„Räume für eine Kirche der Zukunft“

Gemeinwohlorientierte und kooperative Nutzung kirchengemeindlicher Gebäude im katholischen Württemberg

Projekt „Räume für eine Kirche der Zukunft“ in der Diözese Rottenburg-Stuttgart
Robert Hahn · Diözese Rottenburg-Stuttgart · 22. April 2024
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Die christlichen Kirchen in Baden-Württemberg sehen sich großen Herausforderungen gegenüber: während die Zahl der Kirchenmitglieder spürbar zurück geht und damit auch die finanziellen Spielräume kleiner werden, wandeln sich die pastoralen Anforderungen an den kirchengemeindlichen Gebäudebestand. Das Ziel der Klimaneutralität wirkt zusätzlich katalysierend. In Konklusion befindet sich der kirchengemeindliche Gebäudebestand unter Veränderungsdruck.

Der Diözesanrat der Diözese Rottenburg-Stuttgart hat in seiner letzten Sitzung unter Vorsitz von Bischof Dr. Gebhard Fürst im November 2023 deshalb beschlossen, dieser Herausforderung mit dem auf drei Jahre angelegten Projekt „Räume für eine Kirche der Zukunft“ zu begegnen.

In den kommenden drei Jahren werden flächendeckend in der Diözese Standort-Entwicklungsprozesse durchgeführt werden, um die beheizten Flächen um 30 % zu reduzieren und den Gebäudebestand bis 2040 klimaneutral saniert und konsolidiert zu haben. Im Fokus sind dabei zunächst die nichtsakralen Gebäude (ca. 4.500 Nutzungseinheiten – Gemeindehäuser, Pfarrhäuser, Kindergärten, Wohngebäude).

Die Kirchengemeinden überprüfen dazu ihren gesamten Gebäudebestand auf dem Gebiet der Seelsorgeeinheit bzw. Gesamtkirchengemeinde. Sie erarbeiten pastorale Nutzungskonzepte für die Gebäude unter der Leitfrage, welche Räume für eine diakonisch-missionarischen Kirche der Zukunft wichtig und notwendig sind. Die Kirchengemeinden und Gesamtkirchengemeinden beziehen dabei die Kirche an vielen Orten (andere kirchliche Träger, kategoriale Orte …) und Partner wie z.B. die evangelischen Kirchengemeinden sowie die Kommunen und Landkreise ein.

Es gilt der „Primat der Kooperation“. Das heißt, kooperative Nutzungen und die aktive Integration in die jeweiligen Sozialräume sind nicht nur wünschenswert, sondern werden zum Regelfall. Konkret heißt das, dass kirchliche Räume gemeinsam mit anderen Partnern mit dem Ziel der Gemeinwohlorientierung genutzt werden. Vorstellbar ist zum Beispiel, dass Kirchengemeinden ihre Räume z.B. Schulen für die Ganztagesbetreuung oder als Mensa zur Verfügung stellen, ein sozialer Träger in gemeindlichen Räumen ein Tagespflegeangebot macht oder evangelische und katholische Kirchengemeinden Räume gemeinsam nutzen.

Das Projektteam im Bischöflichen Ordinariat besteht aus:

Herrn Dr. Thomas Schwieren, Diözesanbaumeister
Herrn Felix Kellner, Hauptabteilung Kirchengemeinden und Dekanate
Frau Cäcilia Riedißer, Hauptabteilung Pastorale Konzeption

Das Projektteam ist unter der E-Mail-Adresse
projekt-raeume-kirche-zukunft@bo.drs.de
erreichbar.

Eine Homepage befindet sich aktuell im Aufbau.

Der Blick der Kirchengemeinden als Eigentümer von Immobilien ist dabei zu weiten über die einzelne Seelsorgeeinheit und Gesamtkirchengemeinde hinaus ins Dekanat bzw. in die Region.

Im Projekt „Räume für eine Kirche der Zukunft“ stehen für mindestens drei Jahre zur intensiven Unterstützung der Seelsorgeeinheiten, Gesamtkirchengemeinden und Dekanate sogenannte Regionalmanager:innen zur Verfügung. Sie sollen in enger Abstimmung mit den Dekanaten die Erarbeitung und Abstimmung von Nutzungskonzepten und pastoralen Schwerpunkten koordinieren und fördern.

Die Suche, Anstellung und Zurüstung dieser Regionalmanager:innen ist ebenso Aufgabe des vierköpfigen Projektteams im Bischöflichen Ordinariat wie die umfassende und transparente Kommunikation nach innen und außen.

Nach Ansicht von Diözesanleitung und Diözesanrat ist jetzt die richtige Zeit, mit ausreichend Personal und Finanzkraft Konzepte und Strukturen der Zukunft für eine schöpfungsfreundliche missionarisch-diakonische Kirche in der Diözese zu entwickeln, die nach der aktuell laufenden Sedisvakanz einem neuen Bischof zur Entscheidung vorgelegt werden können.

Die Diözese sieht im dargestellten Projekt die große Chance, die bestehende und fruchtbare Zusammenarbeit zwischen der öffentlichen Hand und den katholischen Kirchengemeinden in Württemberg zu vertiefen. Ein Fokus läge dabei auf der kooperativen Gebäudenutzung oder auch der Übernahme bisher kirchengemeindlicher Gebäude durch Gebietskörperschaften unseres Landes. Vor dem Hintergrund der aktuellen Wohnungsnot, weiterhin hoher Flüchtlingszahlen, des Ganztagesanspruchs im Grundschulbereich sowie dem anhaltenden Bedarf an neuen Schulmensen ergeben sich zahlreiche Chancen für die bürgerliche Seite.

Für die katholische Kirche in Württemberg ist die kooperative und gemeinwohlorientierte Nutzung des eigenen Gebäudebestandes kein Neuland, wie zwei ausgesuchte Beispiele zeigen:
 

Erbach-Ringingen, Alb-Donau Kreis

Dorfgemeinschaftshaus in kooperativer Nutzung. Kommune und Kirchengemeinde nutzen den Gemeindesaal gemeinschaftlich. Darüber hinaus fanden im Gebäude eine Bäckerei, eine Metzgerei und die örtliche Bank Räumlichkeiten. 

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Stuttgart-Mönchfeld

Die Kirchengemeinde St. Johannes Maria Vianney verfügte über eine überdimensionierte und baufällige Kirche samt eingruppiger Kindertagesstätte. Das Ensemble wurde in Kooperation mit der Caritas durch sozial geförderten Wohnraum, eine kleinere Kirche mit Gemeinde- und Pfarramtsräumen sowie eine viergruppige Kindertagesstätte ersetzt.

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Die Diözese plant, im Juni/Juli 2024 im Rahmen von Regionalkonferenzen in den Regionen den Startschuss für die Entwicklungen auf der Ortsebene zu geben. Ein Wunsch ist es dabei, die öffentlichen Gebietskörperschaften als Partner und Unterstützer zu gewinnen.

Robert Hahn ist Leiter der Hauptabteilung XIII Kirchengemeinden und Dekanate des Bischöflichen Ordinariats in der Diözese Rottenburg Stuttgart
Schlagworte: Klimaschutz
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