Im großflächigen Neckar-Odenwald-Kreis mit ländlicher Struktur leben inzwischen etwa 18.000 zugewanderte Menschen1 aus mehr als 100 Ländern². Die internationale politische Situation lässt künftig insbesondere einen weiteren Zuwachs geflüchteter Menschen vermuten, die sich nach einem oftmals beschwerlichen Weg ein neues Leben aufbauen müssen, was mit vielen Hürden verbunden ist. Dabei spielt auch das Gesundheitssystem eine wichtige Rolle. Wann gehe ich zum Hausarzt, wann in die Notaufnahme? Wann wende ich mich an den ärztlichen Bereitschaftsdienst? Wie kann ich mich angemessen um meine Gesundheit kümmern? Diese und weitere Fragen stellen Neuzugewanderte vor Herausforderungen. Kommunikationsprobleme aufgrund unterschiedlicher Sprachen kommen ergänzend hinzu.
Für neu angekommene Menschen ist der Zugang zum Gesundheitssystem daher häufig erschwert. Das geht mit einer inadäquaten Nutzung der Versorgungsstrukturen einher, was eine ungünstige medizinische Versorgung bedingt. Mit dem durch Landesmittel geförderten Projekt „Interkulturelle Gesundheitslotsinnen und Gesundheitslotsen“ sollen bereits gut integrierte Zugewanderte gleichsprachigen Neuzugewanderten die Strukturen des Gesundheitssystems und das Thema Gesundheit näherbringen, um einen Entlastungseffekt für das Gesundheitssystem zu erzielen und dabei die Versorgung aller Patientinnen und Patienten zu verbessern.
Die Projektidee sieht zunächst die Qualifikation gut integrierter Zugewanderter zu interkulturellen Gesundheitslotsen durch eine Schulung vor. Anschließend sollen diese als erste Projektkomponente ihr Wissen kultursensibel und unter Ausschaltung der Sprachbarriere bei Informationsveranstaltungen an Neuzugewanderte weitergeben. Im Vordergrund steht einerseits die Vermittlung von Informationen zur sinnvollen Nutzung der Strukturen von medizinischen Einrichtungen. Eine bedeutende Rolle kommt dabei unter anderem der beschwerdeabhängigen Differenzierung zwischen Hausarzt, Bereitschaftsdienst und Notruf 112 zu.
Die Veranstaltungen dienen andererseits der Weitergabe von praxisbezogenem Wissen zur Vorbeugung von Erkrankungen im Sinne eines präventiven Ansatzes. Wer durch präventive Maßnahmen Erkrankungen vorbeugt, der verbessert nicht nur die eigene Gesundheit. Gleichfalls profitiert auf größerer Ebene auch das Gesundheitssystem durch eine verminderte Morbidität mit konsequenterweise geringerer Beanspruchung medizinischer Einrichtungen. Nicht zuletzt werden damit auch Kosten gesenkt.
Als zweite Komponente sind Begleitungen von Neuzugewanderten zum Beispiel zu Arztterminen vorgesehen. Durch die Vorbereitung relevanter Unterlagen sowie eine Reduktion von Verständigungsproblemen im Patientengespräch könnte Zeit eingespart werden, die letztlich allen Patientinnen und Patienten zugutekommt. Ebenso spielt das pünktliche Erscheinen zum Termin eine wesentliche Rolle. Die verbesserten Abläufe führten daneben auch für Akteure des Gesundheitssystems zu einem Auflockerungseffekt in der zeitlich straffen Patientenversorgung.
Konzeptioneller Eckpfeiler des Projektes ist die Nachhaltigkeit der Maßnahmen durch Hilfe zur Selbsthilfe: Die anfängliche Unterstützung Neuzugewanderter soll sie künftig zu eigenständigem Handeln befähigen und damit Baustein gelungener Integration sein. Gesundheit ist eine essenzielle Voraussetzung für Handlungsfähigkeit. Wer sich erfolgreich in eine Gesellschaft integrieren möchte, wer sich engagieren und seine Arbeitskraft einbringen möchte, der sollte gesund sein.
Fußnoten:
[1]: www.statistik-bw.de/BevoelkGebiet/MigrNation/01035010.tab?R=KR225, zuletzt aufgerufen am 24.04.2024
[2]: BAMF, Stand 30.04.2023
Koordinierungsstelle Gesundheitsamt:
Frau Susanne Miller
E-Mail: gesundheitslotsen@neckar-odenwald-kreis.de
Tel.: 06261/84-2442