Der Leiter der PFAS-Geschäftsstelle im Landratsamt Rastatt wird als Sachverständiger im Deutschen Bundestag sprechen.
Reiner Söhlmann nimmt an der öffentlichen Anhörung im Umweltausschuss des Deutschen Bundestages am Mittwoch, 24. April 2024, zum CDU/CSU-Antrag „Vorteile von per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) weiter nutzen – Wertschöpfung erhalten – Gesundheit und Umwelt schützen“ teil. Als Sachverständigen benannt hat ihn Prof. Dr. Armin Grau (MdB) von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Der Landkreis Rastatt zählt zu den von einer PFAS-Belastung im Boden am stärksten betroffenen Regionen Deutschlands. Rund 1.100 Hektar sind nach derzeitigem Kenntnisstand mit der Chemikalie belastet. 180 Millionen Kubikmeter Grundwasser auf einer Fläche von 58 Quadratkilometern sind wegen PFAS in einem schlechten chemischen Zustand eingestuft. Das Landratsamt Rastatt hat zur Bewältigung aller damit zusammenhängenden Fragen bereits im April 2015 eine PFAS-Geschäftsstelle eingerichtet. Entsprechend groß ist inzwischen die Expertise des Leiters dieser Geschäftsstelle. Landrat Prof. Dr. Christian Dusch erklärt zur bevorstehenden Debatte im Bundestag: „Gerade unser Landkreis hat leidvolle Erfahrungen mit dieser gefährlichen Chemikaliengruppe. Das Landratsamt hat dadurch aber auch viele Kenntnisse gesammelt. Dass genau diese Erfahrung in die politische Arbeit des Bundestags nun eingebracht werden kann, halte ich für ebenso sachgerecht wie erfreulich.“
Hintergrund der Debatte ist der am 13. Januar 2023 von den Niederlanden, Deutschland, Dänemark, Schweden und Norwegen eingebrachte erste formelle Schritt in Richtung eines europäischen Verbots von PFAS. Gemeinsam wurde ein Beschränkungsvorschlag bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) eingereicht. Der Vorschlag zielt darauf ab, sowohl die Verwendung als auch die Herstellung von PFAS zu verbieten, um die Risiken zu verringern, die von diesen Stoffen für Mensch und Umwelt ausgehen. Eine Verabschiedung hätte das bislang umfassendste Substanzverbot in Europa zur Folge. Das vorgeschlagene Verbot weist eine hohe Komplexität auf, da es mehr als 10.000 verschiedene Arten von PFAS gibt, die in einer Vielzahl von Produkten eingesetzt werden.
Von den Industrieverbänden gibt es allerdings Widerstand gegen das geplante PFAS-Verbot. Die Wirtschaftsministerkonferenz hat sich diesen Bedenken angeschlossen, während sich die Umweltministerkonferenz neben der Agrar- und Verbraucherschutzministerkonferenz für eine rasche Umsetzung der PFAS-Beschränkung ausgesprochen hat.
Aus wissenschaftlicher Sicht ist anerkannt, dass selbst bei geringeren akut toxischen PFAS ein Gesundheitsrisiko bei längerer (chronischer) Exposition besteht. Im Sondergutachten des Sachverständigenrates für Umweltfragen wird festgehalten, dass sich PFAS bereits weltweit in der Umwelt verteilt und in Organismen einschließlich dem Menschen angereichert haben.
Entsprechend hat sich der Ausschuss für Umwelt, Bau und Planung des Landkreises Rastatt in seiner Sitzung am 26. September 2023 klar für den europäischen PFAS-Beschränkungsvorschlag positioniert. Er bekennt sich in seinem Beschluss „in Anbetracht der Schadensdimension und der Belastung der Allgemeinheit, der Lebensgrundlagen Boden und Wasser und der Bevölkerung im Landkreis Rastatt zum EU-Beschränkungsvorschlag“. Er begrüßt außerdem die Bestrebungen der Bundesrepublik Deutschland, ein rasches und weitreichendes PFAS-Verbot entsprechend dem Beschränkungsvorschlag auf europäischer Ebene zum Schutze der Menschen und der Umwelt zu erwirken.
Weiter heißt es in den Ausführungen zu diesem Beschluss: „Es liegt auf der Hand, dass die Massenproduktion für unzählige Konsumprodukte, für die bereits Ersatzstoffe vorliegen oder bei deren PFAS-Verzicht keine wesentlichen Nachteile bestehen (Kosmetika, Lebensmittelverpackungen oder Einwegbecher) so schnell wie möglich gestoppt werden müssen.“ Der derzeit geprüfte Beschränkungsvorschlag diene dem Schutz der Menschen und räume zudem der Industrie lange Übergangsfristen ein. Zudem würden die Substitutionen mit anderen Stoffen durch Forschungsvorhaben unterstützt. Eine Validierung sei regelmäßig vorgesehen, um notwendige Anwendungen, für die es keine Ersatzstoffe gibt, mit Ausnahmegenehmigungen weiterhin zu ermöglichen.