Pilotprojekt mit LoRaWAN

Frühzeitige Waldbranderkennung im Rhein-Neckar-Kreis

Die Digitalisierung schreitet auch in der Verwaltung immer weiter voran und somit heißt es unter anderem auch Daten intelligenter zu erfassen, zu verarbeiten und für weitere Anwendungen zu verwenden.
Philipp Hupach , Alma Taslaman · Rhein-Neckar-Kreis · 29. Juni 2023
LoRaWAN-Gateway am Teltschikturm
LoRaWAN-Gateway am Teltschikturm
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LoRaWAN ist hierbei ein Ansatz, Daten in unterschiedlichsten Anwendungsfällen zu erfassen und über verschiedene Arten zu nutzen bzw. den Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung zu stellen, um das Leben in der Region zu vereinfachen.
 

LoRaWAN – Leitungsloses Funknetzwerk

LoRaWAN, ausgeschrieben Long Range Wide Area Network, ist ein leitungsloses Funknetzwerk über das verschiedene Arten von Daten durch Sensoren energiesparend gemessen und unter Idealbedingungen über eine Reichweite von bis zu 10 Kilometern versendet werden können. Sensoren lassen sich dabei per Batterie bis zu 10 Jahre mit Energie versorgen. Die zu messenden Daten, welche je nach Anwendungsfall variieren, werden dabei von dem Sensor an das Gateway, welcher als Empfänger dient, über die lizenzfreie Frequenz übermittelt. Ein Gateway kann dabei Daten von bis zu 2000 Sensoren empfangen, wobei ein Sensor wiederum Daten an unterschiedliche Gateways senden kann. Das Messintervall, also der Abstand indem der Sensor Daten misst und versendet, lässt sich dabei frei einstellen und kann von wenigen Minuten bis hin zu mehreren Stunden betragen. Auch dies ist stark vom jeweiligen Anwendungsfall und der geforderten Datenerfassung abhängig und wirkt sich unmittelbar auf den Energiebedarf aus.

Das Gateway ist im Gegensatz zu den Sensoren mit dem Internet über W-LAN, Ethernet oder Mobilfunk verbunden. Zudem gilt es das Gateway zentral und hochgelegen zu positionieren, um eine möglichst große Reichweite zu erzielen und somit ein größtmögliches Gebiet abdecken zu können. Die Daten werden von dem Gateway wiederum an den Network Server übertragen.

Der Network Server agiert in dem Netzwerk als zentrale Komponente und ist grundsätzlich für das Management des Netzwerkes zuständig. Dazu gehört beispielsweise das Aussortieren redundanter Daten, welche von mehreren Gateways gleichzeitig übermittelt wurden. Weiterhin führt der Network Server aber auch die Authentifizierung der Sensoren durch. Diese müssen sich, bevor sie Daten im Netzwerk versenden dürfen, zunächst authentifizieren, um eine gewisse Sicherheit zu gewährleisten und einen Missbrauch zu verhindern. Die übermittelten Daten stellt der Network Server wiederum verschiedenen IOT-Plattformen oder Dashboards zur Verfügung, auf welchen diese gespeichert, visualisiert und ausgewertet bzw. weiterverarbeitet werden können. Zusätzlich erlauben es die Plattformen, Grenzwerte einzurichten, welche bei einer Überschreitung einen Alarm an entsprechende Empfänger senden.

Gerade der sehr geringe Energiebedarf, die hohe Reichweite sowie der nicht benötigte Internet- oder Mobilfunkzugang der Sensoren, ermöglicht es diese auch an abgelegenen Orten ohne direkten Stromanschluss oder in Funklöchern zu befestigen, um somit beispielsweise auch Anwendungsfälle in der Natur umsetzen zu können. In ein bestehendes Netzwerk können zudem problemlos weitere unterschiedliche Sensoren integriert werden, um auch andere Anwendungsfälle umsetzen zu können. Dies ermöglicht eine hohe Skalierbarkeit.
 

Pilotprojekt – Frühzeitige Waldbranderkennung

Vergangene Ereignisse wie die großen Überflutungen im Jahr 2021, die jährlich wiederkehrenden Waldbrände in der Sommerzeit und allgemein die immer dynamischeren Klimaereignisse zeigen auf, wie wichtig funktionierende und effiziente Frühwarnsysteme im Katastrophenschutz heutzutage sind.

Auch im Rhein-Neckar-Kreis wurde das große Potenzial von LoRaWAN als Frühwarnsystem ämterübergreifend erkannt und als mögliches Digitalisierungsprojekt vorgeschlagen. Im Rahmen der Bachelorarbeit eines Studierenden der Fachrichtung Wirtschaftsinformatik E-Government konnte anschließend das Pilotprojekt, der Aufbau eines LoRaWAN Testsystems zur frühzeitigen Waldbranderkennung im Rhein-Neckar-Kreis unter wissenschaftlicher Betreuung konzipiert werden. Ziel ist es, Erfahrungen mit der im Landratsamt bisher ungenutzten Technologie zu sammeln und mögliche Chancen zu ermitteln.

Zur Waldbranderkennung wurden spezielle Sensoren ausgewählt, welche den Co2-Gehalt, die Temperatur, die Luftfeuchtigkeit sowie den Luftdruck in der Umgebung messen. Für das Gateway galt es einen hochgelegenen Standort, vorzugsweise mit bereits vorhandenem Blitzschutz und Stromanschluss ausfindig zu machen, um einen großen Bereich (Waldfläche) abdecken zu können. Hierfür wurde der rund 40 Meter hohe Teltschikturm in der Gemeinde Wilhelmsfeld in Betracht gezogen.

Dank des positiven Gemeinderatsbeschlusses, den Turm als Standort für das Gateway nutzen zu können, wurde das Pilotprojekt im August 2022 durch die Geschäftsstelle Digitalisierung des Rhein-Neckar-Kreises gestartet.

Hierfür wurde das Gateway unter dem Dach des Turms befestigt und an die Stromversorgung angeschlossen. Zugriff zum Internet erlangt dieses über eine SIM-Karte und den Mobilfunk.

Die ausgewählten Sensoren wurden in verschiedenen Abständen im umliegenden Wald an Orten mit erhöhter Waldbrandgefahr positioniert. Hierzu zählen beispielsweise Grillhütten, Parkplätze, Sitzmöglichkeiten oder zusammengefasst, alle Orte an denen sich vermehrt Personen aufhalten. Unmittelbar nach der Befestigung der Hardware begannen die Sensoren gemessene Daten erfolgreich zu übermitteln.

Sensor an Wegweiser
Sensor an Wegweiser
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Künftig lassen sich über einen bestimmten Zeitraum gefährliche Veränderungen der gemessenen Werte, welche für einen Waldbrand sprechen könnten, direkt auf der Plattform in Form von verschiedene Arten von Graphen erkennen. Weiterhin könnten Grenzwerte eingerichtet werden, welche beispielsweise bei einer Überschreitung eines gewissen Co2-Gehaltes einen Alarm auslösen und entsprechende Behörden informieren.
 

Weiteres Vorgehen

Die mehrmonatige Testphase dient dazu Erfahrungen und Ergebnisse für den weiteren Projektverlauf aber auch allgemein zur LoRaWAN-Technologie zu sammeln. Dabei soll vor allem ermittelt werden, welche Reichweiten in einem bewaldeten Anwendungsgebiet erreicht werden können und welche Ausfallsicherheit das Netzwerk aufweist.

Bei positiven Ergebnissen kann künftig über einen Ausbau des Netzwerkes in dem vorliegenden, aber auch in anderen Anwendungsfällen nachgedacht werden, um die Datenerfassung und den Datenaustausch in der Region weiterhin zu optimieren.

Als Grundlage ist hierbei ein kreisweiter LoRa-Netzausbau angedacht, wodurch der gesamte Rhein-Neckar-Kreis mit LoRaWAN abgedeckt werden soll. Ziel ist es dabei auch den kreisangehörigen Kommunen die Infrastruktur (Gateways) zur Verfügung zu stellen, sodass diese selbstständig und kosteneffizienter eigene Anwendungsfälle umsetzen können.

Der Rhein-Neckar-Kreis befindet sich zudem gemeinsam mit der Metropolregion Rhein-Neckar in einem Förderprojekt „Smart Region - Smarter und nachhaltiger Tourismus“. So wurden bisherige aber auch künftig anfallende Kosten zum Teil durch das BMWSB - Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauen gefördert.

Philipp Hupach arbeitet im Eigenbetrieb Bau, Vermögen und Informationstechnik Rhein-Neckar-Kreis, Geschäftsbereich IT , Alma Taslaman arbeitet im Eigenbetrieb Bau, Vermögen und Informationstechnik Rhein-Neckar-Kreis, Geschäftsbereich IT
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