50 Jahre Landkreis Böblingen

Beste Zukunftsperspektiven in der Mitte Baden-Württembergs

Die Kreisreform feiert 50. Geburtstag, und damit nahezu alle baden-württembergischen Landkreise mit ihr. Aus 63 Landkreisen wurden 35. Auch der Landkreis Böblingen, wie wir ihn heute kennen, wurde mit der Kreisreform 1973 gebildet und wird 50.
Simone Hotz · Landkreis Böblingen · 27. Februar 2023
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Zum bestehenden Kreis Böblingen kamen damals einige Städte und Gemeinden des ehemaligen Landkreises Leonberg hinzu (neben Leonberg auch Weil der Stadt, Renningen, Rutesheim und Weissach) sowie die Gemeinde Deckenpfronn, die zuvor dem Landkreis Calw angehörte. (2 Jahre später, 1975, wurden Leinfelden und Musberg an den Landkreis Esslingen abgegeben). So vereint der Landkreis Böblingen seither 26 Kommunen – 17 Gemeinden und 9 Städte (darunter 4 Große Kreisstädte).

Der Landkreis Böblingen ist der 7.größte Landkreis in Baden-Württemberg und, was das Bevölkerungswachstum angeht, an Platz 4 landesweit. Seit 1973 ist die Zahl der Einwohner um 40% gestiegen. Im aktuellen Zukunftsatlas des schweizerischen Analyseunternehmens Prognos belegt der Kreis Platz eins in Baden-Württemberg und Platz sechs bundesweit. Die Studie bescheinigt die wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit. Man punktet mit dem guten Zusammenspiel der Unternehmen in der Region, der kommunalen Wirtschaftsförderungen sowie den Bildungsreinrichtungen; außerdem durch hochqualifizierte Fachkräfte und ein attraktives und familienfreundliches Wohn- und Freizeitangebot. Die gute Platzierung drückt aus, dass es vieles gibt im Landkreis Böblingen, auf das man stolz sein kann. Und vieles, worauf es sich zu blicken lohnt und was man feiern kann. Dabei kann man natürlich nicht alles aus 50 Jahren nennen. Und die Sichtweisen sind verschieden, was am Wichtigsten war und ist. Doch es gibt natürlich Themen und Schlaglichter, die dazu gehören, wenn man auf 50 Jahre Landkreisgeschichte blickt.

Ein entscheidender Faktor, gerade auch mit Blick auf die bemerkenswerte Platzierung im Zukunftsatlas, ist sicher die Bildungslandschaft im Kreis. In den 1970er und 80er Jahren hat der Landkreis kontinuierlich seine Berufsschullandschaft erweitert. Insgesamt betreibt der Kreis heute als Schulträger sechs berufliche Schulen  - mit der Gottlieb-Daimler-Schule in Sindelfingen eine der größten Berufsschulen landesweit. Außerdem eine Fachschule für Landwirtschaft, sieben sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) und sechs Schulkindergärten. Die Fachschule für Landwirtschaft feierte im Jahr 2022 ihr 100jähriges Bestehen. Nach rund 20 Jahren des Bemühens um die Ansiedlung einer Hochschule wurde der Landkreis 2013 mit der Außenstelle der Hochschule Reutlingen, Fakultät Informatik, im Herman Hollerith Zentrum (HHZ) in Böblingen auch zum Hochschulstandort. Einige Jahre später gründete sich aus einer Kooperation des HHZ, dem Softwarezentrum Böblingen/Sindelfingen, der Star Cooperation, der LGI Logistics Group International sowie dem Coworking Space Herrenberg das Zentrum Digitalisierung (ZD.BB). 2021 wurde das AIxpress, ein KI-Startup- und Innovationszentrum in Böblingen gegründet. Es ist ein Gemeinschaftsprojekt des Softwarezentrums Böblingen/Sindelfingen e.V., des Landkreises Böblingen sowie der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH (WRS). Zu den Mitinitiatoren zählen außerdem die Senioren der Wirtschaft e.V. und die Compart AG.

Eröffnung AIxpress im Jahr 2021
Eröffnung AIxpress im Jahr 2021
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Passend zum Thema Bildung - ein Alleinstellungsmerkmal im Landkreis Böblingen ist das Modell HASA Hauptschulabschlusskurse, welches 1980 als Volkshochschul-Angebot gestartet und damit nur unwesentlich jünger ist als der Landkreis selbst. Es ist bundesweit die einzige Schule, die von einem Jugendamt getragen wird. Menschen jeden Alters können damit in einem Jahr den Hauptschulabschluss nachholen. HASA Hauptschulabschlusskurse ist längst ein fester Bestandteil der Bildungslandschaft des Landkreises und seit 1993 in der Trägerschaft des Kreises und bietet nicht nur eine zweite Chance, sondern ist auch ein ganz besonderer Beitrag zur Integration. In gut 40 Jahren HASA Hauptschulabschlusskurse steht die Bilanz von über 2.000 Hauptschulabschlüssen – und hinter jedem steckt eine schwierige Biographie und ein individueller Erfolg.

Aber auch in Sachen Ausbau alternativer Verkehrswege ist der Landkreis aktiv. In den 90er Jahren galt das Engagement der Schiene. 1996 wurde die Schönbuchbahn reaktiviert, und entwickelte sich stetig zu einer Erfolgsgeschichte. Wurden anfangs nur 2.000 Fahrgäste täglich prognostiziert, hatte sich diese Zahl schon einen Monat nach Wiederinbetriebnahme verdoppelt. Das Angebot wurde ständig verbessert, die Strecke elektrifiziert und ein verbesserter Takt eingeführt. Heute liegt die Prognose bei rd. 14.000 Fahrgästen täglich.

Eine weitere Reaktivierung war 1999 die Ammertalbahn zwischen Tübingen und Herrenberg. Von 2019 bis 2022 wurde auch diese Strecke elektrifiziert und teilweise zweigleisig ausgebaut. Aber auch das S-Bahn-Netz im Verkehrsverbund Stuttgart (VVS) wurde stetig vorangetrieben. Von den 70er Jahren, als die S6 bis Weil der Stadt verlängert wurde, über die S1 nach Böblingen und später bis Herrenberg und zuletzt – 2012 – mit der S60 nach Renningen wurde stets das Ziel verfolgt, den Landkreis in der Fläche an die Region Stuttgart anzubinden und attraktive ÖPNV-Lösungen zu bieten. Eine ganz aktuelle Studie ergibt nun gar Potenzial für die Anbindung des Landkreises an die Landeshauptstadt Stuttgart über die Stadtbahnlinie U1.

Die Schönbuchbahn ist eine Erfolgsgeschichte
Die Schönbuchbahn ist eine Erfolgsgeschichte
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Link zum Imagefilm der Schönbuchbahn

Im Bereich des Radverkehrs hat der Landkreis Böblingen mit der 2019 eröffneten Radschnellwegverbindung zwischen Böblingen/Sindelfingen und Stuttgart (RSV1) die landesweit erste solche Verbindung geschaffen. Fast auf den Tag genau ein Jahr später wurde der nächste Abschnitt eröffnet, die Weiterführung der Radwegtrasse von Böblingen bis Ehningen; an der Verlängerung bis Herrenberg wird aktuell gearbeitet.

Eröffnung des landesweit ersten Radschnellwegs
Eröffnung des landesweit ersten Radschnellwegs
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Eine vielschichtige Bildungslandschaft und alternative Verkehrswege – aber auch in Sachen Müllvermeidung, Recycling und eine rundum gelungene Kreislauf-Abfallwirtschaft verfolgt der Landkreis Böblingen so manch innovativen und besonderen Weg.

Der Abfallwirtschaftsbetrieb des Kreises wird in Form eines Eigenbetriebs geführt und ist Komplettanbieter für Abfallentsorgung und Verwertung. Er betreibt auch die insgesamt 31 Wertstoffhöfe in den einzelnen Kreisgemeinden, denn der Landkreis Böblingen setzt als einer von ganz wenigen Landkreisen in Baden-Württemberg zur Sammlung von Wertstoffen auf dieses „Bringsystem“ anstelle des Gelben Sack.

Das Restmüllheizkraftwerk Böblingen ging 1999 in Betrieb
Das Restmüllheizkraftwerk Böblingen ging 1999 in Betrieb
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Im Herbst 1996 wurde mit dem Bau des Restmüllheizkraftwerks Böblingen begonnen, 1999 wurde es in Betrieb genommen. Seither wird dort die aus dem Restmüll freigesetzte Energie in Strom umgewandelt, seit 2002 auch in Fernwärme. 2008 kam das Biomasseheizkraftwerk mit Feinholzverbrennung dazu. Pro Jahr werden rund 220.000 Megawattstunden Fernwärme für die Städte Böblingen und Sindelfingen erzeugt sowie 48.000 Megawattstunden Strom. Die Nutzung dieser umweltfreundlichen Energie schont den Verbrauch begrenzter fossiler Brennstoffe und entlastet die Umwelt. Seit 2020 zählt auch die Klärschlammverwertung zum Aufgabengebiet.
Das Restmüllheizkraftwerk ist eine wegweisende High-Tech-Anlage für die Energiegewinnung aus Müll zu höchsten Umweltstandards. Betrieben wird die Anlage durch einen Zweckverband, dem die Landkreise Böblingen, Calw, Freudenstadt, Rottweil und die Landeshauptstadt Stuttgart angehören.

2020 gründete sich neu der Zweckverband Klärschlammverwertung Böblingen. Mit einer hochmodernen Klärschlammverwertungsanlage, ebenfalls auf dem Gelände des Restmüllheizkraftwerks, werden ab 2027 weitere Voraussetzungen für eine sauberere und nachhaltigere Zukunft geschaffen. Die thermische Klärschlammverwertung ist aktuell die effizienteste und ökologischste Verwertungsmethode.

Der Landkreis Böblingen setzt zur Sammlung von Wertstoffen auf seine Wertstoffhöfe
Der Landkreis Böblingen setzt zur Sammlung von Wertstoffen auf seine Wertstoffhöfe
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Aus dem Kompostwerk in Leonberg, das in den Jahren 1993/1994 errichtet wurde, entstand 2003/2004 mit der Vergärungsanlage eine weitere wichtige Verwertungsanlage im Landkreis Böblingen. 2005 wurde sie in Betrieb genommen. Dort wurde Bioabfall vergoren und aus dem dadurch entstehenden Methangas Strom gewonnen. Nach dem Großbrand im Jahr 2019 wird die Anlage derzeit mit etwa doppelter Verarbeitungskapazität wieder aufgebaut. Im Rahmen einer Kooperation mit dem Landkreis Esslingen wird die Jahreskapazität dann bei 60.000 Tonnen Bioabfälle (vorher 36.000) und 12.000 Tonnen Häckselgut liegen. Künftig soll dort nicht mehr vorrangig Strom produziert, sondern das Methangas zu Biogas aufbereitet und verkauft werden, welches dann fossile Energieträger wie beispielsweise Erdgas substituiert.

Ein anderes großes Projekt interkommunaler Zusammenarbeit war die Gründung des Klinikverbund Südwest (KVSW) im Jahr 2006. Es war bundesweit eine der größten kommunalen Fusionen mit dem Ziel, an den Krankenhausstandorten im Landkreis Böblingen (Böblingen, Herrenberg, Leonberg und Sindelfingen) sowie im Landkreis Calw (Calw und Nagold) jeweils eine wohnortnahe und qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung sicherzustellen. Heute ist der KVSW mit rd. 6.000 Mitarbeitern an den 6 Standorten eine der größten und leistungsfähigsten kommunalen Gesundheitseinrichtungen in Süddeutschland. Träger sind die beiden Nachbarlandkreise Böblingen und Calw.

Aktuell investiert der KVSW rd. 1 Milliarde Euro in seine Kliniken. An den Standorten Herrenberg und Leonberg sind verschiedene Maßnahmen in der Umsetzung bzw. geplant zur Modernisierung und zur langfristigen Sicherung dieser Standorte mit Blick auch auf ambulante Begleitangebote (Gesundheitscampus). Insbesondere aber verschmelzen die beiden Klinikstandorte Sindelfingen und Böblingen künftig zu einem gemeinsamen Standort, dem Flugfeldklinikum (FFK). Dieses Bauprojekt ist das Größte im Landkreis Böblingen und eins der größten aktuell in Baden-Württemberg. 2025 soll das neue FFK fertiggestellt sein, der Baufortschritt lässt sich vor Ort täglich beobachten. Das FFK soll rd. 700 Betten umfassen, ca. 2.200 Mitarbeiter werden dort beschäftigt sein. Zusätzlich entsteht in der Nachbarschaft ein Hochhaus, in dem auf 13 Stockwerken nicht-medizinische Nutzungen wie beispielsweise eine Betriebskindertagesstätte oder auch die Verwaltung des Verbunds untergebracht werden.

Das Flugfeldklinikum im Modell - aktuell das größte Bauprojekt im Landkreis Böblingen
Das Flugfeldklinikum im Modell - aktuell das größte Bauprojekt im Landkreis Böblingen
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Link zum Bautagebuch
Link zur Baustellen Webcam

Hoch hinaus ging und geht es auch bei einem anderen Leuchtturmprojekt im Landkreis Böblingen, das im wahrsten Sinne des Wortes ein Highlight darstellte. Mit dem Schönbuchturm hat sich der Landkreis Böblingen einen ganz besonderen Aussichtspunkt geschaffen, der nicht nur architektonisch sehr besonders und wunderschön anzuschauen ist, sondern von dem aus man auch in alle Himmelsrichtungen einen herrlichen Ausblick auch weit über die eigenen Landkreisgrenzen hinaus genießen kann. 2018 wurde mit dem Bau begonnen auf dem Stellberg bei Herrenberg, einer der höchsten Erhebungen im Naturpark Schönbuch. Nach einjähriger Bauzeit wurde der Turm im Frühsommer 2019 eröffnet und zieht seither viele Besucherinnen und Besucher aus dem Landkreis, aber auch weit darüber hinaus an. Eine Besonderheit des Turms ist sicher auch, dass jede der 348 Stufen eine besondere Geschichte hat – denn hinter jeder Stufe steckt ein Sponsor, über die/den eine ganz persönliche Identifikation mit diesem herrlichen Ort und Turm mit eingeflossen ist. Und auch dadurch ist der Schönbuchturm ein Anziehungspunkt zu jeder Zeit und immer wieder.

2019 wurde der Schönbuchturm eröffnet und zieht seither Menschen von nah und fern an
2019 wurde der Schönbuchturm eröffnet und zieht seither Menschen von nah und fern an
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Das sind nur wenige Schlaglichter aus 50 Jahren Landkreisgeschichte, die aber dennoch stellvertretend aufzeigen, wieviel sich getan hat in diesen fünf Jahrzehnten. Das alles geht nur mit vielen Menschen, die dazu an einem Strang ziehen. Was dann alles möglich ist, haben insbesondere die vergangenen Jahre gezeigt. Zunächst das Corona-Virus, und mit ihm Szenarien, die niemand zuvor so gekannt hatte – und so mancher Sonderweg im Landkreis Böblingen. Man denke nur an das „Böblinger Modell“, das bundesweit für Aufsehen sorgte. Und dann ein Krieg in Europa – etwas, von dem man gehofft hatte, man würde es nie mehr erleben.

Es waren anstrengende Krisenjahre mit vielen nie gekannten Herausforderungen, einer großen Flüchtlingskrise und vergessen geglaubten Ängsten rund um Energien und die allgemeine Versorgungslage. Und niemand weiß, was die Zukunft bringt. Jedoch haben speziell die zurückliegenden Jahre gezeigt, der Landkreis kann Krise. Die große Solidarität der Bürgerinnen und Bürger, das vielfältige Engagement vieler Menschen, und generell das gute Miteinander auf allen Ebenen hat bewiesen, wie gut der Landkreis Böblingen mit all seinen 26 Städten und Gemeinden zusammengewachsen und zu einer guten Einheit geworden ist.

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Simone Hotz Zentralstelle / Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Landratsamt Böblingen.
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