On-Demand-Busverkehre im Alb-Donau-Kreis

Mit ADKflex auch ohne Auto garantiert mobil

Der Alb-Donau-Kreis liegt im Süden von Baden-Württemberg und grenzt an die Stadt Ulm an. Mit insgesamt 55 Gemeinden ist der Kreis vor allem ländlich geprägt. Dabei ist der Südwesten des Alb-Donau-Kreises mit 136 Einwohnern je km² sehr dünn besiedelt. Um auch in diesem Teil des Kreisgebietes die Mobilität weiter zu verbessern, startete zum 1. Juli 2022 das Modellprojekt „ADKflex“. Es sichert allen Orten mit mehr als 100 Einwohnern eine stündliche Anbindung über On-Demand-Busverkehre von frühmorgens bis Mitternacht.
Daniela Baumann , Dr. Kathrin Schmidtke · Alb-Donau-Kreis · 15. Dezember 2023
Horst Bottenschein, dessen Busunternehmen unter anderem die ADKflex-Rufbusse fährt, und Dr. Kathrin Schmidtke, Leiterin des Fachdienstes Verkehr und Mobilität im Landratsamt, stellen die neue Beklebung der Busse vor.
Horst Bottenschein, dessen Busunternehmen unter anderem die ADKflex-Rufbusse fährt, und Dr. Kathrin Schmidtke, Leiterin des Fachdienstes Verkehr und Mobilität im Landratsamt, stellen die neue Beklebung der Busse vor.
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Mit der U-Bahn, dem Lastenrad oder einem Sharing-Roller zum Einkaufen oder zur Arbeit: Bewohner größerer Städte haben mehrere Möglichkeiten, um auch ohne eigenes Auto ihren Alltag zu bewältigen. Im Alb-Donau-Kreis hat sich das ÖPNV-Angebot, insbesondere mit der Inbetriebnahme des Bahnhofes „Merklingen – Schwäbische Alb“ am 11. Dezember 2022, einer der modernsten Regionalbahnhöfe Deutschlands, stark verbessert. Die Verbesserungen sind jedoch nicht allein durch die neue Zuganbindung, sondern auch durch einen massiven Ausbau des Buslinienverkehrs, den der Alb-Donau-Kreis leistet, entstanden. Es wurde ein neues Verkehrskonzept mit insgesamt 16 neuen Buslinien entwickelt, das verlässliche Verbindungen zum Bahnhof Merklingen sowie zu den Bahnhöfen in Bad Urach, Geislingen, Münsingen, Blaubeuren, Schelklingen und Herrlingen herstellt. Dadurch entsteht unter der Woche flächendeckend ein weitgehender Stundentakt. Am Bahnhof Merklingen werden täglich alle Zugabfahrten bzw. -ankünfte zwischen fünf und 24 Uhr angebunden. Zwei neue Regiobuslinien ergänzen das ÖPNV-Angebot rund um den Bahnhof Merklingen. Damit bestehen für den Nord-Westen des Alb-Donau-Kreises bereits attraktive ÖPNV-Angebote, mit welchen regionale und überregionale Ziele auch ohne Auto erreicht werden können.

Anfang Juni weihte Verkehrsminister Winfried Hermann zusammen mit Landrat Heiner Scheffold und dem Laichinger Bürgermeister Klaus Kaufmann die beiden Regiobuslinien am Merklinger Bahnhof offiziell ein.
Anfang Juni weihte Verkehrsminister Winfried Hermann zusammen mit Landrat Heiner Scheffold und dem Laichinger Bürgermeister Klaus Kaufmann die beiden Regiobuslinien am Merklinger Bahnhof offiziell ein.
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Anders stellte sich die Situation im dünnbesiedelten Raum dar: Die Region im Alb-Donau-Kreis rund um Ehingen, Munderkingen, Schelklingen und Allmendingen ist geprägt durch viele kleine Gemeinden. Während Ehingen mit rund 27.300 Einwohnerinnen und Einwohner die größte Stadt im Alb-Donau-Kreis ist, zählen die Gemeinden Emeringen mit 168 Einwohner und Unterwachingen mit 198 Bürgerinnen und Bürger zu den kleinsten Kommunen in Baden-Württemberg. Die landschaftlich schön gelegene Gegend im Donautal und den Flusstälern von Lauter und Schmiech ist ideal zum Wandern oder Fahrradfahren.

Doch wer in dieser Region kein Auto besitzt oder fahren kann, der hat es schwer. In vielen Haushalten gibt es zwei oder mehr angemeldete Fahrzeuge. Auch die Menschen auf dem Land wollen mobil sein, um ihre Lebensbedürfnisse zu erfüllen und suchen sich das Verkehrsmittel aus, welches diese Bedürfnisse am einfachsten befriedigt. Das Auto ist unkompliziert, es steht vor der Haustür oder in der Garage. Und diese Unkompliziertheit hat der ÖPNV auf dem Land oftmals nicht. Genau hier setzt das Angebot des Modellprojekts „ADKflex“ an. Mit dem „ADKflex“ kann man auch ohne Auto die Natur entdecken, zur Arbeit pendeln oder zum Einkaufen fahren. Das innovative Rufbussystem schafft in den bislang unterversorgten, sehr ländlich geprägten Teilen des Kreises ein attraktives ÖPNV-Angebot. Das Modellprojekt ist auf acht Jahre angelegt und soll Lücken im bisherigen Angebot schließen, den Nahverkehr verdichten und die Fahrtmöglichkeiten in der breiten Fläche nachhaltig erhöhen.

Die flexiblen Bedienformen sind dabei in den Verbund integriert, das heißt in den DING-Fahrplan, die Fahrplanauskunft, die Tarife und die Buchung. Im Unterschied zum Linienbus steuert der Rufbus nur die Haltestellen an, für die sich jemand angemeldet hat – bei Bedarf allerdings auch solche, die normalerweise nicht abgedeckt werden. Dafür wurden im Gebiet des „ADKflex“ 28 zusätzliche Haltestellen verkehrsrechtlich angeordnet, sodass der Zugang zu diesen Mobilitätsangeboten in allen Orten auf einen Fußweg von weniger als 250 m verkürzt wird. Diese sehr kürzeren Wege erhöhen die Attraktivität der Nutzung des neuen ÖPNV-Angebots erheblich und leisten einen wichtigen Beitrag dazu, dass der „ADKflex“ eine echte Alternative zum PKW vor der Haustüre wird. Selbst in kleinen Ortschaften kann jede Haltestelle, die sonst gar nicht angefahren werden würde, mit aufgenommen werden und den Bedarf bedienen. Der Fahrgast muss hierzu seinen Fahrtwunsch spätestens eine Stunde vor der gewünschten Abfahrt telefonisch oder online über die App oder die Homepage des DING-Verbundes anmelden. Bei Bedarf kann ein Fahrschein auch im Bus erworben werden. Damit sind die Angebote des „ADKflex“ nicht nur für Pendlerinnen und Pendler, sondern auch für Urlauber attraktiv.

Mit "ADKflex" gut erreichbar: Das auch bei Touristen beliebte malerische Dörfchen Rechtenstein
Mit "ADKflex" gut erreichbar: Das auch bei Touristen beliebte malerische Dörfchen Rechtenstein
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Mit Elektrofahrzeugen mit acht Fahrgastsitzplätzen bringt der Alb-Donau-Kreis ein flexibles Angebot in die breite – vor allen Dingen dünnbesiedelte – Fläche, mit dem sich deutlich mehr Menschen für den ÖPNV gewinnen lassen. Das Modellprojekt sichert an allen Orten mit mehr als 100 Einwohnerinnen und Einwohnern eine stündliche Anbindung über On-Demand-Busverkehre an Werktagen in der Zeit von sechs bis 23 Uhr, an Samstagen von sechs bis 24 Uhr sowie sonntags von sieben bis 24 Uhr. Dazu werden alle Fahrtwünsche in drei Richtungsbändern gebündelt, die auf die zentralen Orte Ehingen und Munderkingen und deren Bahnhöfe ausgerichtet sind. Das ermöglicht im Bedienungsbereich einerseits ein Angebot für Verbindungen zwischen den kleinen, ländlichen Teilorten, die sonst nicht bzw. nur mit erheblich längeren Fahrtzeiten und mehreren Umstiegen erreicht werden könnten. Andererseits können auch größere Städte und Gemeinden wie Ehingen und Munderkingen erreicht werden, um dort beispielsweise Einkäufe zu erledigen. Dies ist ein wichtiger Beitrag zur Daseinsvorsorge im ländlichen Raum. Darüber hinaus wird mit dem Rufbussystem auch eine Anbindung der kleinen Gemeinden an die umliegenden Bahnhöfe sichergestellt, die eine Weiterfahrt mit dem Nah- und Fernverkehr gewährleisten, sodass beispielsweise Städte wie Ulm oder Stuttgart erreicht werden können. Somit ermöglicht der „ADKflex“ beispielsweise Reiseketten mit dem ÖPNV zwischen den kleinsten Gemeinden Baden-Württembergs und der Landeshauptstadt Stuttgart. Damit sind alle Bürgerinnen und Bürger im ländlichen Raum auch ohne Auto permanent und überregional mobil.

Die sechs "ADKflex"-Linien sind auf die Bahnhöfe Ehingen und Munderkingen ausgerichtet.
Die sechs "ADKflex"-Linien sind auf die Bahnhöfe Ehingen und Munderkingen ausgerichtet.

Gleichzeitig leistet der Einsatz von elektrisch betriebenen Kleinbussen einen Beitrag zur Emissionsreduktion. Um den Fahrzeugeinsatz optimal zu gestalten, fasst eine Software die Fahrtwünsche der Gäste zusammen und legt die Routen individuell fest, um kosteneffizient und umweltfreundlich zu sein. Damit soll der Spagat zwischen verlässlicher Mobilität in allen Teilen des Kreisgebietes und der dauerhaften Finanzierbarkeit dieses Systems gelingen. Die Kosten für diese innovativen Nahverkehrskonzepte sind allerdings nicht unerheblich. Für den Projektzeitraum von acht Jahren werden Gesamtkosten von rund 4,5 Millionen Euro erwartet, wobei das Land Baden-Württemberg das Modellprojekt mit ca. 900.000 Euro bezuschusst. Durch diese erheblichen Investitionen entspricht die ÖPNV-Bedienung durch den „ADKflex“ selbst in der dünnbesiedelten Fläche bereits jetzt der im Koalitionsvertrag der baden-württembergischen Landesregierung formulierten Mobilitätsgarantie. Ein attraktives, gutes ÖPNV-Angebot an Busverkehren gehört zu den zentralen Zielen der Kreispolitik, um überall im Kreis die gleichen guten Lebensverhältnisse zu schaffen. Dafür wurde in den vergangenen Jahren seitens des Landratsamtes viel Geld investiert. Doch dies ist notwendig, um den Alb-Donau-Kreis in allen Regionen zu einem attraktiven und lebenswerten Kreis zu machen.

Gutes spricht sich herum – aber bis sich das Angebot in den Köpfen der Kundinnen und Kunden verankert hat, dauert es eine Weile und die Aufgabenträger brauchen einen langen Atem. Wichtig ist daher vor allem eine gute Informationskampagne, um einerseits das Angebot bekannt zu machen, andererseits aber auch Unsicherheiten in Bezug auf die Buchung und Nutzung des Systems zu reduzieren. Gerade das Erfordernis der vorherigen Bestellung, die Andersartigkeit des Fahrplanes und die Bedienung der Haltestellen führt vor allem bei älteren Menschen zu Hemmnissen. Umso mehr ist daher eine zielgruppenorientierte Marketingstrategie notwendig.  

Die Erhebung der Fahrgastzahlen zeigt eine steigende Nachfrage. Das Rufbusprojekt „ADKflex“ wird bei Einheimischen, aber auch Urlaubsgästen immer bekannter. Die Buchungszahlen zeigen nahezu eine Verdoppelung der Fahrgastzahlen binnen eines Jahres. Die stärkste Nachfrage ist dabei samstags und sonntags zu verzeichnen, da in diesen Zeiten oftmals keine Linienverkehre angeboten werden. Zudem ist die größte Auslastung in den Abendstunden zwischen 19 Uhr und 23 Uhr zu verzeichnen. Die Zahlen zeigen deutlich, dass der „ADKflex“ seiner Rolle als Ergänzung der Regional- und Linienbusse gerecht werden kann. Das neue Mobilitätsangebot wird für verschiedene Zwecke genutzt, darunter Arbeitswege und Versorgungsfahrten, aber vor allem in der Freizeit.

Damit das Projekte kein Selbstzweck bleibt, wird es im Hinblick auf die Übertragbarkeit auf andere Verkehrsräume evaluiert. Bei einer weiterhin positiven Resonanz wird das Angebot nicht nur beibehalten, sondern auf andere Teile des Kreises ausgeweitet werden. Da Fahrtwünsche der Gäste individuell in kleineren Fahrzeugen gebündelt und Fahrtwege im Einzelfall festgelegt werden können, besteht die Möglichkeit gerade außerhalb der Hauptverkehrszeit Linienbusse einzusparen und durch emissionsfreie Kleinbusse zu ersetzen. Damit gewinnt nicht nur die Bevölkerung im ländlichen Raum ein flächendeckendes Mobilitätsangebot, sondern es können auch Kosten für den Kreishaushalt eingespart werden. Zudem ist dies in Anbetracht des Fahrpersonalmangels auch für die Verkehrsunternehmen attraktiv. Und zuletzt profitiert die Umwelt von emissionsfreien, ausgelasteten Kleinbussen, anstelle von leeren Dieselbussen.

Daniela Baumann ist Referentin für Öffentlichkeitsarbeit im Landratsamt Alb-Donau-Kreis , Dr. Kathrin Schmidtke ist Fachdienstleiterin Verkehr und Mobilität im Landratsamt Alb-Donau-Kreis
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