Der ÖPNV der Zukunft ist leise, emissionsfrei und verlässlich. Besonders in ländlichen Gebieten ist die Schiene oft keine Option. Wer das Angebot ausbauen will, muss auf den Linienbusverkehr setzen. Nachhaltig wird dieser vor allem durch die Umstellung auf E-Mobilität. Der Landkreis Karlsruhe hat beschlossen, diesem Wandel vorzubauen und Busunternehmen dabei zu unterstützen, ihren Kernaufgaben nachzukommen. Daher baut der Landkreis eine eigene Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge auf, die von den für den Linienverkehr beauftragten Unternehmen genutzt werden kann.
Ein erster zentraler Standort mit Ladeinfrastruktur ist vom Landkreis Karlsruhe in Ettlingen bereits eingerichtet. Von dort aus sind im naheliegenden Linienbündel Ettlingen I sowie Pfinztal/Albtal zehn Elektrobusse im Linienverkehr unterwegs. Der Landkreis strebt an, weitere Ladeinfrastrukturen zu errichten und diesen den Verkehrsunternehmen kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass auch kleinere und mittelständische Unternehmen im Ausschreibungsverfahren für Linienbündel eine Chance erhalten. Denn der Einsatz von E-Fahrzeugen ist inzwischen Pflicht.
Der Einsatz von fünf Elektrobussen ist verpflichtend
Im Mai 2019 entschied der Kreistag, im ÖPNV schrittweise auf Elektroantrieb umzusteigen. Der Beschluss fiel damit noch vor der Änderung der Clean Vehicles Directive. In den darauffolgenden beiden Ausschreibungen für Busverkehrsleistungen wurde der Einsatz von jeweils fünf Elektrobussen vorgeschrieben. Da in Busflotten der meisten Unternehmen bisher aber keine solche Fahrzeuge vorhanden waren und bereits lange Lieferzeiten hierfür bestanden, wurde diesen mehr Zeit eingeräumt und der Einsatz erst ab dem zweiten Betriebsjahr verpflichtend festgelegt.
Mit Forderung der Elektrobusse wurde auch die Frage der elektrischen Aufladung aufgeworfen. Die notwendige Infrastruktur führt zu langfristigen Investitionen mit hohen Kosten und viel Verwaltungsaufwand. Das sollte nicht zum Hindernis werden – vor allem für kleinere Verkehrsunternehmen, die sich gegenüber großen Verkehrsbetrieben behaupten müssen. Der Zeitraum, der für Verkehrsunternehmen nötig wäre, um nach Beauftragung eine eigene Ladeinfrastruktur zu errichten und die Kosten dafür abzuschreiben, ist schlicht zu knapp. Von einem besseren Wettbewerb und nachhaltig aufgebauter Infrastruktur profitiert letztlich auf das Angebot des ÖPNV.
Der Landkreis gibt Starthilfe
Man hätte sich auf den Standpunkt stellen können, dass die Ladeinfrastruktur Sache der Unternehmen ist – schließlich werden azcg keine Tankstellen für Diesel-Fahrzeuge bereitgestellt. Bei dieser neuen Anforderung stand für den Landkreis jedoch im Mittelpunkt, dass auf die Ausschreibungen Busunternehmen auch reagieren und den Auftrag tatsächlich erfüllen können. Denn nur so kann der Umstieg auf E-Mobilität und die Stärkung des ÖPNV vorangehen. Die sowieso schon hohen Ansprüche, die Ausschreibungen mit sich bringen, sind durch die Forderung nach Elektrobussen noch komplexer geworden.
Standardmäßig werden im Landkreis bereits seit mehreren Jahren beispielsweise zusätzlich On-Demand-Leistungen ausgeschrieben, die die Verkehrsunternehmen fordern. Dass sich der Landkreis also einbringt und die Rahmenbedingungen erleichtert, vergrößert am Ende die Chance, dass der technologische Umstieg auch wie gewünscht gelingt. Den Strom für die Ladestation müssen die Verkehrsunternehmen jedoch selbst regeln: Dieser muss zu 100 Prozent aus regenerativen Energien stammen.
Für zehn Busse braucht es 1.800 Quadratmeter
Für die Infrastruktur muss der Landkreis bestimmte Vorgaben erfüllen. Allein die Suche nach einem geeigneten Grundstück führt zu Herausforderungen. Eine zentrale Lage zu den Linienbündeln und damit kurze Anfahrtswege für die Elektrobusse sind wichtig. Eine ausreichende Größe zum Abstellen und Rangieren kommt hinzu – für zehn Busse sind das etwa 1.800 Quadratmeter. Technische Vorraussetzungen, wie zum Beispiel ein Mittelspannungs- und ein Löschwasseranschluss sind unabdingbar. Für den ersten Standort konnte der Landkreis schließlich das ehemalige Firmengelände der Albtal-Verkehrs-Gesellschaft am Bahnhof Ettlingen West anmieten.
Der Betrieb läuft seit zwei Jahren
Als der Landkreis den Aufbau der Ladeinfrastruktur startete, war er Pionier. Dennoch gelang das Vorhaben mit Gesamtkosten von circa 1,1 Millionen Euro. Das Land Baden-Württemberg förderte das Projekt zu 70 Prozent. Auf dem Gelände stehen eine Trafostation mit einer Leistung von 1.000 Kilovoltampere, sechs Schnelladestationen mit einer Leistung von jeweils 180 Kilowatt, vier Doppelladesäulen und zwei Einzelladesäule. Je Busunternehmen stehen fünf Ladepunkte für die jeweils fünf E-Busse zur Verfügung. Eine Vollladung der Busse ist in 4,5 Stunden möglich. Anfänglich traten noch technische Schwierigkeiten bei der Verbindung der Ladesäule mit den Elektrobussen auf. Diese wurden aber durch gezielte Verbesserungsmaßnahmen behoben. Der Lade- und Fahrbetrieb verläuft seit nunmehr fast zwei Jahren weitgehend problemlos.
Emissionsfreier Busverkehr bringt Vorteile
Das Verkehrsunternehmen Friedrich Müller Omnibusunternehmen GmbH nutzt den Standort in Ettlingen und betreibt von dort seit Ende des Jahres 2021 fünf Elektrobusse. Der Fahrbetrieb mit den E-Bussen steht dem der Dieselbusse in Nichts nach. Viel eher können die Fahrgäste Vorteile der emissionsfreien Beförderung direkt wahrnehmen: Der Geräuschpegel im und um das Fahrzeug ist deutlich reduziert. Davon profitieren nicht nur die Kundinnen und Kunden im Bus oder das Fahrpersonal, sondern auch Anwohnerinnen und Anwohner viel befahrener Strecken. Die Reichweite der E-Fahrzeuge hat sich für die Umläufe als ausreichend erwiesen. Durch Zwischenladen als Teil der Betriebsabläufe wird garantiert, dass auch an Tagen mit extremen Temperaturen genug Leistung vorhanden ist.
E-Mobilität ist eine Chance für den ÖPNV
„Die Umstellung auf E-Mobilität nimmt der Landkreis Karlsruhe als Chance wahr, den ÖPNV zukunftsfähig und attraktiv zu gestalten. Je besser und angenehmer Angebote von Fahrgästen empfunden werden, desto größer ist deren Akzeptanz und somit auch die Nutzung“, fasst Landrat Dr. Christoph Schnaudigel zusammen. Denn um die Mobilitätswende im ländlichen Raum ohne Schieneninfrastruktur zu schaffen, braucht es genau das: Klimaneutrale Busverkehre, entlastete Busunternehmen, die mit den freigewordenen Kapazitäten das Angebot sicherstellen können, und zufriedene Fahrgäste.