Begräbnis und Einäscherung des gewünschten Namens

Wie der Landkreis Schwäbisch Hall zu seinem Namen kam

Der verregnete und bewölkte Dezember 1972 sorgte im beschaulichen Ilshofen für hitzige Debatten über den zukünftigen Namen unseres Landkreises.
Matthias Röth · Landkreis Schwäbisch Hall · 27. Februar 2023
Der neue Landkreis baut: Rohbau des neuen Landratsamts in Schwäbisch Hall, 1979
Der neue Landkreis baut: Rohbau des neuen Landratsamts in Schwäbisch Hall, 1979
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Am 13. Dezember 1972 gab Amtsverweser Dr. Roland Biser in einer nichtöffentlichen Sitzung des vorläufigen Kreistags die Empfehlung bekannt, dem Landkreis den landschaftsbezogenen Namen Kocher-Jagst-Kreis zu geben.

Biser begründete die Empfehlung mit der Annahme, dass der landschaftsbezogene Name Kocher-Jagst-Kreis ein Zusammenwachsen des neuen Kreises erleichtern würde und zu keinen Komplikationen mit den Räumen des Landes führe[1]. Damit folgte er dem Beschluss des vorläufigen Verwaltungsausschusses vom 7. Dezember 1972. Da die Landesregierung grundsätzlich den Namen der Kreisstadt als für den Landkreisnamen maßgeblich definiert hatte, drehte sich die Debatte um die Möglichkeit, den Namen mit Zustimmung der Landesregierung zu ändern. Würde von dieser Möglichkeit kein Gebrauch gemacht, so bekäme der Landkreis den Namen der Kreisstadt. Die Kreisverordneten hatten also die Wahl zwischen Kocher-Jagst-Kreis und Landkreis Schwäbisch Hall.

Dr. Roland Biser - Landrat des Altlandkreises Schwäbisch Hall von 1961-1972. Ab 1973 Amtsverweser, dann bis 1987 Landrat des Landkreises Schwäbisch Hall.
Dr. Roland Biser - Landrat des Altlandkreises Schwäbisch Hall von 1961-1972. Ab 1973 Amtsverweser, dann bis 1987 Landrat des Landkreises Schwäbisch Hall.
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Der landschaftsbezogene Name Kocher-Jagst-Kreis fand vor allem bei den aus dem Altlandkreis Crailsheim stammenden Kreisverordneten und, zu allem Erstaunen, bei den Jugendlichen großen Anklang. So hatte sich beispielsweise der Kreisjugendring Schwäbisch Hall in seiner konstituierenden Sitzung mehrheitlich für den landschaftsbezogenen Namen und damit für eine Änderung des Landkreisnamens ausgesprochen. Die Kreisverordneten aus dem Altlandkreis Schwäbisch Hall und dem Limpurger Land waren dem Kocher-Jagst-Vorschlag gegenüber grundsätzlich nicht abgeneigt, sahen aber im Namen Schwäbisch Hall entscheidende Vorteile im Hinblick auf den hohen überregionalen Bekanntheitsgrad, nicht zuletzt durch die gleichnamige Bausparkasse, plädierten also gegen eine Änderung des Landkreisnamens. Einige hielten die Debatte und eine Entscheidung für oder gegen einen der beiden Namen für unausgereift und sprachen sich dafür aus, die Bevölkerung mit der Angelegenheit nicht zu überrumpeln, die Frage des Namens auszudiskutieren und in der Bevölkerung zur Reife kommen zu lassen.[2] Ein kleiner Teil der Kreisverordneten wollte, da der 1.Januar 1973 unmittelbar bevor stand, zu einer schnellen Entscheidung kommen. Auf eine schnelle Entscheidung drängten sie auch wegen der Beschriftung der Kennzeichen, obwohl der Beschluss darüber nicht vom Kreistag, sondern vom Bonner Verkehrsministerium getroffen wurde. Und am Rhein wollte man, unabhängig von einer möglichen Namensänderung, beim „SHA“ bleiben. Zunächst setzten sich jene durch, die nicht auf eine schnelle Entscheidung pochten. Mit 30 Ja-Stimmen, 26 Nein-Stimmen und einer Enthaltung vertagte man die Entscheidung und wies sie damit dem neuen Verwaltungsausschuss, dem Schul- und Sozialausschuss und dem neuen Kreistag zu.

Prämiert und ins historische Stadtbild integriert – Das neue Landratsamt im Jahr 1980
Prämiert und ins historische Stadtbild integriert – Das neue Landratsamt im Jahr 1980
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Der 1.1.1973 kam und eine Entscheidung über den Landkreisnamen ließ auf sich warten. Erst im Herbst 1973 kam das Thema wieder bei einer öffentlichen Sitzung des Kreistages in Crailsheim auf die Tagesordnung. Inzwischen hatte man auch Stellungnahmen der Baden-Württembergischen Archivdirektion und der Stadtarchivare von Crailsheim und Schwäbisch Hall eingeholt. Die Archivdirektion konstatierte im Januar 1973, dass aus historischer Sicht eine gleichwertige Alternative zum Namen Schwäbisch Hall nicht vorhanden sei. Kreativere Namensvorschläge kamen nur vom Crailsheimer Stadtarchivar. Die Bandbreite seiner Vorschläge reichte vom Ost-Franken-Kreis bis zum Doppelnamen. Der Haller Stadtarchivar hingegen lehnte in seiner Stellungnahme die Kocher-Jagst-Version ab und plädierte für den Namen Schwäbisch Hall, der seiner Ansicht nach gut sei und für Qualität bürge. Auf Antrag des Vorsitzenden kam es nun zur endgültigen Entscheidung. Mit fünf Gegenstimmen und einer Enthaltung sprach sich der Kreistag gegen eine Änderung des Kreisnamens aus. Damit wurde der Name Schwäbisch Hall für unseren Landkreis zementiert.

KrA Schwäbisch Hall, Kreistagsprotokolle, 21.9.1972-16.1.1973 und Band I, 22. 5.1973 – 16.12.1975.


[1] Amtsverweser Dr. Biser in einer Kreistagssitzung am 13.12.1972 in Ilshofen; KrA Schwäbisch Hall, Kreistagsprotokoll vom 13.12.1972, S. 101.

[2] Kreisverordneter Dr. Spöhr in einer Kreistagssitzung am 13.12.1972 in Ilshofen; KrA Schwäbisch Hall, Kreistagsprotokoll vom 13.12.1972, S. 102.

Matthias Röth ist Kreisarchivar im Landratsamt Schwäbisch HAll
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