Ein Erfolgsmodell seit über 20 Jahren

Der RufBus im Landkreis Schwäbisch Hall

Seit über 20 Jahren verfügt der Landkreis Schwäbisch Hall mit "RufBus" über ein flexibles ÖPNV-Konzept, welches die bestehenden Linienangebote im ländlichen Raum ergänzt. Durch das Konzept kann die Mobilität auch in den ländlichen Gebieten aufrechterhalten werden, ohne dass Personen auf den Individualverkehr angewiesen sind.
Ingrid Kühnel · Landkreis Schwäbisch Hall · 15. Dezember 2023
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Der RufBus ist ein flexibles Bedienungskonzept innerhalb des ÖPNV im Landkreis Schwäbisch Hall. Er ist eine Ergänzung des bestehenden Linienangebotes für den ländlichen Raum, dessen Nachfrage nach ÖPNV-Leistungen räumlich und zeitlich stark differiert.

„RufBus ist ein wichtiger Schritt, um die Attraktivität des öffentlichen Nahverkehrs zu steigern. Durch das Konzept kann die Mobilität auch in den ländlichen Gebieten aufrechterhalten werden, ohne dass Personen auf den Individualverkehr angewiesen sind,“ so Landrat Gerhard Bauer.

Das RufBus-System wurde im November 2001 zunächst für die Gebiete des nördlichen Landkreises Schwäbisch Hall unter Beteiligung der dortigen Gemeinden und des Landkreises entwickelt und im Oktober 2004 auf den gesamten Landkreis ausgeweitet. Die Linienführung orientiert sich an den bestehenden Hauptlinien im Busverkehr. Es kommt der RegioTarif zur Anwendung. Lediglich für Spätfahrten ab 22 Uhr wird ein Zuschlag pro Person und Fahrt erhoben. Es gibt einen festen Fahrplan, wobei die Bedienung der Haltestellen nur bei Bedarf (Anmeldung bis eine Stunde vor Fahrtbeginn) erfolgt.

Die Fahrten werden fast ausschließlich durch Taxiunternehmen als Subunternehmer der Konzessionäre durchgeführt. Vereinzelt kommen Fahrzeuge der Verkehrsunternehmen bei einzelnen Kursen im Bereich zum Einsatz. Lediglich bei Gruppenanmeldungen (in der Regel ab 15 – 20 Fahrgästen) fahren die Verkehrsunternehmen RufBus-Fahrten noch selbst.

Im Rahmen eines Förderprojektes des Landes Baden-Württemberg wird seit Mitte 2022 der Einsatz von Handys mit CheckIn-BeOut im RufBus-Bereich erprobt, um hier neben dem Verkauf von Fahrscheinen über den DB-Navigator ein neues bargeldloses Bezahlen anbieten zu können.

Für die Erstellung des Fahrplanangebots gelten folgende Grundlagen:

  • Erschließung von Teilorten ab 200 Einwohnern hin zu den Hauptgemeinden und Mittelzentren mit dem Ziel einer ausreichenden Grundversorgung (entsprechend dem Nahverkehrsplan).
  • Ausrichtung der RufBus-Linien am bestehenden Linienangebot, möglichst optimale Anschlüsse in den Knotenpunkten von und zu den Zügen sowie zu bestehenden Busverbindungen im Linienverkehr.
  • Fahrmöglichkeiten bis ca. 20 Uhr ab/zu den Mittelzentren (Montag bis Freitag), sowie samstags eine Verbindung im Spätnachmittagsbereich und sonntags 3 Fahrtenpaare.
  • Dazu Spätverbindungen am Freitag und Samstag ab den Mittelzentren (Schwäbisch Hall, Crailsheim und Gaildorf) nochmals in alle Gemeinden und Teilgemeinden.

Disposition

Die Anmeldung und Disposition der RufBus-Fahrten wurden ursprünglich vom Kreisverkehr und einem Verkehrsunternehmen durchgeführt. Die Anmeldungen wurden in einer speziell entwickelten Anmeldungsdatenbank registriert, die auch als Grundlage für die monatliche Abrechnung diente.

Im Jahr 2013 wurde die RufBus-Zentrale und die Disposition an das Call-Center OWL MobilBeratung in Detmold ausgelagert. Der KreisVerkehr und die einzelnen Dienstleister greifen über das Internet jeweils mit gesonderten Zugangsdaten auf die für sie im Programm freigegebenen Daten und Fahraufträge zu. Zusätzlich wurde ein weiteres Tool entwickelt, über das die Anbindung an das Programm taxi.de direkt auf die Fahrzeuge erfolgt.

Die Annahme der Fahrten erfolgt dabei in der Regel über Internet oder Smartphone/Tablet. Die Übermittlung der Fahraufträge ist aber auch wie bisher über Telefon und Fax möglich.

Die Anruf-Bereitschaft ist werktäglich von 9:00 bis 18:00 Uhr, an Sonn- und Feiertagen von 12:00 bis 18:00 Uhr gewährleistet.

Nutzung

Monatlich nutzten vor der Angebotsausweitung im April 2022 ca. 1.000 Fahrgäste den RufBus. Regelmäßige Nutzerinnen und Nutzer sind ebenso vertreten wie Gelegenheitsnutzer. Erfreulich ist die hohe Nachfrage an Sonn- und Feiertagen im Freizeitverkehr, welche über die Jahre stetig stieg. Bei der Betrachtung der genutzten Fahrausweise ist der Anteil an Fahrten mit SchülerNetzTicket bzw. Schülermonatskarte mit 37 % am höchsten. Insgesamt beträgt der Anteil an Zeitfahrausweisen (Schüler, Abos, Monatskarten) 50 %. Der hohe Anteil an bar zahlenden Kunden lässt erkennen, dass der RufBus auch intensiv von Gelegenheitsfahrern genutzt wird. Erfreulich ist der stete Anstieg der Wochenendfahrten im Ausflugsverkehr vor allem an Sonntagen. Rund die Hälfte der Fahrgäste fahren am Wochenende bzw. an Feiertagen. Die Nutzung der Spätverbindungen (23 Uhr-Fahrten) liegt bei rund einem Viertel. Die Anzahl der beförderten Fahrgäste mit Schwerbehindertenausweis nimmt stetig zu.

Die Ausgangsüberlegung, durch den RufBus Bedienungslücken zu schließen und damit den ÖPNV als Gesamtangebot aus regulärem Linienverkehr und den bedarfsgerechten Verkehren zu konzipieren, erweist sich damit als richtiger Weg, um mehr Kunden für den öffentlichen Personennahverkehr zu gewinnen.

Finanzierung

Die Finanzierung erfolgt über den Landkreis, Verkehrsunternehmen und Fahrgeldeinnahmen.

Die Aufteilung der Kosten bzw. die Vergütung der Verkehrsunternehmer für die Fahrleistungen ist in einer „Vereinbarung über die Durchführung des RufBus-Verkehrs“ geregelt. Neben der Vergütung der Besetzt-Kilometer legt die Vereinbarung eine prozentuale Beteiligung der Verkehrsunternehmer an den Kosten je Linie fest. Die Einnahmen nach RegioTarif, die auf den RufBus-Linien getätigt werden, werden den Kosten gegengerechnet.

Kosten

Die Fahrleistung der im Fahrplan angebotenen Fahrten aller RufBus-Linien beträgt bis 2022 378.500 km/Jahr. Dieser Maximalwert würde dann erreicht, wenn alle angebotenen Fahrten von der Start- bis zur Endhaltestelle mit allen Unterwegshalten in Anspruch genommen würden.

Tatsächlich angefordert wurden Fahrten mit rund 90.000 km (Besetztkilometer). Die Inanspruchnahme beträgt damit rund ein Viertel der verfügbaren Beförderungskapazitäten. Der Anteil der Leerfahrten beträgt rund 50 %.

Die Kosten werden durch die Fahrgeldeinnahmen und Kostenanteile des Landkreises und der Verkehrsunternehmen gedeckt. Im Anteil des Landkreises sind die Kosten der Spätverbindungen, die zu 100 % übernommen werden, enthalten.

Fazit

Die Entscheidung für den RufBus zur Ergänzung des bestehenden Verkehrsangebotes hat sich als richtig erwiesen. Mit dem RufBus wurde ein dauerhaftes, verlässliches und zudem effizientes ÖPNV-Angebot für den Landkreis etabliert. Mit Blick auf die demografische Entwicklung kommt dem RufBus zur Erhaltung einer Grundmobilität eine besondere Bedeutung zu.

Nachfolgende Aussagen begründen diese positive Bewertung:

  • Die Nachfrage zeigt, dass Verkehrsbedürfnisse bestehen.
  • Für Menschen ohne Pkw-Verfügbarkeit besteht ein zusätzliches Mobilitätsangebot.
  • Die Schiene wird durch das Angebot gestärkt, da der RufBus in den Schwachlastzeiten Zu- und Abbringerfunktion übernimmt.
  • Berufstätige und Auszubildende haben mit dem Ergänzungsangebot spätere Rückfahrtmöglichkeiten.
  • Durch das Marketing für den RufBus wird gleichzeitig auf den bereits bestehenden ÖPNV aufmerksam gemacht.
  • Gerade bei der Zielgruppe der Jugendlichen zeigt sich, dass der ÖPNV mit einem erweiterten Angebot durchaus eine Alternative zum Individualverkehr sein kann.
  • Es wird ein Beitrag zur Verkehrssicherheit geleistet.
  • Einem flächendeckenden ÖPNV (auch in den Schwachlastzeiten) ist es langfristig möglich, Jugendliche auch nach dem 18. Lebensjahr als Kunden zu erhalten.
  • Der Kundenbindung im ÖPNV kommt eine große Bedeutung zu. Ein Teil der Kundenbindung ist das Angebot RufBus.
  • Touristische Ziele werden mit dem RufBus auch an den Wochenenden erschlossen und sind durch die Anbindung an die Schiene überregional erreichbar.
  • Die Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger in Bezug auf einen gut funktionierenden ÖPNV, auch am Abend und an den Wochenenden, und auch in ländlichen Regionen, werden steigen.

Und neu seit 1.4.2022

Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse wurde vom Kreistag beschlossen, das RufBus-Angebot auf allen 19 Linien weiter auszubauen. Zum 1.4.2022 wurde das Fahrplan-Angebot von Montag bis Freitag durch einen 1-Stunden-Takt bis 22 Uhr aufgestockt. Am Wochenende und an Feiertagen kommt ein 2-Stunden-Takt von 7 bis 22 Uhr hinzu.

Das Fahrplanangebot wurde somit auf fast 2 Millionen km ausgebaut.

Am bewährten RufBus-System mit festen Haltestellen sowie an der Buchungszentrale mit telefonischer und App-Buchung wurde weiter festgehalten, ebenso an der Bedienung mit Taxis.

Es erfolgte eine Ausweitung der Buchungszeiten (7 bis 22 Uhr).

Der Zuschlag von 1 Euro für Verbindungen nach 22 Uhr wurde abgeschafft, so dass in jedem Fall nur noch der Verbundtarif gilt, der zum gleichen Zeitpunkt durch eine Wabentarifreduzierung erheblich abgesenkt wurde.

Eine weitere Ergänzung des differenzierten Angebots erfolgte durch weitere zusätzliche, stündliche RufBus-Verbindungen von Montag bis Freitag zunächst im Bereich südlich der Stadt Crailsheim. Die Fahrten, die von 8 bis 24 Uhr angeboten werden, dienen der Anbindung an den Bahnknoten in Crailsheim. Inzwischen nutzen über 120.000 Fahrgäste jährlich den RufBus.

Bereits seit September 2020 wurden zwei zusätzliche Regiobus-Linien von Gerabronn nach Crailsheim und aus dem Bühlertal nach Schwäbisch Hall-Hessental eingeführt. Diese fahren an allen Tagen von 5 bis 24 Uhr.

Der Ausbau des RufBus-Angebotes wird, ebenso wie die Einführung der Regiobus-Linien, durch das Land Baden-Württemberg gefördert und ergänzt das gut ausgebaute Fahrplanangebot im Linienverkehr des Landkreises Schwäbisch Hall.

Ingrid Kühnel ist Geschäftsführerin der Kreisverkehr Schwäbisch Hall GmbH
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