Ein „zukunftsfester“ Arbeitgeber

Arbeitszeitmodelle, Personalentwicklung, Benefits: Wie das Landratsamt Fachkräfte gewinnen und binden will

Der Zollernalbkreis gehört in Sachen Zukunftsfestigkeit zu den Gewinnern unter den Landkreisen in Deutschland und punktet in den Bereichen Demografie, Arbeitsmarkt und Innovation. Dies belegen aktuelle Rankings.
Sabine Geiser · Zollernalbkreis · 07. Juli 2023
Die Auszubildenden erhalten alle ein Notebook, um mobil arbeiten zu können.
Die Auszubildenden erhalten alle ein Notebook, um mobil arbeiten zu können.
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Doch Argumente wie eine zukunftsfeste Region mit hoher Lebensqualität oder die Sicherheit einer Arbeitsstelle im öffentlichen Dienst reichen heute nicht mehr aus, um Fachkräfte in den Zollernalbkreis zu locken oder qualifiziertes Personal an das Landratsamt Zollernalbkreis zu binden.

Die Erwartungen der Menschen an die Leistungsfähigkeit der Kommunalverwaltungen sind so hoch wie nie. Dies zeigt sich mehr denn je im Zusammenhang mit den seit Monaten andauernden Krisen. Gleichzeitig ist das Leistungsniveau durch den zunehmenden Fachkräftemangel, die demografische Entwicklung und den verschärften Wettbewerb um qualifiziertes Personal massiv bedroht. Im Kampf um dringend benötigte Fachkräfte ziehen öffentliche Verwaltungen in Konkurrenz mit der Wirtschaft häufig den Kürzeren.

Die Personalstatistik des Landratsamtes Zollernalbkreis (aktuell 938 Mitarbeitende) unterstreicht die dramatische Entwicklung: Während 2019 rund 50 Stellen extern besetzt werden mussten, erfolgten 2022 alarmierende 111 öffentliche Stellenausschreibungen. Davon blieben einige mehrfach erfolglos. Über 50 Mitarbeitende haben in 2022 den Arbeitgeber bzw. den Dienstherren gewechselt, mit 23 trat eine relativ große Zahl in den Ruhestand ein. Bereits jetzt ist absehbar, dass sich diese besorgniserregende Entwicklung im laufenden Jahr fortsetzt. Darüber hinaus zwingt das Wissen, dass in den kommenden zehn Jahren über 180 Mitarbeitende das Rentenalter erreichen, die Verantwortlichen vor Ort zum Handeln.

Ergänzend zu den dringend notwendigen politischen und tariflichen Weichenstellungen zur Stärkung der Attraktivität des öffentlichen Dienstes, wie sie unter anderem der Landkreistag fordert, unternimmt der Zollernalbkreis innerhalb seines Handlungsspielraums vielfältige Anstrengungen, um als Arbeitgeber attraktiv zu bleiben und moderne, zeitgemäße Arbeitsbedingungen zu bieten.

 

Flexible und lebensphasengerechte Arbeitszeitmodelle

Dazu gehören flexible, lebensphasengerechte Arbeitszeitmodelle, die große Relevanz für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und für die individuelle Work-Life-Balance haben. Flexible Arbeitszeiten bedeutet im Zollernalbkreis nicht nur die Möglichkeit, in Teilzeit zu arbeiten oder einen großzügigen Gleitzeitrahmen ohne Kernzeiten und mit der Option zusätzliche Gleitfreitage zu nutzen. Mitarbeitende können darüber hinaus individuelle Ansparmodelle für persönliche Auszeiten in Form von Sabbaticals oder Altersteilzeit in Anspruch nehmen.

Bereits 2015 wurde mit dem Programm „familienbewusst & demografieorientiert“ in Zusammenarbeit mit der Familien Forschung des Statistischen Landesamtes begonnen. Dabei handelt es sich um ein mehrstufiges Verfahren zur Organisationsentwicklung, mit dem Ziele und Maßnahmen zur zukunftsorientierten Personalpolitik entwickelt und umgesetzt werden.

Die Auszubildenden helfen mit: Bei der Betreuung der Kinder von Mitarbeitenden während der Ferienspiele
Die Auszubildenden helfen mit: Bei der Betreuung der Kinder von Mitarbeitenden während der Ferienspiele
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Um Familien bei der Kinderbetreuung in den Sommerferien zu unterstützen, werden für Kinder von Mitarbeitenden hausintern Ferienspiele organisiert und angeboten.

 

Attraktive Arbeitsformen durch Digitalisierung: Homeoffice und mobiles Arbeiten

Mit zunehmendem Wunsch nach Flexibilität und Vereinbarkeit von Familie und Beruf wachsen die Anforderungen an das mobile Arbeiten. Gleichzeitig trägt die Ausstattung eines Arbeitsplatzes wesentlich zu dessen Attraktivität bei. In den kommenden Jahren werden im Zollernalbkreis deshalb die meisten Endgeräte durch Notebooks ersetzt. Mit WLAN in nahezu allen Dienststellen, leistungsstarken Videokonferenzsystemen und der Einführung der eAkte werden die Voraussetzungen für mobiles Arbeiten im Büro, von zuhause oder von unterwegs geschaffen.

Die Digitalisierungsstrategie des Zollernalbkreises (www.zollernalbkreis.de/landratsamt/aemter++und+organisation/digitalisierung) hat als übergeordnetes Ziel, Arbeitsabläufe zu vereinfachen. Prozessoptimierung und entstehende Synergieeffekte motivieren die Mitarbeitenden dazu, aktiv bei der Umsetzung der Strategie mitzuwirken. Hierbei wird im Zollernalbkreis mit einer für die Verwaltung neuen Methode gearbeitet: OKR – Objectives and Key Results. Sie ermöglicht für komplexe Aufgaben eine agile Strategieumsetzung, bei der die Ziele quartalsweise geplant und umgesetzt werden. Die Erfolge, die pro Quartal messbar sind, steigern zusätzlich die Motivation aller Beteiligten.

 

Ausbildung und Personalentwicklung

Um langfristig Nachwuchskräfte zu gewinnen, setzt der Zollernalbkreis einen großen Schwerpunkt auf die eigene Ausbildung: Im praktischen Teil der Ausbildung wird auf ein ganzheitliches Ausbildungskonzept Wert gelegt. Dabei werden die Ausbildungsabschnitte in den Fachbereichen z. B. durch Einführungswochen für alle neuen Nachwuchskräfte oder fachübergreifende Azubiprojekte gewinnbringend ergänzt. Über das Ausbildungsmanagement-Programm Helix sind alle Ausbildungsverantwortlichen miteinander vernetzt. Mit Ausbildungsbeginn erhalten alle Azubis ein Notebook, um mobiles Arbeiten zu ermöglichen. Außerdem haben sie während der Ausbildung die Möglichkeit über das Erasmus+Programm ein Auslandspraktikum zu absolvieren.

Neben der praktischen Ausbildung sind beim Landratsamt die Bezirksschule Balingen des Gemeindetags und die Verwaltungsschule Zollernalbkreis angesiedelt. Dort werden der Abschlusslehrgang für Verwaltungsfachangestellte, der Weiterbildungslehrgang für Verwaltungsfachwirte, der Abschlusslehrgang für den mittleren Dienst und der Einführungslehrgang für den gehobenen Verwaltungsdienst angeboten. Die Lehrgangsteilnehmenden werden von qualifizierten Dozentinnen und Dozenten, größtenteils aus örtlichen Verwaltungen, unterrichtet. Dies stellt einerseits Praxisbezug sowie Aktualität der Ausbildungsinhalte sicher und trägt zur Verfügbarkeit von qualifizierten Nachwuchskräften bei.

Aufgrund des Personalmangels muss bereits heute zunehmend in die Qualifikation von Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern sowie in Fort- und Weiterbildung von Beschäftigten investiert werden.

 

Gesundheitsförderung und Mobilität

Gesundheitsmanagement trägt dazu bei, Leistungsfähigkeit zu erhalten und Krankheitszeiten zu reduzieren. Gleichzeitig wird das „Kümmern des Arbeitgebers um die Gesundheit“ von Mitarbeitenden in hohem Maße wertgeschätzt. Im Zollernalbkreis werden ein jährlicher Gesundheitstag (ein Art Hausmesse mit zahlreichen Informations- und Mitmachangeboten) organisiert, regelmäßig Gesundheitskurse angeboten und Aktionen (z. B. zur Grippeschutzimpfung oder Blutspende) durchgeführt. Auf ausdrücklichen Wunsch vieler Mitarbeitenden werden seit kurzem in Kooperation mit einem Anbieter für Firmenfitness Sport-, Fitness- und Gesundheitsangebote bezuschusst. Neu ist ebenfalls ein Angebot im Bereich der psychischen Gesundheit: Neben Supervision oder psychologischer Betreuung in akuten Krisensituationen steht Mitarbeitenden eine in Hospizarbeit geschulte Kollegin für Gespräche und Begleitung bei Todesfällen in der Familie zur Verfügung.

Der Zollernalbkreis hat sich die Förderung von ÖPNV und klimaneutraler Mobilität auf die Fahnen geschrieben. Mitarbeitende, die regelmäßig den ÖPNV nutzen, erhalten bisher bezuschusste Monatskarten im Verkehrsverbund naldo, zukünftig für das 49-Euro-Ticket. Mit „Jobrad“ kann ein bezuschusstes E-Bike-Leasing genutzt werden. Auch im Fuhrpark stehen Elektrofahrzeuge und Pedelecs für Dienstfahrten zur Verfügung. Um solche Maßnahmen weiter voran zu treiben, nimmt der Zollernalbkreis am Förderprogramm B2MM (Betriebliches und Behördliches Mobilitätsmanagement) des Ministeriums für Verkehr Baden-Württemberg teil. Dieses verfolgt das Ziel, die verkehrsbedingten Belastungen durch CO2-Emissionen, Feinstaub und Stickoxide durch die Förderung von Maßnahmen des Mobilitätsmanagements in Behörden und Unternehmen zu verringern.

„Last but not least“ kommt jedoch der Kommunikation und dem Aufbau eines Images als moderner, zukunftsfester Arbeitgeber bei der Gewinnung und Bildung von Personal eine zentrale Bedeutung zu. Wie für viele andere Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes liegt für den Zollernalbkreis eine der zukünftigen Herausforderung ganz besonders darin, die Vorteile der Arbeitsplätze öffentlichkeitswirksam zu kommunizieren - getreu dem geflügelten Wort: „Tue Gutes und rede darüber!“

Sabine Geiser arbeitet im Personalamt im Landratsamt Zollernalbkreis
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