Die Anlässe für die Gründung der beiden Netzwerke waren unterschiedlich.
Das 2010 in eine gemeinnützige Unternehmensgesellschaft umgewandelte b.free Netzwerk entstand aus der Privatinitiative mehrerer Rotarymitglieder. Ursprünglich geplant als einmaliges alkoholfreies Event gegen Komasaufen in einer Diskothek in Singen im Frühjahr 2005, entwickelte sich daraus ein breites gesellschaftliches Netzwerk für Suchtprävention.
Der Suchthilfeverbund wurde gegründet, um Doppelstrukturen abzubauen und die Zusammenarbeit zwischen Kostenträgern, Leistungserbringern der Medizin, Suchtmedizin und Suchthilfe sowie der Selbsthilfe zu verbessern. Ziel war es, die Kommunikation zu stärken und bürokratische Hürden zu überwinden.
Von der Idee zur Rotary b.free UG
Die Idee, aus einer Privatinitiative von fünf Rotarymitgliedern im westlichen Landkreis ein Netzwerk zu schaffen, entstand im Zusammenhang mit dem 100-jährigen Jubiläum von Rotary International. Ursprünglich ging es um ein einmalige, spektakuläre alkohlfreie Party in Singen, um auf das Problem des Komasaufens bei Jugendlichen aufmerksam zu machen. In Zusammenarbeit mit dem Suchtbeauftragten des Landkreises und einer Werbeagentur wuchs die Überlegung, die Suchtprävention im Landkreis breiter zu verankern – nicht nur punktuell in Schulen, sondern auch bei Festveranstalter großer Stadt- und Gemeindefeste, in Vereinen und im öffentlichen Raum. So wurde „b.free“ geboren. Nach dem Projektstart konnten über Jahre namhafte Unternehmen als Sponsoren gewonnen werden.
Mit der Zeit wurde das Netzwerk durch weitere Rotaryclubs erweitert und schließlich in eine gemeinnützige Unternehmensgesellschaft, die Rotary b.free UG, überführt. Diese Rechtsform macht die Suchtprävention finanziell flexibler und stellt sie strategisch breiter auf, was eine vielfältige gesellschaftliche Beteiligung ermöglicht. Seit deren Gründung bilden die sieben Rotaryclubs im Landkreis die Gesellschafter und der Suchtbeauftragte ist in Personalunion mit seinen Aufgaben beim Landkreis die Geschäftsführung der Gesellschaft.
Ein Team aus Schulsozialarbeit, Suchtberatungsstellen, Polizei und kommunalen Jugendreferaten setzten unter der Koordination des Suchtbeauftragten Projekte an Schulen, bei Vereinen und auf Stadtfesten um. Mit insgesamt vier Kinospots als Werbetrailer in den Kinos der Städte Konstanz und Singen sowie mehrerer Großflächenplakatkampagnen, mit mobilen Saftbars mit dem Ausschank alkoholfreier Cocktails an Schulen, bei Stadt- und Vereinsfesten sowie mit unterschiedlichen Formaten für schulische Präventionstage rockte „b.free“ den Landkreis Konstanz.
Ende März erinnerten die Pioniere dieses Netzwerks im Tagungszentrum Milchwerk in Radolfzell an die Anfänge und die Entwicklung. Landrat a. D. Frank Hämmerle und sein Nachfolger Landrat Zeno Danner betonten die Bedeutung dieses bundes- und landesweit einzigartigen Public-Private-Partnership-Modells. Neben Rückblicken auf Meilensteine wurden auch neue Herausforderungen wie Cannabiskonsum und Medienabhängigkeit diskutiert. Die Zielsetzungen für die kommenden Jahre wurden vorgestellt und die Bereitschaft zur weiteren Zusammenarbeit bekräftigt.
Suchthilfe ist mehr als die Addition von Einzelsportarten - sie ist kommunal gesteuerter Mannschaftssport
Fast zeitgleich mit „b.free“ wurde im Landkreis Konstanz 2005 der erste Suchthilfeverbund Baden-Württembergs gegründet. Das ist der Weitsicht von Wolfgang Höcker, damals Chefarzt der Suchtmedizin am Zentrum für Psychiatrie Reichenau, zu verdanken. Er erkannte die Notwendigkeit einer verbindlichen Zusammenarbeit zwischen den Akteuren in der Suchthilfe. Er drängte auf die Schaffung eines Netzwerkes unter der Koordination und Federführung des Landkreises.
Der Verbund schuf eine klare regionale Aufteilung der Zuständigkeiten der drei Suchtberatungsstellen und förderte den Austausch zwischen stationärer und ambulanter Suchtmedizin, Hausärzten, Krankenhäusern, Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen sowie Kostenträgern wie Jobcenter, Vertreter der Krankenkassen und der DRV. Ziel war es, Wege aus der Sucht für Betroffene sichtbarer, zugänglicher und begehbarer zu gestalten.
Der Landkreis Konstanz war mit Gründung seines Suchthilfeverbundes der erste Landkreis in Baden-Württemberg, der eine koordinierte Netzwerkstruktur mit dem Ziel einer verbindlicheren Kooperation aller Beteiligten aufbaute.
Nachhaltigkeit und Netzwerkarbeit - zugegebenermaßen zwei fast schon inflationär abgenutzte Begriffe – haben wesentlich dazu beigetragen, dass Wege in die Sucht (Suchtprävention) und Wege aus der Sucht (Suchthilfe) relevante Bausteine und Säulen der Gesundheits- und Sozialstrategie des Landkreises geworden sind.
Im Rahmen einer kleinen Feierlichkeit würdigte Stefan Basel, Dezernent für Soziales und Gesundheit, Anfang Mai die Entwicklungsgeschichte des Suchthilfeverbundes und hob die verschiedenen Fachkompetenzen aller Beteiligten hervor. Besonders unterstrich er die sehr gute Zusammenarbeit aller Beteiligter, die die Voraussetzungen dafür sei, dass Wege aus der Sucht für Betroffene sichtbar, zugänglich und begehbar seien.