Aktive Suche statt Abwarten

Der Öffentliche Dienst behauptet sich im Wettkampf der Arbeitgeber durch seine Vielfalt und seine Nähe zu gesellschaftlichen Entwicklungen

Mit einer digitalisierten und optimierten Arbeitsumgebung sowie durch neue Kontaktwege zur Rekrutierung gewinnt das Landrastamt langfristig neues Personal. Dieses wird durch verschiedene Programme individuell gestärkt.
Ulrich Max · Landkreis Karlsruhe · 07. Juli 2023
Im Verwaltungsausschuss stellt das Personal- und Organisationsamt jährlich die neuesten Entwicklungen vor.
Im Verwaltungsausschuss stellt das Personal- und Organisationsamt jährlich die neuesten Entwicklungen vor.
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Die Jahre, in denen ein Arbeitgeber sich Personal aus einem großen Bewerberfeld aussuchen können und dieses auch noch über lange Zeit hinweg bleibt, sind vorbei. Die Arbeitswelt wandelt sich - nicht erst seit den Anpassungen in der Corona-Pandemie. Eine neue Generation an Nachwuchskräften, digitale Innovationen, veränderte Standards und viele gesellschaftliche Entwicklungen verstärken die vielschichtigen Anforderungen an uns als Arbeitgeber. Immer weniger Personal, mit immer unterschiedlicherer Qualifikation bei ständig steigenden Aufgaben erfordern innovative Lösungsansätze. Daher wird unsere Personalstrategie im Landratsamt Karlsruhe immer wieder hinterfragt, angepasst und zum Teil höchst individuell ausgerichtet.

 

Öffentlicher Dienst konkurriert mit freier Wirtschaft

Aktuell arbeiten im Landratsamt Karlsruhe 2.274 Mitarbeitende, davon rund 90 Auszubildende und Studierende. In 23 Fachämtern finden sich die unterschiedlichsten Berufe – das ist eine unserer großen Stärken als Landratsamt. Denn damit sind wir so vielfältig aufgestellt wie sonst wenige Unternehmen.

Die öffentliche Verwaltung konkurriert gleichzeitig aber mehr denn je mit der freien Wirtschaft. Das wird gerade beim direkten Wettbewerb um Arbeitskräfte deutlich. Unsere Verhandlungsposition hat beispielsweise durch die Tarifbindung und die Richtlinien im öffentlichen Dienst ihre Grenzen. Umso wichtiger ist es, die Vorteile im öffentlichen Dienst offenzulegen, sie aktiv anzubieten und die Chancen für jede einzelne Bewerberin und jeden Bewerber herausstellen. Dass im Frühjahr 2023 im Streit um die Tariferhöhung der Angestellten eine Lösung gefunden wurde, ist auch für die Personalämter eine wichtige Botschaft. Denn Lohnvorstellungen sind besonders in Zeiten der Inflation und vielschichtiger Belastungen der Menschen eine häufige Entscheidungsgrundlage, wenn es um die Wahl des Arbeitsplatzes geht.

 

Eigenes Personal ist Werbung für den Arbeitgeber

Wir legen großen Wert darauf, dass die Werbung für das Landratsamt als Arbeitgeber bereits im Inneren der Verwaltung beginnt. Unsere bestehenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterstützen uns aktiv dabei, die Botschaft zu vorbereiten: Öffentlicher Dienst ist attraktiv. Sie tragen ihre Erfahrungen in den Freundes- und Bekanntenkreis. Daher konzentrieren wir uns gleichermaßen auf die Optimierung unserer Prozesse, um auch die Arbeitswelt des bestehenden Personals stetig zu verbessern.

Wir beobachten, dass dieses oftmals selbst ein großes Interesse daran hat, neue Kolleginnen und Kollegen zu rekrutieren. Während die Bewerberzahlen immer mehr sinken, steigen die Aufgaben, die auf die öffentliche Verwaltung abgeladen werden. Eine nachhaltige Personalstrategie spielt daher für die Leistungsfähigkeit eine tragende Rolle. Um die Entwicklung stetig im Blick zu haben und transparent zu kommunizieren, fertigt das Personal- und Organisationsamt jedes Jahr seinen Personal- und Organisationsbericht. Diese wichtige Auswertung zum Status Quo der Beschäftigten-Anzahl, den Zukunftsaufgaben durch sich verändernde Altersstrukturen sowie zur internen und externen Fluktuation ist ein regelmäßiger Wegweiser. Die Vorstellung vor dem Verwaltungsausschuss macht deutlich: Personal ist politisch und hat immer mehr Einfluss auf eine Behörde.

 

Die gesellschaftlichen Entwicklungen erhalten Einzug

Unsere Rolle als Arbeitgeber beschäftigt das Landratsamt auch außerhalb des zuständigen Amtes. Landrat Dr. Christoph Schnaudigel betonte bei der diesjährigen Vorstellung unseres Berichts: „Die Brisanz wird daran deutlich, dass die Landkreisverwaltung in den nächsten fünf Jahren absehbar rund 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verlassen werden. Da auf übergeordneter Ebene keine erkennbaren Fortschritte hinsichtlich einer Entbürokratisierung sichtbar werden, gilt es, diese Fachleute zu ersetzen, wofür erhebliche Anstrengungen unternommen werden müssen.“

Die Veränderungen in der Arbeitswelt fordern demnach ein hohes Maß an Flexibilität und Anpassungsfähigkeit – nicht nur von den Arbeitnehmerinnen und -nehmern, sondern auch von uns als Arbeitgeber. Mit strukturellen Änderungen und optimierten Prozessen haben wir bereits mehr Effizienz und Effektivität erreicht und Behördenvorgänge auch noch besser am Kunden orientiert. Da Personal nur begrenzt zur Verfügung steht, gilt es zukünftig, sich auf die Kernaufgaben zu konzentrieren und alle Bereiche einer Aufgabenkritik zu unterziehen.

Das Digitalisierungscenter ist der nächste Schritt, um den Arbeitsalltag noch flexibler zu gestalten.
Das Digitalisierungscenter ist der nächste Schritt, um den Arbeitsalltag noch flexibler zu gestalten.
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Der Arbeitsalltag wird digital und damit flexibel

Der Berufsalltag – auch in der Verwaltungsarbeit – wird immer mehr von elektronischen Arbeitsabläufen geprägt. Arbeitsplätze sind damit immer weniger ortsabhängig. Im Landratsamt Karlsruhe wurden bereits viele notwendige technische und organisatorische Rahmenbedingungen geschaffen, um ein möglichst flexibles Arbeitsumfeld für alle Mitarbeitenden zu ermöglichen. Dabei arbeiten das Personal- und Organisationsamt sowie die Informationstechnik eng zusammen und binden alle Beteiligten in die Prozesse ein. Die Möglichkeit für Home-Office gehört an den meisten Stellen zum neuen Standard. Es wurde unter anderem auch ein Mitarbeitenden-Self-Service geschaffen. Parallel dazu wurde aus dem gleichen Gedanken heraus der Bürgerservice immer mehr digitalisiert. Flexibel und ortsunabhängig. Die Umsetzung wird derzeit durch die Umzüge vieler Mitarbeitenden in Interimsstandorte im Rahmen des geplanten Landratsamt-Neubauprojekts und die damit einhergehende neue Arbeitsumgebung verstärkt. Ideen zur künftigen modernen Arbeitswelt fließen bereits heute in die Planung des Neubaus ein. Die Veränderungsprozesse gelingen jedoch nur gemeinsam mit den Mitarbeitenden. Daher wurde ein Begleitprozess konzipiert, der diese auf dem Weg unterstützt und sie nicht mit den Entwicklungen alleine lässt.

 

Das Landratsamt Karlsruhe fördert Nachwuchskräfte

Dass wir als Arbeitgeber unser Personal an die Hand nehmen und auf ihrem beruflichen Weg unterstützen, gehört für das Landratsamt Karlsruhe zum Selbstverständnis. So setzen wir bei der Personalentwicklung und -gewinnung auf bewährte etablierte Programme und Instrumente und entwickeln gleichzeitig neue bedarfsorientierte Angebote. Das zählen Talentprogramme und die Nachwuchsführungskräftequalifizierung: In diesem kommen jeweils auf zwei Jahre angelegt 16 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusammen, die gemeinsam auf persönlicher sowie beruflicher Ebene weitergebildet und auf Führungspositionen vorbereitet werden. Damit signalisieren wir, dass wir Karrieremöglichkeiten schaffen und fördern.

Junge Talente langfristig im Landratsamt zu etablieren, ist ein großer Erfolgsfaktor für unsere Leistungsfähigkeit in der Zukunft. Mit ihren Ideen und dank des Austausches helfen sie uns zeitgleich dabei, uns der Lebensrealität und den Wünschen an die moderne Arbeitswelt einer neuen Generation anzupassen. Über solche Programme erhalten wir aber auch wertvolle Rückmeldungen, die unsere Stärken und Schwächen als Arbeitgeber reflektieren. Mit der wiederholten Zertifizierung zum Beispiel durch das Audit „berufundfamilie“ werden wir zusätzlich auf unserem Weg bestärkt. Durch eine stetige Evaluation baut das Personalmanagement das Konzept fortwährend aus.

Das Landratsamt Karlsruhe sucht in den sozialen Medien nach neuen Arbeitskräften.
Das Landratsamt Karlsruhe sucht in den sozialen Medien nach neuen Arbeitskräften.
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Präsenz in den sozialen Medien hilft bei der aktiven Suche

Daneben ist es aber genauso wichtig, die digitalen Wege zu nutzen, um mit neuem Personal in Verbindung zu treten: Das Landratsamt setzt immer stärker auf aktives Recruiting, um potentielle Kandidatinnen und Kandidaten zu gewinnen und auf das Landratsamt als attraktiven Arbeitgeber aufmerksam zu machen. Dazu dienen verschiedenen Kanälen, zum Beispiel der Instagram-Kanal @karrierelandratsamt.ka oder die Stellenbewerbungen auf der Plattform LinkedIn. Wer gesehen werden will, muss auch sichtbar sein. Die sozialen Medien bieten dazu Chancen, um Aufmerksamkeit für offene Stellen zu erzeugen und den Arbeitgeber zugleich als solchen optimal zu präsentieren. Durch das Akquirieren qualifizierter Bewerberinnen und Bewerber in einen Talentpool besetzen wir außerdem Stellen aus anderen Bewerbungsverfahren erfolgreich mit geeignetem Personal.

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Der Arbeitgeber der Zukunft balanciert individuelle Anforderungen

Die öffentliche Verwaltung muss in der Personalgewinnung an mehreren Strängen gleichzeitig ziehen und viele Anforderungen erfüllen, die zum Teil nur schwer übereinzubringen sind: Karrierechancen treffen auf den Wunsch nach großer Flexibilität. Die Vereinbarkeit von Privatem und Beruflichen steht der enormen Anzahl an Aufgaben gegenüber. Bildungsmöglichkeiten, Jobsicherheit und Freiheiten im Arbeitsalltag bilden weitere individuelle Faktoren. Personalgewinnung steht also im Wandel der Zeit. Als moderner Arbeitgeber jonglieren wir die Bedürfnisse des Personals, technische und gesellschaftliche Fortschritte und Kernaufgaben einer öffentlichen Verwaltung.

Ulrich Max leitet das Personal- und Organisationsamt im Landratsamt Karlsruhe
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