Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg: "Notfallpraxis Buchen wird nicht mehr geöffnet."

Zu der Entscheidung der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg, die Notfallpraxis Buchen nicht wieder zu öffnen, nimmt Landrat Dr. Achim Brötel Stellung

Neckar-Odenwald-Kreis · 27. März 2024
Landrat Dr. Achim Brötel
Landrat Dr. Achim Brötel
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"Mit dieser Entscheidung setzt die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Baden-Württemberg ihren bisherigen Kurs zu Lasten der Menschen im ländlichen Raum leider nahtlos fort: 2013 die Bereitschaftsdienstpraxis in Adelsheim, 2024 jetzt die in Buchen. Was wird dann als nächstes geschlossen?

Nach ihrem gesetzlichen Auftrag sind die Kassenärztlichen Vereinigungen für die vertragsärztliche Versorgung zuständig. Dafür haben sie sogar explizit einen Sicherstellungsauftrag. Tatsächlich versteht die KV sich speziell in Baden-Württemberg aber schon seit langem nur noch als Interessenvertreter der Ärzteschaft. Das wird auch jetzt wieder überdeutlich. In keinem anderen Bundesland findet nämlich ein ähnlicher Kahlschlag im ärztlichen Bereitschaftsdienst wie bei uns statt und das Sozialministerium in Stuttgart, das die Rechtsaufsicht über die KV führt, schaut wie immer tatenlos zu.

Man muss schon noch einmal daran erinnern, was der Auslöser für die jetzige landesweite Schließungswelle war. Es war nämlich die Klage eines Zahnarztes (= andere KV), nicht die eines Hausarztes zur Sozialversicherungspflicht von sog. "Poolärzten". Und: Das Bundessozialgericht hat unmissverständlich klargestellt, dass seine Entscheidung lediglich einen singulären Einzelfall betrifft und gerade nicht verallgemeinert werden kann. Gleichwohl nutzt die KV Baden-Württemberg das jetzt für eine willkürliche "Notbremse" im gesamten Land, um sich des schon lang als lästig empfundenen ärztlichen Bereitschaftsdienstes noch weiter zu entledigen. Patienten sind dabei inzwischen scheinbar egal. Da geht es nur noch um eigene Interessen. In meinen Augen ist das schlicht verantwortungslos.

Ja, wir haben in Deutschland ein Problem mit der haus- und fachärztlichen Versorgung. Immer mehr Arztsitze bleiben leider unbesetzt. Das stellt niemand in Abrede. Allerdings nehmen wir die KV bei Zulassungsfragen bisher auch nicht wirklich als hilfreich wahr. Manchmal wären wir sogar schon froh, wenn sie nicht auch noch schädlich wäre. Die Liste der Beispiele dafür wird inzwischen lang und länger. Bisweilen kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass der ungeliebte Sicherstellungsauftrag bloß noch auf dem Papier besteht. In anderen Bundesländern ist der Ärztemangel auch nicht kleiner als bei uns. Dort suchen die Kassenärztlichen Vereinigungen aber nach Lösungen, die für die Menschen noch verträglich sind. In Baden-Württemberg hat die KV hingegen nur nach Gründen gesucht, um ein bereits vorher feststehendes Ergebnis nachträglich irgendwie zu legitimieren. Das ist jedenfalls mein Eindruck aus zwei Gesprächsrunden, die wir dazu hatten.

Was bleibt? Die Neckar-Odenwald-Kliniken in Buchen sind das einzige Krankenhaus in Baden-Württemberg, das (aus guten Gründen!) einen Sicherstellungszuschlag erhält. Ausgerechnet dort schließt die KV jetzt aber ihre Bereitschaftsdienstpraxis und verweist ihre Patientinnen und Patienten stattdessen nach Mosbach, Sinsheim, Bad Friedrichshall, Bad Mergentheim, Eberbach und Heidelberg. Das ist ein Armutszeugnis für eine Organisation, die sich in dieser Form in Wirklichkeit schon längst überlebt hat."
 

Zur Pressemitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg  vom 27. März 2024