses Förderprogramms auch Teile der Baar und der Baaralb aufgrund ihrer gesamtstaatlichen und internationalen Be-deutung für den Naturschutz unter dem Titel „Naturschutzgroßprojekt Baar“ (NGP Baar) durch das Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Natur-schutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) und des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg (UM) gefördert.

Für die Umsetzung der Projektziele im Zeitraum von Mai 2018 bis April 2028 stehen rund 8,5 Millionen Euro an Fördermitteln zur Verfügung. Hiervon übernehmen das BfN/BMUV 75 und das UM weitere 15 Prozent. Den Eigenanteil in Höhe von 10 Prozent übernimmt der Schwarzwald-Baar-Kreis als Projektträger sowie der Landkreis Tuttlingen entsprechend seines Anteils an der Fördergebietskulisse.

Gefördert werden vor allem die Maßnahmen des Biotopmanagements, der Grunderwerb und die Ausgleichszahlungen sowie alle unmittelbar durch die Umsetzung des Projektes entstehenden Kosten.