Wie sieht die Zukunft des bürgerschaftlichen Engagements aus und wie kann dieses unterstützt werden? Darüber diskutierten am 28. November 2023 beim Sozialen Fachdialog des Landkreises Esslingen in der Stadthalle Nürtingen rund 130 Fachkräfte und bürgerschaftlich Engagierte in Arbeitsgruppen und bei einer Podiumsdiskussion.
Zum Auftakt unterstrich Katharina Kiewel, Sozialdezernentin des Landkreises, die Bedeutung bürgerschaftlichen Engagements als „das Rückgrat einer Zivilgesellschaft und unverzichtbar für Demokratie und Friedensarbeit“. Die Veranstaltung wird gefördert durch das Bundesprogramm „Demokratie leben!“
Unter dem Titel „Blick zurück nach vorn – im Engagement alles beim Alten?!“ erläuterte Professor Paul-Stefan Roß von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg die weltweit einzigartige Vielfalt des bürgerschaftlichen Engagements, die sich in Deutschland durch den gesellschaftlichen Wandel entwickelt hat. In Baden-Württemberg engagieren sich 46 Prozent der über 14-Jährigen bürgerschaftlich und freiwillig in den unterschiedlichsten Bereichen. Das sind knapp 5,3 Millionen Menschen. Auch heute noch kennt man das Ehrenamt als „ein Amt, das ehrenwerten Personen“ übertragen wird, in politischen Gremien oder auch in Vereinen. Gemeinderäte, Feuerwehren, Sportvereine, Wohlfahrtsverbände werden auch heute noch von Ehrenamtlichen getragen.
Tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen, die mit der Globalisierung, Mobilität oder zunehmenden Patchwork-Biographien einhergehen, haben auch das Selbstverständnis und die Motive für freiwilliges gesellschaftliches Engagement verändert. Weniger Menschen engagieren sich in klassischen Vereinen und Verbänden, dafür mehr in selbstorganisierten Formen, zum Beispiel in der Nachbarschaft oder in religiösen, kulturellen oder ethnischen Gemeinschaften. Eine aktive Bürgerbeteiligung gewinnt hier immer mehr an Bedeutung. Hinzu kommen die Möglichkeiten der sozialen Medien. Bürgerschaftliches Engagement wird dadurch vielfältig, bunt und bietet die Chance, eigene Ideen einzubringen und die Gesellschaft mitzugestalten. Gesellschaftliche Teilhabe ist beispielsweise für Menschen mit Behinderungen, für Menschen mit Zuwanderungsgeschichte oder für ältere Menschen ohne bürgerschaftliches Engagement nicht denkbar. Die Frage, wie es gelingen kann, engagierte Menschen zu gewinnen und langfristig zu binden, ist drängender denn je.
Im Rahmen des Sozialen Fachdialogs stellte Christel Fischle-Kuschke von der B.U.S.-Gruppe Plochingen das Projekt Bewegung-Unterhalten-Spaß (B.U.S.), ein angeleitetes Bewegungsangebot für ältere Menschen im öffentlichen Raum, als Beispiel bürgerschaftlichen Engagements vor. Weitere Informationen hierzu gibt es auf der Webseite des Landkreises unter www.landkreis-esslingen.de. Bei der Podiumsdiskussion, moderiert von der Journalistin Anneliese Lieb, herrschte unter den Teilnehmenden, zu denen Bernd Weißenborn von der Evangelischen Gesamtkirchengemeinde Esslingen, Jürgen Dorn vom Landesjugendring Baden-Württemberg, Helga Rütten von der Caritas Fils-Neckar-Alb, Dieter Proß von der IHK Region Stuttgart, Sonja Spohn, Kreisrätin, Tobias Rieger von der Landeszentrale für politische Bildung und Tülay Köroglu, Elternmentorin Ostfildern zum Thema „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements“ gehörten, Einigkeit: In Zukunft werde ein starkes und tragfähiges bürgerschaftliches Engagement gebraucht, um die gesellschaftlichen Herausforderungen bewältigen zu können. Die Zugänge zum freiwilligen Engagement müssen auch für junge Menschen attraktiv gestaltet werden und es braucht professionelle Begleitung für bürgerschaftlich Engagierte. Ein erweitertes Verständnis von bürgerschaftlichem Engagement, das auch das gesellschaftspolitische Engagement einzelner Bürgerinnen und Bürger in sozialen Medien einschließt gehört in die Zukunft des Engagements 4.0. Sozialdezernentin Katharina Kiewel betonte, dass es beim Ehrenamt nicht nur um gute Taten gehe. „Wir können bürgerschaftliches Engagement nicht hoch genug schätzen. Ehrenamtliches Engagement ist unverzichtbar für eine lebendige Bürgergesellschaft, es ist das Fundament unserer Demokratie.“