„Mit meiner Tochter kann ich nicht all die Dinge tun, die für andere Eltern normal sind. Ich kann nicht auf den Spielplatz, weil sie krampft, ich kann auch nicht einfach im Park spazieren gehen, weil wir keinen Reha-Buggy haben und ich keinen normalen Buggy benutzen kann. Meine Tochter muss rund um die Uhr überwacht werden, ich kann sie nicht allein lassen.“
Die Resonanz war groß an jenem Samstag Anfang Oktober 2022. Über 200 Eltern, teilweise mit ihren Kindern, kamen in die Friedrich-Fröbel-Schule in Herrenberg, um sich von Frühförderung über Unterstützte Kommunikation bis Praktika und Arbeitsmöglichkeiten für ihre Kindern mit Behinderung zu informieren. "Auf so ein Angebot haben wir schon sehr lange gewartet. Alle Infos an einem Ort. Vielen Dank!", das sagten viele Eltern.
Ein Kind zu pflegen ist eine lebenslange Aufgabe. Krankenhausaufenthalte, Operationen und Therapien bestimmen den Alltag. Viele Diagnosen kommen unerwartet und die meisten Eltern wissen nicht, was auf sie zukommt. Geschweige denn, wie sie ihren durchgetakteten Alltag meistern oder den Geschwisterkindern gerecht werden sollen. Oft kennen sie nicht einmal die Unterstützungsmöglichkeiten, die ihnen zustehen.
Das wollten der Verein ‚Mein Herz Lacht e.V‘ und die Schulsozialarbeiterin an der Friedrich-Fröbel-Schule Herrenberg, Frau Ulrike Essig ändern, indem sie dieses einzigartige Pilotprojekt ins Leben gerufen haben. Sie konnten die wichtigsten Organisationen für betroffene Familien an einen Ort zusammen bringen und die Eltern auf diesem Weg mit den wichtigsten Ansprechpartnern in Herrenberg vernetzen. Von 10 bis 13 Uhr konnten sich Eltern persönlich und direkt mit Organisationen, die zur Unterstützung ihrer Familien da sind, austauschen, Informationen einholen, sich beraten lassen und erste Kontakte knüpfen. 14 Aussteller, darunter die Lebenshilfe Herrenberg, die Dorfgemeinschaft Tennental, die Frühförderstelle und die Autismusbeauftragten des Kreises und die Ergänzende Unabhängige Teilhabeberatung EUTB waren begeisterte Teilnehmer der Messe und ein reger Austausch fand statt. Selbst eine Kinderbetreuung wurde für verschiedene Altersgruppen durch das Protactics-Team Seehaus in Leonberg angeboten. Verschiedene Sportarten wurden ausprobiert und es gab großartiges Feedback! Eine Mutter erzählte begeistert, dass ihr Sohn so viel Spass wie schon lange nicht mehr hatte und jetzt total ausgepowert sei. Für das leibliche Wohl spendete das Tennental Äpfel, die Bäckerei Wanner Brezeln und Getränke wurden vom Getränkemarkt Holz großzügig unterstützt.
Und es wurde natürlich auch über Inklusion gesprochen:
Den Auftakt der Veranstaltung bildete eine halbstündige Podiumsdiskussion zum Thema ‚Unterstützung von Familien mit Kindern mit Behinderung‘, professionell geleitet durch Frau Boner-Schilling von der CoachingMeisterei in Böblingen mit Gail McCutcheon, der Gründerin von Mein Herz Lacht e.V., Tommy Dingel, der Inklusionsbeauftragte der Stadt Herrenberg, Jürgen Schäfer, der Elternbeiratsvorsitzende der Friedrich-Fröbel-Schule und Katrin Heine, eine Mutter mit Kind mit Behinderung. Die Frage nach Normalität und wie diese für Familien mit Kindern mit Behinderung zu erreichen ist, wird erst dann zur Norm werden, wenn wir nicht mehr darüber sprechen müssen, sagte Tommy Dingel. Ein besseres gesellschaftliches Verständnis wünschte sich Herr Schäfer, indem man generell mit allen Menschen über die Diversität von Behinderungen spricht. Gail McCutcheon betonte: nur, wenn man offen mit Behinderungen und Bedürfnissen der Familien umgeht, kann es eine inklusive Gesellschaft geben. Um diese Normalität zu erreichen, müssten jedoch viel mehr inklusive Angebote zur Verfügung stehen, fügte Katrin Heine hinzu.
Weshalb benötigen wir nun diese Möglichkeiten zur Vernetzung und zur Selbsthilfe? Obwohl es viele Hilfs- und Unterstützungsangebote gibt, werden Eltern oft erst einmal nach der Diagnose allein gelassen und Ärzte sind oft nicht auf den Umgang mit Kindern mit Behinderung und deren Eltern eingestellt. Ein Aufklärungs- und Schulungsbedarf bestünde auch hier, um das Leben der Familien stressfreier zu gestalten, sagte Gail McCutcheon, die dies von vielen Eltern im Verein bestätigt bekommt.
Eine zentrale Informationsstelle für Unterstützungsangebote für Familien gibt es bisher nicht, deshalb ist eine Vernetzung der Eltern durch den Verein Mein Herz Lacht so wichtig. Aber auch um den Eltern bewußt zu machen, dass sie lernen müssen, auch nach sich zu schauen, sagt die Gründerin der Vereins. Freiräume schaffen, emotionalen Stress abbauen oder einfach mal in Ruhe mit anderen Eltern austauschen bei einem netten Frühstück, wie es einmal im Monat in der lokalen Mein Herz Lacht-Gruppe in Nufringen stattfindet.
Alles in allem war es eine wertvolle Veranstaltung, die es Eltern erleichtert hat, die wichtigsten Hilfsangebote auf einem Fleck zu kontaktieren und sich ruhig und persönlich zu informieren. Denn wenn Eltern genügend Unterstützung für ihre Familien mit Kindern mit Behinderung haben, können sie stark sein. Stark für sich und für ihre Kinder und unsere Gesellschaft.
Dank der finanziellen Unterstützung des Sozaildezernats Böblingen kann der Verein mit seinen lokalen Gruppen diese so wichtige Arbeit leisten: Vernetzung von Eltern, Wissensaustausch, Stammtische, Seminare und vieles mehr, um Eltern zu stärken, zu vernetzen oder einfach mal eine kleine Pause zu verschaffen.
„Seinen Kindern Inklusion und Teilhabe zu ermöglichen ist für die Eltern oft ein alltäglicher Kraftakt. Deshalb freut es sich, dass der Verein „Mein Herz lacht“ die Initiative für den Markt der Möglichkeiten getroffen hat. In den Austausch mit anderen Eltern zu kommen, Angebote zu kennen und transparent dargestellt zu bekommen, ist ein wichtiger Baustein um das eigene Kind zu begleiten und zu fördern.“, sagte auch Dusan Minic vom Dezernat Jugend und Soziales des Landratsamts Böblingen.
Lokale Gruppen von Mein Herz Lacht e.V. gibt es schon in über 14 anderen Orten im Umkreis von Böblingen, zum Beispiel in Stuttgart, Calw, Rutesheim, Rems-Murr-Kreis, Esslingen und vielen mehr. In Zukunft wird es hoffentlich noch viele weitere lokale Elterngruppen geben, bei Interesse kann man sich gerne an info@meinherzlacht.de wenden oder auf der Webseite www.meinherzlacht.de browsen oder direkt mit einer der Mitarbeiterinnen aufnehmen. Der Mitgliedsbeitrag ist €48 pro Jahr und der Verein freut sich über jedes neue Mitglied, das sich mit anderen Eltern mit beeinträchtigten Kindern vernetzten möchte, sei es in den lokalen Gruppen oder auf der bundesweiten Plattform bei interessanten Seminaren, Workshops und Vorträgen.
Weitere Informationen zu Mein Herz Lacht e.V.
Wie Mein Herz Lacht e.V. das Leben von Familien mit beeinträchtigten Kindern leichter machen kann wird in diesem schönen Film sehr eindrücklich erklärt:
https://stadt-land-ehrenamt.org/folge-8-mein-herz-lacht-e-v
Warum Bürgermeister/Innen den Verein Mein Herz lacht unterstützen sollten Bitte nehmen Sie sich 2 Minuten Zeit und schauen Sie sich ein YouTube-Video von Susanne Widmaier, der Bürgermeisterin aus Rutesheim, Landkreis Böblingen in Baden-Württemberg an: