Europaarbeit im Main-Tauber-Kreis

Den Europa-Gedanken der Öffentlichkeit näher bringen

In den vergangenen Jahren hat die Europaarbeit in den Kommunen immer stärker an Bedeutung gewonnen, weil europäische Vorgaben das Leben und Handeln vor Ort zunehmend beeinflussen.
Marcel Stephan · Main-Tauber-Kreis · 11. April 2024
Auf den Spuren der Zisterzienser wurde unter dem Titel „Cisterscapes – cistercian landscapes connecting europe“ ein Kulturwanderweg mit mehr als 5000 Kilometern geschaffen. Er verbindet 18 Klosterlandschaften in sechs europäischen Ländern miteinander. Mit dabei ist auch das Kloster Bronnbach.
Auf den Spuren der Zisterzienser wurde unter dem Titel „Cisterscapes – cistercian landscapes connecting europe“ ein Kulturwanderweg mit mehr als 5000 Kilometern geschaffen. Er verbindet 18 Klosterlandschaften in sechs europäischen Ländern miteinander. Mit dabei ist auch das Kloster Bronnbach.
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Dem Main-Tauber-Kreis ist es daher ein Anliegen, den Europa-Gedanken der Öffentlichkeit näher zu bringen. Für Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Kommunen sind vor allem die zahlreichen Fördermöglichkeiten der EU interessant. Die kommunale Europaarbeit ist aber noch um einiges vielfältiger.
 

Auf den Spuren der Zisterzienser durch Europa

Der Orden der Zisterzienser hat seit dem Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert Spuren in den Landschaften hinterlassen. Von Burgund aus ließen sich die Zisterzienser in ganz Europa nieder, errichteten Klöster in der Einsamkeit sumpfiger Täler, kultivierten und besiedelten das Land. Auf den Spuren der Zisterzienser wurde unter dem Titel „Cisterscapes – cistercian landscapes connecting europe“ ein Kulturwanderweg mit mehr als 5000 Kilometern geschaffen. Er verbindet 18 Klosterlandschaften in sechs europäischen Ländern miteinander. Das Kloster Bronnbach im Main-Tauber-Kreis ist Teil des transnationalen LEADER-Kooperationsprojekts, welches am 1. November 2019 gestartet ist. Seit dem 22. Oktober 2020 erhält das Projekt im Rahmen von Transnational Cooperation (TNC II) erneut LEADER-Fördermittel. Das Projekt macht das europäische Grundprinzip einer Einheit in der Vielfalt sichtbar und die Verbundenheit der reizvollen Landschaften von Polen, Tschechien und Slowenien sowie Deutschland und Österreich bis ins französische Burgund mit allen Sinnen erlebbar. Der Landkreis Bamberg als Träger und transnationaler Koordinator hat im Verbund mit den Projektpartnern das „Europäische Kulturerbe-Siegel“ (EKS) für zisterziensische Klosterlandschaften beantragt. Im Oktober 2022 wurde bekanntgegeben, dass Cisterscapes der deutsche Kandidat für das Europäische Kulturerbe-Siegel ist, welches final in diesem Jahr vergeben wird.
 

Kreispartnerschaften Main-Tauber-Kreis

Der Zusammenhalt mit den umliegenden Ländern spiegelt sich ebenfalls in den drei lebendigen Partnerschaften mit anderen Landkreisen im Freistaat Sachsen sowie in Polen und Ungarn wider. Der jüngste Austausch mit den Partnerschaften fand im September 2023 im Rahmen einer dreitägigen Kreistagsfahrt mit der Verwaltungsspitze des Landratsamtes nach Bautzen statt. Neben dem Austausch mit den Volksvertretern aus Bautzen stand das Kennenlernen des Umlandes mit Besichtigungen und Führungen im Vordergrund. Ein Gegenbesuch im Main-Tauber-Kreis ist zeitnah angedacht.

Die Partnerschaft mit dem polnischen Landkreis Ząbkowice Śląskie wird auch durch die Sportjugend Main-Tauber regelmäßig gepflegt. So fand im Juni 2023 erstmalig nach der Corona-Pandemie wieder eine internationale Jugendbegegnung zwischen der Sportjugend in Kooperation mit der Handballgemeinschaft Königshofen/Sachsenflur sowie den polnischen Sportlern aus Ząbkowice Śląskie/Ziebice (Münsterberg) stattfinden. Unterstützt wurde diese Maßnahme vom Deutsch-Polnischen Jugendwerk (DPJW) und vom Main-Tauber-Kreis. Am ersten Tag wurde die Gruppe vom Ersten Landesbeamten des Main-Tauber-Kreises, Florian Busch, im Landratsamt begrüßt und die Jugendlichen erhielten einen Einblick in die vergangenen 15 Jahre der gelebten Partnerschaft. An den weiteren Tagen wurde ein abwechslungsreiches Programm für die Jugendlichen organisiert. Die Jugendlichen beider Nationen zeigten großes Interesse daran, gemeinsam über jugendrelevante Themen zu diskutieren, diese in Workshops zu konkretisieren und zu vertiefen. Gleichzeitig sprach der Delegationsleiter der polnischen Gruppe, Jerzy Koprowski, die Einladung für den Gegenbesuch im kommenden Jahr in Polen aus.

Redner sowie Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Spring-Tagung in Bad Mergentheim (von links): Oberbürgermeister Udo Glatthaar, CERV-Sprecher Alexander Böning, Landrat Christoph Schauder, Visna Shorova Angelova (Nordmazedonien), Agata Sobkow (Polen), Prof. Dr. Wolfgang Reinhart, MdL, Ignazio Zanetta (Italien), Lucía Fernández Sevilla (Spanien), Bernard Teyssier (Frankreich) und Neli Petrova (Bulgarien).
Redner sowie Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Spring-Tagung in Bad Mergentheim (von links): Oberbürgermeister Udo Glatthaar, CERV-Sprecher Alexander Böning, Landrat Christoph Schauder, Visna Shorova Angelova (Nordmazedonien), Agata Sobkow (Polen), Prof. Dr. Wolfgang Reinhart, MdL, Ignazio Zanetta (Italien), Lucía Fernández Sevilla (Spanien), Bernard Teyssier (Frankreich) und Neli Petrova (Bulgarien).
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EU-Projekt „Spring“ - Länderübergreifendes Netzwerk

Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig Solidarität und Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden und ihren lokalen Gemeinschaften sind. Das Projekt „Spring“ (Kurzform von „Solidarity in progress“, was zu Deutsch etwa „Solidarisch weiterentwickeln“ bedeutet), konzentriert sich auf den Wert der Solidarität, eines der Gründungsprinzipien der EU. Es beleuchtet die konkrete Umsetzung und die Zusammenarbeit auf europäischer und lokaler Ebene während der Pandemie. Ziel ist es, ein länderübergreifendes Kooperationsprojekt zur Krisenbekämpfung zu schaffen. Das Projekt entwirft einen gemeinsamen Weg, der durch acht internationale Treffen führt. Jedes Treffen ist einem anderen Thema gewidmet, um innovative Arbeitsmethoden und bewährte Praktiken zu verschiedenen Themen herauszuarbeiten: vom Katastrophenschutz bis hin zu Schule und Bildung, von der Jugend bis hin zu Freiwilligenarbeit und Aktivitäten mit Gesundheitsorganisationen oder gegenüber bedürftigen Familien. Spring beleuchtet wichtige lokale Erfahrungen und setzt sich für eine bessere Kenntnis der EU und ihrer Maßnahmen, die Förderung der europäischen Bürgerschaft und der Freiwilligenarbeit sowie die Schaffung von Netzwerken zwischen Partnerkommunen ein. Das Projekt wird im Rahmen des Programms „Citizen4EU“ eng durch die Europäische Union begleitet.

Sieben europäische Städte und der Gemeinde-Verbund ANCI der italienischen Region Piemont arbeiteten im Rahmen des Projekts zusammen. Insgesamt 22 Delegierte der teilnehmenden Kommunalverwaltungen trafen sich anlässlich der siebten Arbeitstagung in Bad Mergentheim im Main-Tauber-Kreis. Nach der Begrüßung durch Oberbürgermeister Udo Glatthaar im Kursaal hörten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Impuls- und Fachvorträge, die die Bedeutung, den Nutzen und die Grenzen der Zusammenarbeit mit europäischen Partnern behandelten. Landrat Christoph Schauder sprach aus Sicht der Kreisebene über die Vorteile von Partnerschaften und Begegnungen auf europäischer Ebene. Neben dem dadurch wachsenden Verständnis für andere Kulturen seien etwa die Schulpartnerschaften im Main-Tauber-Kreis wertvoll für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, aber auch gewinnbringend für Lehrkräfte. Prof. Dr. Wolfgang Reinhart richtete als Vizepräsident des Landtags das Wort an die Teilnehmenden und zeigte die Hauptaktivitäten der baden-württembergischen Landesregierung im Kontext europäischer Partnerschaften auf. Im weiteren Verlauf der Workshops wurde die Bedeutung internationaler Meetings als Arbeitstreffen intensiv diskutiert. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer tauschten sich über bewährte Konzepte aus und besprachen bisher erarbeitete Zwischenergebnisse. Das Besuchsprogramm der internationalen Gäste in Bad Mergentheim umfasste darüber hinaus eine Stadtführung und den Besuch der Dualen Hochschule am Campus Bad Mergentheim im Residenzschlosses.

Die Initiative zu einer Spring-Bewerbung ging von der norditalienischen Stadt Borgomanero aus, die als Basis ihre seit langem in einem Dreierverbund organisierten Partnerstädte Bad Mergentheim und Digne-les-Bains (Frankreich) dafür gewinnen konnte. Es wurden mit den Städten Quart de Poblet (Spanien), Obshtina Aksakovo (Bulgarien), Gmina Ziebice (Polen) und Opshtina Stip (Nordmazedonien) sowie dem Gemeinde-Verbund ANCI der italienischen Region Piemont weitere Projektpartner gefunden. Dank dieser internationalen Streuung und des brisanten, aktuellen Themas erhielt der Verbund den angestrebten Zuschlag. Das abschließende Treffen des Spring-Projektes fand im Frühjahr 2023 in Turin statt.

Marcel Stephan leitet das Amt für Wirtschaft und Klimaschutz im Landratsamt Main-Tauber-Kreis
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