Im Oktober 2023 startete der Bund das Programm „Job-Turbo“ mit dem Ziel, Geflüchtete schneller in den Arbeitsmarkt zu integrieren.
Um die Sprachkenntnisse durch Anwendung im Arbeitsalltag auszubauen, eine schnelle Integration zu fördern und Langzeitarbeitslosigkeit entgegenzuwirken, arbeiten die Agentur für Arbeit und das Jobcenter Ostalbkreis mit passgenauen Maßnahmen an der Umsetzung des Programms. Wie eine solche turbo-schnelle Integration in der Praxis aussehen kann, zeigt die Ukrainerin Nataliia Pakhomenkova im Pflegestift Rosenberg.
Pflege mit Hindernissen: Die studierte Lehrerin und Biologin aus der Ukraine kam mit rudimentären Sprachkenntnissen und ohne Ausbildung im Bereich Pflege in die Einrichtung in Rosenberg. Mit Übersetzungsprogrammen, nonverbaler Kommunikation, viel Mut und Empathie überzeugte die Ukrainerin dennoch innerhalb kürzester Zeit die Einrichtungsleitung, Isabell Offenbach, die Kollegen und vor allem die Bewohner der Pflegeeinrichtung. „Ausschlaggebend ist, dass man in Kommunikation treten kann. Menschliche Kompetenzen sind das Wichtigste in diesem Beruf“, so Offenbach. Natürlich sei die Kommunikation am Anfang etwas holprig gewesen, aber das Team habe zusammengearbeitet, und die Entwicklung der deutschen Sprache – vor allem der Fachwörter im Bereich Pflege – ging sehr schnell.
Motivation überzeugt
Die inzwischen 50-jährige Ukrainerin flüchtete im März 2022 nach der Kapitulation ihres Heimatdorfes mit ihren drei Töchtern nach Deutschland. Ihr Mann, ein Bootsmann, arbeitete zu diesem Zeitpunkt im Ausland und reiste seiner Familie nach Beendigung seiner Arbeit nach. Während eine ihrer Töchter schnell Arbeit in Norddeutschland aufnahm, ihre jüngste Tochter die Schule in Rosenberg besuchte und eine Tochter ihr Medizinstudium fortsetzte, lernte die Ukrainerin im Sprachkurs schnell die deutschen Grundkenntnisse und bewarb sich dann im Pflegestift. „Ich wollte es einfach probieren. Ich habe schon immer mit Menschen gearbeitet und nun mit Senioren, was mir sehr gefällt“, so die dreifache Mutter. Seit Sommer 2023 arbeitet sie in Vollzeit und auch ihr Mann arbeitet seit seiner Ankunft in Deutschland in einem ortsansässigen Unternehmen. Dass sie irgendwann wieder in ihren alten Beruf „Lehrerin“ zurückkehrt, ist für die Ukrainerin nicht ausgeschlossen. Bis zu diesem Zeitpunkt nutzt sie allerdings die Möglichkeit, ihre Sprachkenntnisse während ihrer Beschäftigung täglich zu verbessern und gleichzeitig den in der Einrichtung lebenden Menschen zu helfen. Einrichtungsleiterin Offenbach rät Arbeitgebern zu Mut bei der Einstellung von Menschen mit ausbaufähigen Sprachkenntnissen. „Natürlich ist es am Anfang schwer, aber jetzt wünsche ich mir mehr solcher Mitarbeiterinnen. Die Motivation ist einfach herausragend“, betont sie.
Dem Fachkräftemangel entgegentreten
Zuverlässige Arbeitskräfte für den Pflegeberuf zu bekommen, verlangt ein Umdenken und den Gang neuer Wege. Der diakonische Altenhilfeträger „Dienste für Menschen“, zu dem auch der Pflegestift Rosenberg gehört, bietet zur Unterstützung seiner Beschäftigten Sprachkurse für den Beruf an. Online können sie ihre Deutschkenntnisse zu verschiedenen Bereichen wie Ernährung, Körperpflege oder Medikamente ausbauen und verbessern. Darüber hinaus bestehen vielfältige Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten für die Mitarbeiter. Damit reagiert die Diakonie einerseits auf den Mangel an Fachkräften, zeigt aber auch gleichzeitig, dass Integration und Arbeit sich gegenseitig bedingen.
Herausforderung Überqualifizierung und „Matching“
Dass Nataliia mit abgeschlossenem Studium hoch qualifiziert ist, steht außer Frage. Gleichzeitig verdeutlicht ihre Geschichte auch, dass die Verbesserung der Sprachkenntnisse während der Beschäftigung sinnvoll ist und für eine schnelle Integration – nicht nur auf dem Arbeitsmarkt – sorgt. Durch ihre Beschäftigung hat Pakhomenkova viele praktischen Erfahrungen gesammelt, Bekanntschaften und Freundschaften geschlossen: „Ich hatte nach dem Sprachkurs den Kopf voll mit Grammatik und wollte meine Kenntnisse auch endlich in der Praxis anwenden“, berichtet die Ukrainerin. Schwierig ist zudem das Zusammenfinden von Arbeitgebern und potenziellen Arbeitnehmern, die auf die gesuchten Stellen passen. Viele der in Deutschland lebenden Geflüchteten verfügen über einen akademischen Abschluss. Dem entgegen stehen zahlreiche Stellen im Bereich Lager, Verkauf, Gastronomie und Pflege. Dass ein Quereinstieg dennoch angebracht ist und der Verbesserung der Sprachkenntnisse dient, zeigt die Zufriedenheit der Ukrainerin ganz deutlich. Die Ukrainerin, ihr Mann und ihre jüngste Tochter wollen in Rosenberg bleiben. „Ich habe schon viele Städte gesehen und besucht, aber hier ist es für uns perfekt – es ist wunderschön und ruhig. Alle sind nett und hilfsbereit.“
Um das „Matching“ von Arbeitgebern und Arbeitnehmern im Ostalbkreis aktiv zu fördern, veranstaltet die Agentur für Arbeit Veranstaltungen und Bewerbertage. Hier erhalten Arbeitgeber nicht nur die Möglichkeit, potenzielle Mitarbeiter kennenzulernen, sondern auch Informationen hinsichtlich der Fördermöglichkeiten durch das Jobcenter.
Interessierte Arbeitgeber im Ostalbkreis können sich unter folgenden Kontaktmöglichkeiten über das Potenzial von Geflüchteten sowie über Fördermöglichkeiten informieren:
Arbeitgeber Service der Agentur für Arbeit Aalen
E-Mail: Aalen.141-Arbeitgeber-Service[at]arbeitsagentur.de
Telefon: 07361 575280
Firmenkundenservice des Jobcenters Ostalbkreis
E-Mail: FKS[at]ostalbkreis.de
Telefon: 07361 9805252