Landrat Stefan Bär äußerte sich hierzu: „In einem Festakt wollen wir für diese 50 Jahre Landkreis in der heutigen Form Bilanz ziehen. Die Kreisverwaltung und Einrichtungen des Landkreises präsentieren sich den Bürgerinnen und Bürgern zudem mit einem Tag der offenen Tür in und um das Landratsamt. Insgesamt fünf Grenzwanderungen des Kreisarchivs entlang der heutigen Kreisgrenze und zwei Radtouren der Donaubergland Tourismus GmbH quer durch die alten und neuen Kreisteile laden dazu ein, den Landkreis zu erkunden, seine historischen und landschaftlichen Sehenswürdigkeiten und Besonderheiten zu entdecken und damit auch den Landkreis im buchstäblichen Sinne erfahrbar zu machen.“
Ebenfalls aus dem feierlichen Anlass heraus hat sich das Kreisarchiv und Kulturamt Tuttlingen dazu entschlossen, eine besondere Jubiläumsausstellung zu initiieren. Denn was liegt näher als der Gedanke, diese Zeitspanne als eine Zeitreise durch die Ereignisse darzustellen, die unseren Landkreis formten und prägten? 50 Jahre, das ist nicht nur ein goldenes Jubiläum, sondern auch ein besonderes. In diesem Zeitrahmen passierte doch so einiges, an das die Bürgerinnen und Bürger heute vielfach schon gar nicht mehr denken.
Zu Beginn des Projektes stand die große Aufgabe der Recherche. Zum Glück sind Archivare aber Detektivarbeit gewöhnt und so standen schon bald 50 Ereignisse fest – für jedes Jahr des neuen Landkreises eines – mit denen wir uns näher befassen wollten. An sich war diese Recherche aber gar nicht so einfach. Denn mit 35 Kreisgemeinden gibt es pro Jahr dutzende besondere Ereignisse aus den verschiedensten Themenbereichen, wie Politik, Wirtschaft, Kultur, Sport oder Vereinswesen, und so bestand die Aufgabe auch darin, diejenigen auszusuchen, die auf den gesamten Landkreis den größten Einfluss hatten. Zusätzlich war es uns ebenso ein Anliegen, dass alle Teilräume des Landkreises einmal zur Sprache kommen. Quellen für die Recherche stellten unter anderem die Tuttlinger Heimatblätter mit der Landkreischronik, die Zeitungsausschnittsammlung und weitere Sammlungsbestände dar. Und wir waren selbst ein bisschen überrascht, wie viel sich in einem Landkreis in 50 Jahren verändern kann und was alles so passiert ist. Denn an der Weltgeschichte gemessen, hören sich fünfzig Jahre erst einmal gar nicht so lange an. Es sei an dieser Stelle nicht zu viel verraten, aber unter anderem wurde der Kreuzstraßentunnel in Tuttlingen gebaut, „Sturm Lothar“ fegte über das Land, das Donauhochwasser überflutete weite Teile des Landkreises und mehre Landratswechsel fanden statt.
Unsere nächsten Überlegungen beschäftigten sich damit, wie wir diese Ereignisse dem Ausstellungsbesucher auf möglichst spannende und didaktisch vielfältige Art und Weise präsentieren könnten. Es bietet sich hier an, neben den klassischen Ausstellungstafeln auch mit einer großen Bandbreite von Exponaten zu arbeiten, die thematisch zu den Ereignissen passen und von Bedeutung für diese sind: von Fotos und Plakaten über dreidimensionale Gegenstände wie Meisterpokal und Olympia-Medaillen bis zu Hörstationen mit Interviews und Tonaufzeichnungen sowie Filmen. Somit wird nicht nur der optische, sondern auch der akustische und haptische Sinn angesprochen – der Ausstellungsbesuch wird zu einem Erlebnis für (fast) alle Sinne. Lassen Sie uns hier einige Beispiele nennen: Neben den klassischen Fotografien ist zum Beispiel ein Plakat zu finden – Hände weg von Wurmlingen – ein anschauliches Relikt aus der Zeit der Gemeindereform in den 70er Jahren. Und wer hat nicht schon vom Southside-Festival gehört? Dieses fand im Jahr 2000 das erste Mal statt. Wir versprechen auch, den Ausstellungsbesucher vor matschigen Gummistiefeln und Dixi-Toiletten zu verschonen. 1991 wird der frühere Spaichinger Bürgermeister Erwin Teufel zum baden-württembergischen Ministerpräsidenten gewählt. Wahlergebnisse und Plakate erinnern an dieses Ereignis. Im Jahr 2015 wird der überregional bekannte Bundeswehrstandort in Immendingen endgültig aufgelöst, nachdem davor schon die französischen Truppen abgezogen wurden. Nun brausen auf dem Gelände Testwagen von Daimler über den Asphalt – eine Collage aus Fotografien und Karten erinnert daran. Ein besonderes Highlight bilden sicher die Video-Fundstücke, die wir in den Archiven des SWR entdeckten. Hier kommt die schicke 80er-Jahre-Mode und schließlich die große Eröffnung des Freilichtmuseums Neuhausen ob Eck anno 1988 nicht zu kurz. Der Bildbetrachter wird bei diesen Aufnahmen staunen. Und schlussendlich wollen wir auch die Bürger zu Wort kommen lassen – so berichten sie in Interviews von ihren Erfahrungen mit der Flüchtlingskrise im Jahre 2016.
Wir laden den Ausstellungsbesucher dazu ein, in die jüngste Vergangenheit einzutauchen und damit auch einen Teil seiner eigenen Geschichte wiederzuentdecken. Denn da es sich um eine Zusammenfassung der letzten 50 Jahre handelt, findet sich jeder darin wieder. So erinnerten sich in unserem Team fast alle Kollegen daran, wie sie den großen Hagelsturm in der Gegend um Trossingen erlebten oder wann sie das erste Mal die schwarze Rutsche im Tuttlinger Freizeit- und Thermalbad Tuass hinunterrutschten. Und selbst die jüngsten Teammitglieder wussten noch, wie die ersten „fridays for future“-Demonstrationen durch die Stadt zogen.
Um den Besuchern die Möglichkeit zu geben, auch weiterführende Informationen zu den einzelnen Ausstellungsstücken und somit Ereignissen zu erhalten, findet sich zu jedem Exponat eine speziell angefertigte Informationstafel. Diese ist aber absichtlich kurz und prägnant gehalten, sodass sie die eigentlichen Hauptakteure – die Exponate – nicht erschlagen.
Die Jubiläumsausstellung wird im Foyer des Landratsamtes im Bestandsgebäude A in der Bahnhofstraße 100 in Tuttlingen vom 28. September bis zum 17. November 2023 präsentiert. Sie ist den Bürgern zu den Öffnungszeiten des Landratsamtes jederzeit zugänglich und der Besuch ist kostenfrei. Ebenso ist eine Führung durch die Ausstellung geplant, bei der der Besucher zusätzlich wissenswerte Informationen zur Konzeption der Ausstellung erhält. Die Führung findet am 12. Oktober 2023 statt.