Was auf den ersten Blick nach einer ordentlichen Frauenquote aussieht, ist dann doch eher ernüchternd: Denn von den 53 Mitgliedern im Kreistag des Landkreises Emmendingen beträgt der Frauenanteil gerade einmal 19 Prozent. Etwas besser sieht es in den Rathäusern der 24 Städte und Gemeinden aus, dort liegt der Frauenanteil in den kommunalpolitischen Gremien immerhin schon bei 30 Prozent. Dabei machen auch im Landkreis Emmendingen mit seinen 172.000 Menschen die Mädchen und Frauen etwas mehr als die Hälfte der Bevölkerung aus. Diese Parität spiegelt sich jedoch nicht in der Repräsentanz von Frauen in politischen Ämtern wider.
Um dies zu ändern, hat das Landratsamt Emmendingen schon im Vorjahr der Kommunalwahl 2024 einen erneuten Anlauf gestartet, mehr Frauen für eine Kandidatur in den Gemeinderat oder Kreistag zu gewinnen. „Fit für die Kommunalwahl 2024“ war der Titel einer Veranstaltungsreihe, die schon im Frühjahr 2023 startete, und von der Gleichstellungsbeauftragten Yvonne Baum in Kooperation mit Kommunalpolitikerinnen vor Ort sowie den Landfrauen organisiert wurde. Sie richtete sich speziell an kommunalpolitisch interessierte Frauen. Sie sollten – anders als bei ähnlichen Aktionen vor früheren Kommunalwahlen – nicht mehr zu zentralen Veranstaltungen in den Kreisstadt Emmendingen fahren, stattdessen waren kleinere und andere Formate – wie die Methode des „Worldcafès“ – in verschiedenen Gemeinden über den Landkreis verteilt vorgesehen. Das sollte die Wege kurzhalten und das Interesse am Austausch anregen. Das Kalkül dabei: Wenn Frauen wissen, dass bekannte Kommunalpolitikerinnen aus dem eigenen Wohnort oder der Nachbargemeinde kommen, sinkt vielleicht die Hemmschwelle, zu einer solchen Veranstaltung zu gehen.
Auch wenn im heißen Sommer 2023 die Resonanz auf die angebotenen Veranstaltungen und Gesprächsangebote unterschiedlich ausfielen, konnte die Gleichstellungsbeauftragte ein positives Fazit ziehen. „Die Frauen waren sich einig, dass eine Vernetzung unter den Frauen und ein regelmäßiger Austausch untereinander sowohl im Amt als auch bei der Kandidatur unterstützend wirken und bestärken“.
Portraits von Kommunalpolitikerinnen und Online-Vortragsreihe
Um in diesem Sinne mehr Frauen zu erreichen, werden auf der Website des Landratsamtes und auf dessen Instagram-Account weibliche Kommunalpolitikerinnen porträtiert. Sie erläutern in ihren Porträts Beweggründe, warum sie gerne in der Kommunalpolitik mitmischen, aber auch, was ihnen dabei schwerfällt.
Im Herbst 2023 folgte eine dreiteilige Online-Vortragsreihe als gemeinsame Veranstaltung mit den Gleichstellungsbeauftragten aus den Nachbarlandkreisen Breisgau-Hochschwarzwald und Ortenau (Heike Gutmann und Carina Klemm) unter dem Titel „Frauen Macht Politik“. Dabei konnten sich die Teilnehmerinnen u.a. mit zentralen Fragen rund um das Thema Kandidatur für die anstehenden Kommunalwahlen informieren: Welche Kompetenzen braucht es für das Amt einer Kommunalpolitikerin? Welche Rechte, Pflichten und Gestaltungsspielräume haben Frauen in den Gremien? Welches Organisationsgeschick ist erforderlich und wie können Energiereserven genutzt und wieder aufgetankt werden?
Sowohl bei den persönlichen Gesprächen als auch in den virtuellen Foren zeigte sich, dass Frauen im Hinblick auf eine Kandidatur einerseits immer wieder die gleichen, andererseits jedoch auch ganz persönliche und individuelle Fragestellungen beschäftigen. Die Gleichstellungsbeauftragte nahm dies zum Anlass, um gemeinsam mit der Presse- und Europastelle des Landratsamts eine Broschüre unter dem programmatischen Titel „Fit für die Kommunalwahl 2024“ zu erstellen.
Broschüre zur Kommunalwahl 2024
Alte „Häsinnen und Hasen“ kennen sich in der Kommunalpolitik natürlich aus, aber viele, auch jüngere, Menschen, haben häufig viele und ähnliche Fragen. Wie lange geht eine Amtszeit? Welche Aufgaben haben der Kreistag und der Gemeinderat? Wer darf wählen und ab welchem Alter? Gibt es Geld für die Tätigkeit? Antworten auf diese und weitere Fragen stehen in der 20-seitigen Broschüre „Fit für die Kommunalwahl 2024“.
In seinem Vorwort schreibt der Emmendinger Landrat Hanno Hurth: „Mit dieser Informationsbroschüre möchte das Landratsamt Emmendingen über das Thema Kommunalwahl informieren und die wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger zu einer Kandidatur anregen. Wir hoffen insbesondere, dass sich mehr Frauen bewerben und auch ins kommunalpolitische Amt kommen“.
Yvonne Baum, die nach ihrer Amtszeit als Gleichstellungsbeauftragte von 2017 bis 2023 zum Jahresanfang eine andere Tätigkeit im Landratsamt übernommen hat, berichtet aus ihren Erfahrungen. „Die besten Chancen, Frauen für Kommunalpolitik zu gewinnen, bringt die persönliche Ansprache“. Die Broschüre soll dabei unterstützen. So wurde das Heftchen inzwischen auch von mehreren Fraktionsvorsitzenden beim Landratsamt geordert, die gerade dabei sind, Frauen und Männer zu einer Kandidatur am 9. Juni 2024 zu bewegen.
Ob und wie sich die Kampagne für die Kommunalwahl im Landkreis Emmendingen ausgewirkt hat, kann die neue Gleichstellungsbeauftragte Karin Schuster dann in den Tagen nach dem 9. Juni 2024 ablesen, wenn die Ergebnisse für den Kreistag und die Gemeinderäte feststehen.
Im Vorfeld der Wahl für mehr Frauen in den Gremien einsetzten
Für den Landkreis Emmendingen ist es bereits die vierte Kommunalwahl, bei der man sich bewusst im Vorfeld für mehr Frauen in den Gremien einsetzt: 2008 diskutierten namhafte Politikerin aus dem Landtag unter anderem mit der Offenburger Oberbürgermeisterin Edith Schreiner über Kommunalpolitik. Vor der Kommunalwahl 2014 moderierte eine SWR-Sprecherin eine Gesprächsrunde mit fünf Frauen aus Kreistag und Gemeinderat über ihre persönlichen Erfahrungen in den meist von Männern dominierten Runden. Zur Kommunalwahl 2019 startete der Landkreis eine Veranstaltungsreihe „„Frauen machen Kommunalpolitik“ mit sechs Vorträgen, Workshops und dem Besuch einer Gemeinderatssitzung, die als praktisches Beispiel aus dem kommunalpolitischen Alltag entsprechend vor- und nachbereitet wurde.
Die Entwicklungsprozesse in der Gesellschaft gehen mit einem steten Wandel einher. Gesellschaft im Wandel bedeutet auch ein Wandel in der Politik. Und hierzu gehört – nicht nur aus Sicht des Landkreises Emmendingen – auch ein Wandel in der Zusammensetzung der politischen Gremien. Nicht zuletzt hängt dieser vor allem von der Bereitschaft der Bevölkerung ab, sich zu engagieren und für ein Amt zu kandidieren. Es hängt aber insbesondere auch davon ab, dass sich möglichst viele an der Wahl beteiligen, ein entsprechendes Votum abgeben bzw. das Kreuz an entsprechender Stelle setzen und dabei die Vielfalt der Bevölkerung im Blick haben.
Kommunalwahl im Landkreis Emmendingen am 9. Juni 2024 - Daten, Fakten und Impulse
• Informationen rund um das Thema Kommunalwahl
• Anregung der wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger
zu einer möglichen Kandidatur
• Ziel: mehr Bewerbungen von Frauen für ein kommunalpolitisches Amt
Zur Broschüre "Fit für die Kommunalwahl"