Zum vierten Mal in Folge und als europaweit einziger Landkreis
Ein bisschen wie bei der Oscar-Verleihung kam sich die kleine Enzkreis-Delegation vor, die dieser Tage bei einem Gala-Abend im stilvollen Ambiente des Messezentrums in Bozen zwar keinen Gold-Jungen, aber dafür eine andere renommierte Auszeichnung entgegennehmen durfte: den European Energy Award (kurz: eea) in Gold. „Wir erhalten die Auszeichnung nach 2012, 2015 und 2019 nun bereits zum vierten Mal, dieses Jahr sogar als europaweit einziger Landkreis“, freut sich Landrat Bastian Rosenau, der allerdings terminbedingt nicht mit nach Bozen - das selbst Preisträger ist - reisen konnte. Stellvertretend hatten Miriam Mayer und Edith Marqués Berger den Preis in Empfang genommen; beide sind Mitglied im eea-Lenkungsteam im Landratsamt.
Sie waren in Südtirol auf weitere rund 130 Delegierte aus 30 Kommunen in Deutschland, Österreich, Luxemburg, Frankreich, Monaco, der Schweiz und Italien getroffen, mit denen gemeinsam sie im Vorfeld des Galaabends besonders innovative Projekte in Bozen und Umgebung besichtigen konnten. Im Mittelpunkt stand dabei die vorbildliche energetische Sanierung von Gebäuden, die Renaturierung von Mülldeponien und die Nutzung der Energie aus Müllverwertungs- und Holzhackschnitzel-Anlagen für die Nahwärmeversorgung in Bozen und Meran.
„Schon das allein zeigt: Beim eea steht nicht in erster Linie der Award im Mittelpunkt, sondern eine gemeinsame kontinuierliche Arbeit an den sehr komplexen Transformationsprozessen der Energie-, Wärme- und Verkehrswende, die wir im Enzkreis, in Deutschland und auf dem gesamten Globus schaffen müssen. Unser Ziel ist letztlich die Klimaneutralität“, bringt es der Kreischef auf den Punkt.
Und auch die Tatsache, dass der Enzkreis die Auszeichnung nun bereits zum vierten Mal holte, darf nach seinen Worten nicht darüber hinwegtäuschen, dass die erneute Zertifizierung alles andere als Routinegeschäft und eine Selbstverständlichkeit war. Im Gegenteil: „Den Gold-Standard zu halten war ein gemeinsamer Kraftakt, bei dem wir uns auch durch zwischenzeitliche Rückschläge in der Bewertung nicht entmutigen ließen.“
Insgesamt nehmen fast 1.900 europäische Kommunen an den verschiedenen nationalen Programmen des European Energy Awards teil. „Dabei handelt es sich um ein Qualitätsmanagement- und Zertifizierungsverfahren, mit dem die Klimaschutzaktivitäten einer Kommune erfasst, bewertet, geplant, gesteuert und regelmäßig überprüft werden“, erläutert Dr. Hilde Neidhardt, Erste Landesbeamtin des Enzkreises und Vorsitzende des eea-Lenkungsteams im Landratsamt. „Kommunen, die es auf 50 Prozent der möglichen Punkte schaffen, werden mit dem European Energy Award ausgezeichnet. Wenn mehr als 75 Prozent der Kriterien erfüllt sind, gibt es den eea in Gold. Das war bei uns im Enzkreis erfreulicherweise der Fall - und sonst in Baden-Württemberg nur noch bei den Städten Karlsruhe, Lörrach und Freiburg.“
Dass der Enzkreis so gut abgeschnitten hat, liegt nach ihren Worten unter anderem an einem neuen Treibhausgas-Neutralitätskonzept, das zehn große Maßnahmen beinhaltet. Und das umfangreiche energiepolitische Arbeitsprogramm aus dem eea, das der Kreistag verabschiedet hat, helfe dabei, eine weitreichende CO2-Reduzierung zu erreichen. „Die Verbräuche und Emissionen des Fuhrparks und des Gebäudebestands sowie die Wärmewende sind hier sicher die dicksten Bretter, die wir bohren müssen“, ergänzt Miriam Mayer, die in der Kreisverwaltung das „Amt für technische Dienste und Klimaschutz“ leitet.
Erschwerend hinzu komme laut Edith Marqués Berger, dass wegen des fortschreitenden Klimawandels die Anforderungen, die an eine eea-Zertifizierung gestellt werden, ab nächstem Jahr noch strenger werden: „Der Weg zum Gipfel wird also noch steiler.“ Allerdings sei die Auszeichnungsveranstaltung alle vier Jahre ein Moment, in dem man sehen und erleben könne, wie viele Kommunen sich dieser globalen Herausforderung engagiert stellen; das stimme zuversichtlich.
„Der Erfolg beim eea ist zweifellos auch beim Enzkreis ein komplexes Gemeinschaftswerk und nur dank der engagierten Mitarbeit aller Verantwortlichen im Haus und einer engen Zusammenarbeit mit unseren Partnern wie beispielsweise der Klimaschutz- und Energieagentur Enzkreis Pforzheim möglich“, so Rosenaus Fazit. „Mit der Teilnahme am eea wollen wir natürlich nicht nur eine Vorreiterrolle einnehmen, sondern auch Vorbild sein. Schließlich muss die Arbeit am Klimaschutz im Kreis und den Gemeinden gelebter Alltag sein und bleiben, wir alle müssen dranbleiben. So gesehen ist die wiederholte Auszeichnung mit dem eea in Gold nicht das Ende der Reise, sondern ein Etappenziel.“
Und letztlich stehe jede Gemeinde, jede Firma, jeder Verein, jeder Bürger und jede Bürgerin vor derselben Herausforderung, sich möglichst klimaneutral zu verhalten: „Wir sind schließlich alle Emittenten.“