Nach Schätzung des Statistischen Landesamtes werden bei der Europawahl und den Kommunalwahlen etwa 8,6 Millionen Baden-Württembergerinnen und Baden-Württemberger wahlberechtigt sein. Darunter befinden sich etwa 7,8 Millionen Deutsche und rund 830 000 Unionsbürgerinnen und -bürger, also Staatsangehörige aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die in Baden-Württemberg ihren Wohnsitz haben.
Kommunalwahlen
Die alle fünf Jahre stattfindenden Kommunalwahlen sind für Baden-Württemberg und die Kommunen hier im Land sowie für die Bürgerinnen und Bürger ein herausragendes und bedeutsames Ereignis. Wir können bei den Kommunalwahlen unsere Kommune und unseren Landkreis aktiv mitgestalten. Keine andere politische Ebene ist so nah an den Bürgerinnen und Bürgern wie die kommunale. Denn kommunalpolitische Entscheidungen haben unmittelbare Auswirkungen auf das Leben der Menschen, die in einer Kommune wohnen. Bei den Kommunalwahlen werden in allen 1.101 Gemeinden die ehrenamtlichen Mitglieder des Gemeinderats sowie in den rund 400 Gemeinden mit Ortschaftsverfassung die Mitglieder von ca. 1.600 Ortschaftsräten gewählt. Zudem werden in den 35 Landkreisen neue Kreistage gewählt. In den 179 Gemeinden der Region Stuttgart findet außerdem die Wahl der Mitglieder der Regionalversammlung des Verbands Region Stuttgart statt. Landesweit werden an diesem Tag rund 34.000 kommunale Mandate neu vergeben. Die Amtszeit der zu wählenden Vertreterinnen und Vertreter in den kommunalen Gremien beträgt fünf Jahre.
Die bei den Kommunalwahlen gewählten ehrenamtlich tätigen Vertreterinnen und Vertreter gestalten die vielfältigen kommunalen Aufgaben vor Ort an entscheidender Stelle wesentlich mit. Für die Gemeinde-, Ortschafts- und Kreisräte bedeutet die Übernahme dieses Ehrenamts mit seinen Anforderungen großen persönlichen Einsatz, der oft auch mit einem erheblichen Arbeits- und Zeitaufwand verbunden ist. Gerade in diesen ohnehin herausfordernden Zeiten kann man es nicht hoch genug schätzen, dass sich nach wie vor so viele Menschen bereit erklären, diese zusätzliche Aufgabe zu übernehmen und sich für ein kommunales Mandat bewerben. An dieser Stelle bedanke ich mich ganz herzlich bei all jenen, die sich auf diese Weise ehrenamtlich engagieren und sich für das Gemeinwohl einsetzen. Und deshalb hoffe ich für die Wahlen in diesem Jahr, dass dieses Engagement auch von den Wählerinnen und Wählern honoriert wird und sich dies in einer entsprechend hohen Wahlbeteiligung widerspiegelt.
Das baden-württembergische Kommunalwahlrecht
Das baden-württembergische Kommunalwahlrecht gibt den Wählerinnen und Wählern sehr weitgehende Möglichkeiten, die Zusammensetzung der kommunalen Gremien mitzugestalten. Unser Kommunalwahlrecht ist in hohem Maße ein Persönlichkeitswahlrecht. Die Wählerinnen und Wähler sind nicht daran gebunden, einen Wahlvorschlag mit feststehender Reihenfolge der Kandidatinnen und Kandidaten zu wählen. Sie haben vielmehr die Möglichkeit, durch das Recht zur Stimmenhäufung (Kumulieren) und zur Übertragung von Personen aus anderen Wahlvorschlägen (Panaschieren) in weit stärkerem Maße als andere Wahlsysteme, die personelle Zusammensetzung der kommunalen Gremien zu bestimmen. Die Wahlberechtigten können so ihre Stimmen ganz gezielt den Bewerberinnen und Bewerbern geben, denen Sie vertrauen und denen sie für die nächsten fünf Jahre die Verantwortung übertragen möchten. Durch dieses gezielt persönliche Votum der Wählerinnen und Wähler wird auch die Position der gewählten einzelnen Mandatsträgerinnen und Mandatsträger gestärkt.
Neuerungen beim Kommunalwahlrecht
Auch bei dieser Kommunalwahl gibt es Neuerungen beim Kommunalwahlrecht:
Mit der durch das Gesetz vom 4. April 2023 geregelten Absenkung des Mindestalters für die Wählbarkeit in kommunale Gremien von 18 auf 16 Jahre betritt Baden-Württemberg Neuland. Bundesweit gibt es bislang in keinem anderen Land eine vergleichbare Regelung. Diese Regelung hat zur Folge, dass auch nach bürgerlichem Recht nicht voll geschäftsfähige Personen zur Wahl antreten und Mitglieder eines kommunalen Gremiums werden können. Für die Aufstellung der Wahlvorschläge und das Wahlverfahren ergeben sich dadurch keine Besonderheiten; insbesondere ist für eine Kandidatur keine Zustimmung der Erziehungsberechtigten erforderlich. Auch gewählte minderjährige Ratsmitglieder bedürfen bei der Ausübung des Mandats grundsätzlich nicht der Zustimmung der Erziehungsberechtigten. Sie sind bei der Ausübung ihres Mandats ebenso frei wie volljährige Ratsmitglieder. Dies gilt insbesondere für Redebeiträge und Abstimmungen in den gemeindlichen Gremien sowie für den Beitritt zu einer Fraktion. Ausgeschlossen ist indes eine Mitgliedschaft im Aufsichtsrat einer GmbH oder AG sowie in den Verwaltungsräten der Sparkassen.
Auch die Kommunalwahlordnung enthält – neben anderen Anpassungen - eine bedeutsame Änderung. Künftig wird auf die Angabe der vollständigen Anschrift von Bewerberinnen und Bewerbern in Wahlbekanntmachungen und Stimmzetteln verzichtet. Dies soll dem Schutz von Kandidatinnen und Kandidaten vor Hass und Hetze dienen und einer besorgniserregenden Entwicklung entgegenwirken, die zunehmend auch Kommunalpolitiker und kommunale Mandatsträger erfasst.
In der Bekanntmachung der zugelassenen Wahlvorschläge und auf den Stimmzetteln ist nun anstelle der Anschrift nur noch der Wohnort, also der Name der Gemeinde, anzugeben. Bei der Gemeinderatswahl und der Ortschaftsratswahl sowie bei der Kreistagswahl in Wahlkreisen, die nur aus einer Gemeinde bestehen, ist in der Regel zusätzlich zum Gemeindename der Ortsteil oder eine sonstige ortsübliche Bezeichnung für den Teil des Gemeindegebiets, in dem die Bewerberinnen und Bewerber wohnen, anzugeben. Diese Angaben richten sich nach den örtlichen Verhältnissen. Von der Angabe von Ortsteilen oder sonstigen Gebietsbezeichnungen kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgesehen werden, z. B. wenn in kleineren Gemeinden und Ortschaften eine sinnvolle innerörtliche Abgrenzung insgesamt nicht möglich ist. Damit haben wir letztlich eine ausgewogene Lösung gefunden, mit der einerseits die betreffenden Personen ausreichend geschützt werden können und andererseits die Wählerinnen und Wähler die für ihre Wahlentscheidung notwendigen Informationen zu den Kandidatinnen und Kandidaten erhalten.
Europawahl
Gemeinsam mit den Kommunalwahlen findet am 9. Juni 2024 die Wahl zum Zehnten Europäischen Parlament statt. Hier gibt es in diesem Jahr ebenfalls ein Novum: wie bereits bei den Kommunalwahlen dürfen nun auch bei der Europawahl alle 16- und 17-Jährigen wählen. Bei der letzten Europawahl musste man noch 18 Jahre alt sein. Das nun geltende Mindestwahlalter 16 gilt selbstverständlich für die Bürgerinnen und Bürger von EU-Mitgliedstaaten, die in Baden-Württemberg wohnen und hier zur Wahl gehen, sowie für die wahlberechtigten Deutschen gleichermaßen. Deutschlandweit sind es rund 5,1 Mio. junge Menschen, die erstmals bei einer Europawahl wahlberechtigt sind. Insgesamt sind es rund 60,9 Mio. von Amts wegen wahlberechtigte Deutsche und rund 4,1 Mio. Unionsbürgerinnen und -bürger, die teilnehmen können, um die 96 Abgeordneten zu wählen, mit denen Deutschland im Europäischen Parlament vertreten ist.
Die Europäische Union gewinnt immer mehr an Bedeutung, insbesondere auch für unser Land mit seiner zentralen Lage in Europa. Daher und nachdem das Europäische Parlament in den vergangenen Jahrzehnten immer weiter an Kompetenzen hinzugewonnen hat, ist es wichtig, dass die Abgeordneten des Europäischen Parlaments mit der breiten Unterstützung einer hohen Wahlbeteiligung nach Straßburg und Brüssel entsendet werden. Wir alle sind dazu aufgerufen, vom hohen demokratischen Gut der Wahlteilnahme Gebrauch zu machen und damit die Zukunft Europas und somit auch unseres Landes mitzugestalten.
Die gemeinsame Wahl als organisatorische Herausforderung
Für die meisten dürfte es mittlerweile zur Selbstverständlichkeit geworden sein, dass die Kommunalwahlen und die Europawahl in Baden-Württemberg am selben Tag durchgeführt werden. Dies führt erfreulicherweise dazu, dass die Wahlbeteiligung bei beiden Wahlen erhöht ist und hat zudem den Vorteil, dass sich viele organisatorische Maßnahmen gemeinsam durchführen lassen, womit der Organisationsaufwand und auch die Kosten insgesamt deutlich reduziert werden.
Die gemeinsame Durchführung der Europa- und Kommunalwahlen ist zwar sehr effizient, sie stellt freilich auch eine große organisatorische Aufgabe in den 1.101 Gemeinden dar. Für alle Wahlen müssen die Wählerverzeichnisse erstellt und Wahlbenachrichtigungen und Wahlunterlagen versandt werden. Dazu sind ausreichend Wahlhelfer für den Wahltag zu finden und im Hinblick auf die besonders anspruchsvolle und aufwändige Auszählung der Kommunalwahlen sorgfältig zu schulen. Dafür, dass diese Mammutaufgabe jedes Mal so gut gemeistert wird, bedanke ich mich herzlich bei den Kommunen und den vielen tausend ehrenamtlich tätigen Wahlhelfern.
Zur Wahl gehen
Unsere Demokratie lebt davon, dass wir eine Stimme haben und diese nutzen. Sie lebt davon, dass Bürgerinnen und Bürger andere Bürgerinnen und Bürger auf Zeit damit beauftragen, die wesentlichen Entscheidungen für das Gemeinwesen zu treffen. Und sie lebt davon, dass die Gewählten ihren Auftrag ernst nehmen. Eine Demokratie kann nur dauerhaft bestehen, wenn sich Bürgerinnen und Bürger an ihr beteiligen.
Die Stimme jeder Wählerin und jedes Wählers hat Gewicht. In dem wir am 9. Juni 2024 wählen gehen, können wir schon durch die Stimmabgabe die Politik aktiv beeinflussen und werden dadurch Teil einer lebendigen Demokratie.
Wahlen sind für unser freiheitliches demokratisches Staatswesen von zentraler Bedeutung. Daher bitte ich alle Wahlberechtigten: Machen Sie von Ihrem Wahlrecht Gebrauch und gehen Sie am 9. Juni 2024 zur Wahl oder nutzen Sie die Möglichkeit der Briefwahl.