Musterwohnung Landkreis Rottweil

Länger im eigenen Zuhause – dank Beratung und cleverer Lösungen

Möglichst lange im vertrauten Umfeld bleiben: Wer möchte das nicht? Die Musterwohnung im Landkreis Rottweil zeigt, wie das möglich werden kann. Denn körperliche Einschränkungen müssen kein Hindernis sein, selbständig zu leben.
Andrea Schmider · Landkreis Rottweil · 06. Oktober 2023
Carmen Kopf leitet die Beratungsstelle „Alter&Technik“ im Landkreis Rottweil. Sie zeigt in der Musterwohnung, wie die Anpassung des Wohnumfeldes dazu beitragen kann, länger im eigenen Zuhause zu bleiben – trotz altersbedingter Einschränkungen.
Carmen Kopf leitet die Beratungsstelle „Alter&Technik“ im Landkreis Rottweil. Sie zeigt in der Musterwohnung, wie die Anpassung des Wohnumfeldes dazu beitragen kann, länger im eigenen Zuhause zu bleiben – trotz altersbedingter Einschränkungen.
©

Carmen Kopf leitet im Landkreis Rottweil die Beratungsstelle Alter & Technik. Jeden Dienstag ist sie in der Parktorweg 1 in 78713 Schramberg vor Ort und macht interessierte Bürgerinnen und Bürger mit Hilfsangeboten und praktischen Alltagshelfern vertraut, die ein selbstbestimmtes Leben in der gewohnten Umgebung bis ins hohe Alter unterstützen können. Ein ganz wichtiger Punkt ihrer Tätigkeit ist dabei auch die Beratung.

Die Musterwohnung richtet sich an:

  • Menschen mit körperlichen Einschränkungen oder Demenz und deren Angehörige/Zugehörige
  • Senioren und Seniorengruppen
  • Alltagsbegleiter und ehrenamtlich Engagierte
  • Sozialisationen
  • Nachbarschaftshilfe
  • Pflege- und Betreuungskräfte
  • Schüler und deren Lehrer, etwa Kranken- und Altenpflegeschulen
  • Handwerker und Architekten
  • …und alle, die irgendwann alt werden.

Im Fußboden steckt High-Tech

„Der Star unserer Musterwohnung ist eindeutig der Fußboden“ sagt Carmen Kopf. Kein Wunder, denn die SensFloor ist ein dünnes Sensor-Underlay, welches ähnlich einer Trittschalldämmung unter dem normalen Fußbodenbelag verbaut wird und jede Bewegung registriert. „Bei Sturz gibt die Software sofort Alarm, die entsprechenden Kontaktpersonen werden umgehend informiert.“ Die Sensortechnik schafft echte Sicherheit: neben dem Sturzalarm in Echtzeit löst sie Alarm bei Demenzflucht aus oder steuert das Orientierungslicht für die Bewohner.

Darüber hinaus ermöglichen die von SensFloor gesammelten Daten die objektive Bewertung des Gesundheitszustandes. Wie ist das Schlafverhalten? Wie wirken die verschriebenen Medikamente? Isst die Person regelmäßig, bewegt sie sich genügend? In Abstimmung mit dem Bewohner können die Daten nahen Bezugspersonen oder Ärzten freigegeben werden.

Der Star der Musterwohnung ist der Boden. Das dünne Sensor-Underlay, das sie in der Hand hält, registriert jede Bewegung und löst bei Sturz sofort Alarm aus.
Der Star der Musterwohnung ist der Boden. Das dünne Sensor-Underlay, das sie in der Hand hält, registriert jede Bewegung und löst bei Sturz sofort Alarm aus.
©

Notruf zum Mitnehmen

Auch in Sachen Hausnotruf zeigt die Musterwohnung technische Weiterentwicklungen für mehr Sicherheit. Moderne Notrufuhren mit Sturzsensor nehmen im Notfall automatisch Kontakt zum Rettungsdienst auf. „Inzwischen gibt es auch einen mobilen Notruf, den ältere Menschen auf ihren Spaziergang oder zum Einkaufen mitnehmen können“ erläutert Carmen Kopf. Gerät der Senior oder die Seniorin in eine hilflose Lage, werden zuvor eigespeicherte Telefonnummern automatisch angerufen; dank der eingebauten Ortungsfunktion können Ersthelfer im Notfall schnell vor Ort sein.

In bestimmten Fällen lohnt es sich, die Haustechnik selbst zu verbessern. So erlauben Türsprechanlagen mit Videoüberwachung, sicheren Kontakt aufzunehmen, ohne die Haustüre öffnen zu müssen. Sie sind kompatibel mit Alarmanlagen und lebensrettenden Rauchmeldern. Die Alarmanlage kann von den Angehörigen oder den betreuenden Personen über eine App aus- und eingeschaltet werden kann. So gibt sie nicht nur Sicherheit, sondern schützt bei dementen Personen auch davor, dass die Bewohner unbemerkt das Haus verlassen.

 

Barrierefrei für mehr Lebenswert

Neben der hochmodernen Technik ist es vor allem die sogenannte „Barrierefreiheit“, die Seniorinnen und Senioren sowie körperbeeinträchtigten Menschen ein Leben im gewohnten Umfeld ermöglicht. „Bei diesem Begriff denkt jeder an die ebenerdige Dusche, aber es geht um viel mehr“ erklärt Carmen Kopf. Als Beispiel zeigt sie den Besuchern der Musterwohnung ein Bildschirmlesegerät, mit dem die tägliche Zeitungslektüre auch für Menschen mit eingeschränkter Sehfähigkeit wieder möglich wird.

Die erfahrene Beraterin hat auch für den Küchenbereich gute Tipps: „Körperbeeinträchtigte Menschen schaffen es oft nicht mehr, über längere Zeit zu stehen. Deshalb empfehle ich, einen Teil der Arbeitsplatte verstellbar zu gestalten, damit man sich zum Kartoffelschälen auch mal setzen kann."

Sollten die Senioren später einmal auf einen Rollstuhl angewiesen sein, leistet nicht nur die verstellbare Arbeitsplatte wertvolle Dienste, sondern auch der richtige Backofen. Mit der sogenannten Slide&Hide-Funktion lässt die Backofentür vollständig in ein Fach unter dem Backofen schieben. Das sorgt nicht nur für zusätzliche Sicherheit gegen Verbrennen, sondern schafft Platz. Kopf: „Dieser Backofen ist wirklich eine besondere Hilfe bei der Ausstattung einer barrierefreien oder rollstuhlgeeigneten Küche. Durch die voll versenkbare Tür ist es möglich, den Backofen ganz ohne Hindernis zu bedienen.“

Im Badezimmer der Musterwohnung zeigt Carmen Kopf clevere Lösungen – und erklärt, warum das richtige Licht und gute Kontraste von Wand zu Boden für mehr Sicherheit sorgen.
Im Badezimmer der Musterwohnung zeigt Carmen Kopf clevere Lösungen – und erklärt, warum das richtige Licht und gute Kontraste von Wand zu Boden für mehr Sicherheit sorgen.
©

Clevere Lösungen fürs Badezimmer

Der Beratungsschwerpunkt in der Musterwohnung liegt beim Bad – das Badezimmer stößt auf besonders großes Interesse bei den Besuchern. Neben den Klassikern wie einer bodenebenen Dusche oder einem Badewannenlift hält der Raum viele weitere clevere Lösungen bereit: die ausziehbare Armatur, die bequemes Haarewaschen auch am Waschbecken möglich macht, oder die Haltestange an der Duschwand, die Sicherheit vermittelt. Eine schattenfreie Beleuchtung und eine deutliche optische Abgrenzung zwischen Boden und Wand helfen, Stürze oder Unsicherheiten zu verhindern.

„Der Grundsatz in unserer Beratung lautet: Soviel Selbständigkeit wie möglich, soviel Hilfe wie nötig.“ Deshalb empfiehlt Carmen Kopf allen, die sich mit der Wohnungsanpassung für Menschen mit eingeschränkter Mobilität beschäftigen, einen Termin in der Musterwohnung. „Hier kann jeder selbst ausprobieren, wie sinnvoll welche Hilfsmittel sind, und sich anschauen, welche Möglichkeiten es gibt – vom Sensorboden bis zum seniorengerechten Trinkglas“. Somit wird auch alleinstehenden Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht, im vertrauten Wohnumfeld zu bleiben, selbst wenn sie auf Hilfe angewiesen sind.

 

Beratung zu Kosten und Finanzierung

Die Beratung schließt auch alle Fragen rund um die Finanzierung ein. „In Einzelgesprächen sondieren wir die Bedarfe und erstellen passgenaue Lösungen. Die weitere Beratung über Kosten und Finanzierung und die Unterstützung bei der Beantragung von Hilfsmitteln über Kranken-und Pflegekassen ist sogar kostenfrei“ sagt Carmen Kopf.

In einem virtuellen Rundgang können interessierte Bürgerinnen und Bürger die Musterwohnung des Landkreises Rottweil in Schramberg erkunden – auf der Seniorenhomepage https://www.seniorenarbeit-kreis-rottweil.de/willkommen.

Die Beratungsstelle Alter & Technik bietet:

  • Wohnumfeld-Beratungen vor Ort
  • Führungen für Gruppen bis zu 16 Personen - etwa 1,5 bis 2 Stunden sollten eingeplant werden
  • Vorträge und Beratungen rund um das Thema „Länger in den eigenen vier Wänden bleiben - durch Badumbau, Hilfsmittel & Alltagshelfer und technische Assistenzsysteme“
Andrea Schmider ist Pressesprecherin im Landratsamt Rottweil
Teilen