Vereine im Fokus haben – das lohnt sich!

Vereinsschule

Vereine – das wissen alle, die in Landkreis- und Gemeindeverwaltungen mit dem Thema „Ehrenamt“ zu tun haben – sind nach wie vor die Struktur, in der Bürgerinnen und Bürger vor Ort am ehestens und meisten engagiert sind. Will sich ein Landkreis auf den Weg machen, um ehrenamtliches Engagement in seinen Gemeinden und auf Landkreisebene zu stärken, macht es deshalb viel Sinn, bei den Anliegen und Bedarfen seiner Vereine anzusetzen. Der Landkreis Regensburg hat das bereits 2015 erkannt und auf Initiative von Landrätin Tanja Schweiger eine „Vereinsschule“ ins Leben gerufen: eine Fortbildungsreihe zu Themen, die Vereinen unter den Nägeln brennen, unabhängig von ihrer thematischen Ausrichtung, ihrer Größe oder der Frage, ob sie verbandlich organisiert sind oder nicht. Vorstandsnachfolge, Mitgliedergewinnung, rechtliche Fragen, modernes Vereinsmanagement, Kommunikation – fast 50 Themen standen in den vergangenen zehn Jahren auf dem Programm, viele davon mehrmals.

Leitidee der mittlerweile bayernweit bekannten Vereinsschule ist der Dreiklang „bedarfsorientiert, praxisnah und atmosphärisch schön“. Anliegen und Themenwünsche der Vereine werden abgefragt, kompetente Referentinnen und Referenten gebucht und – um die Begegnung und den Austausch zwischen den Vereinen auf Landkreisebene zu fördern – in jede Veranstaltung eine ausgiebige Pause mit Catering eingebaut. Die Teilnahme ist kostenlos. Die Vereinsschule ist, so Landrätin Tanja Schweiger, „ein Zeichen der Anerkennung und Wertschätzung des so wichtigen Engagements der Ehrenamtlichen in unseren Vereinen.“

Individuelles Vereinscoaching

Die Teilnahme an dem vom Bundeslandwirtschaftsministerium gemeinsam mit dem Deutschen Landkreistag initiierten Bundesprogramm „Hauptamt stärkt Ehrenamt“ ermöglichte es dem Landkreis Regensburg 2020, seine Unterstützungsarbeit für Vereine in Richtung „Individuelles Coaching“ auszubauen. Unterstützt durch zwei professionelle Trainerinnen bot die Freiwilligenagentur –  vorab schon für die Vereinsschule und jetzt auch für das Coachingprojekt verantwortlich –  2021 und 2022 insgesamt 30 Vereinen unterschiedlicher Größe und Art an, sie mit passgenau auf ihre jeweiligen Bedarfe, Wünsche und Rahmenbedingungen zugeschnittenen Trainings ein Stück auf ihrem Weg in die Zukunft zu begleiten. Vorab intensiv mit den Trainerinnen abgestimmte Workshops vor Ort in den Gemeinden (oder, Corona bedingt, online) gehörten genauso zum Programm wie kollegiale Beratungen und Austausch- und Fortbildungsveranstaltungen für alle beteiligten Vereine im Landratsamt.

Inhaltlich standen vielerorts aus der Vereinsschule bekannte Themen im Mittelpunkt: „Vorstandswechsel organisieren“, „Mitglieder gewinnen“, „Mitglieder aktivieren“ und „Aufgaben verteilen“. Darüber hinaus tauchte im Laufe der gemeinsamen Arbeit ein Thema auf, das von keinem Verein im Vorfeld als aktuelle oder auch mittelfristige Herausforderung benannt worden war, aber unterschwellig überall eine große Rolle spielt: das Thema „Interne Kommunikation“.  

Einen Eindruck von dem bayern- und vermutlich deutschlandweit einzigartigen Modellprojekt vermittelt die sechsminütige Foto-Film-Dokumentation, die zum Projektabschluss im Sommer 2023 zusammengestellt wurde. Sie fasst Hintergrund, Verlauf und Ergebnisse des Projekts zusammen und enthält Stimmen der Verantwortlichen und der beteiligten Vereine:

Rechtliche Beratung

Dritte Säule der Vereinsunterstützungsarbeit des Landkreises Regensburg ist ein 2023 geschaffenes Beratungsangebot zu vereins- und steuerrechtlichen Fragen. Ziel dieses – für die Vereine ebenfalls kostenfreien – Angebots ist es, Vereinen, die eine oder wenige konkrete Fragen zu ihrer Satzung, zu Mitgliederversammlungen, Geldflüssen oder anderen vereins- und steuerrechtlichen Themen haben, den Gang zum Anwalt zu ersparen. Sie schicken Ihre Frage per E-Mail an die Freiwilligenagentur, die sie an einen Vereinsrechtler oder Steuerexperten weiterleitet und die Antwort des Experten wieder an den Verein zurückschickt. Das Angebot, das 2023 zunächst versuchsweise für ein Jahr angesetzt war, wurde zwischenzeitlich schon zwei Mal verlängert. Im Schnitt kommt wöchentlich eine Anfrage in der Freiwilligenagentur an. Das Feedback der Vereine ist hervorragend.

Stabsstelle Ehrenamt Landkreis Sankt Wendel

Auch im Saarland zeigt sich: Vereine sind die Herzstücke des gesellschaftlichen Lebens. Mit rund 1.400 Vereinen verfügt der Landkreis Sankt Wendel über die höchste Vereinsdichte des Bundeslandes – ein enormes Potenzial, das der Landkreis bereits seit geraumer Zeit fördert und unterstützt. Bereits 1999 wurde mit der Ehrenamtsbörse in der Kreisverwaltung ein Amt geschaffen, das Vereinen beratend zur Seite steht. Im Rahmen des Verbundprojektes „Hauptamt stärkt Ehrenamt“ wurde daraus die heutige Stabsstelle Ehrenamt, die eng mit der Wirtschaftsförderungsgesellschaft St. Wendeler Land mbH zusammenarbeitet, die dabei als digitales Kompetenzzentrum für Vereine fungiert.

Die vorrangige Aufgabe ist es, Vereine und Engagierte langfristig zu stärken – durch Information, Beratung, Qualifizierung und Vernetzung. Dabei werden klassische Unterstützungsangebote mit modernen digitalen Instrumenten verknüpft.
 

Vereinsgespräche – direkte Beratung im Alltag

Das Hauptamt stärkt Ehrenamt (HasE)-Team ist für Vereine täglich ansprechbar: persönlich, telefonisch oder digital. Im Durchschnitt werden drei bis vier Vereinsgespräche pro Tag geführt, quer durch alle Themen, die Vereinsverantwortliche bewegen. Von Fragen zu Satzung, Fördermitteln über Vorstandsarbeit bis hin zu aktuellen rechtlichen Anforderungen – die Beratungen sind praxisnah und passgenau. Dabei geht es darum, Herausforderungen unmittelbar aufzugreifen und konkrete Lösungen zu vermitteln.
 

Digitale Plattform „Vereinsplatz WND“

Dreh- und Angelpunkt ist die Plattform www.vereinsplatz-wnd.de. Sie bietet Vereinen die Möglichkeit, sich kostenlos zu präsentieren, Veranstaltungen und Termine zu veröffentlichen, sich untereinander zu vernetzen und neue Mitglieder zu gewinnen.

Ein zentrales Element ist die Wissensdatenbank: Alle Unterlagen aus Workshops sowie Aufzeichnungen von hybriden oder digitalen Veranstaltungen stehen dort dauerhaft zum Abruf bereit. So profitieren auch diejenigen, die nicht live teilnehmen konnten. Ergänzend dazu sind die wichtigsten Themen in einer strukturierten FAQ-Sammlung aufbereitet – von Satzungsfragen bis zur Fördermittelbeantragung. Diese „Hilfe zur Selbsthilfe“ entlastet Vereine im Alltag und macht das Fachwissen jederzeit verfügbar.
 

Beratung, Qualifizierung und aktuelle Themen

Die Koordinierungsstelle bietet ein breites Spektrum an Workshops, Seminaren und Beratungen, die sich konsequent an den Bedarfen der Vereine orientieren Themen sind praxisnah gewählt und spiegeln aktuelle Herausforderungen wider: Transparenzregister, Gemeinnützigkeitsrecht, Mitgliederbindung, moderne Öffentlichkeitsarbeit oder auch Vereinsrecht.

Die Angebote werden sowohl vor Ort im Landkreis als auch hybrid und online durchgeführt. Diese Formate ermöglichen so eine flexible Teilnahme und erleichtern die Vernetzung.

Das digitale Kompetenzzentrum der Wirtschaftsförderung unterstützt zudem Vereine bei der Einführung effizienter Verwaltungsstrukturen: von Cloud-Lösungen über digitale Kommunikation und Organisation bis hin zu Social-Media-Auftritten und Grafiktools. Ziel ist es, die Vereinsarbeit ressourcenschonend und modern aufzustellen.

Auch ein Podcast greift regelmäßig praxisrelevante Themen auf – von der erfolgreichen Jugendarbeit im Verein bis hin zu Beteiligungsmöglichkeiten im Klimaschutz.

Ehrenamtsbörse & Marktplatz Ehrenamt

Neben der Beratung gehört die Vermittlung von Ehrenamtlichen zu den Kernaufgaben. Über die Ehrenamtsbörse auf vereinsplatz-wnd.de finden Menschen, die sich engagieren möchten, passende Vereine, Organisationen oder auch Privatpersonen, die ehrenamtliche Unterstützung suchen.

Ein besonderes Angebot ist der Marktplatz Ehrenamt, der inzwischen zweimal erfolgreich durchgeführt wurde. Mehr als 40 Vereine und Organisationen stellten dabei ihre Arbeit vor und kamen mit den Besuchern ins Gespräch. Das offene Format ermöglicht es, sich unverbindlich über vielfältige Engagementsmöglichkeiten zu informieren und erste Kontakte zu knüpfen. Besonders gewinnbringend war die Kooperation mit zwei Gymnasien: Oberstufenschüler konnten im Rahmen einer Pflichtveranstaltung unverbindlich in die Vielfalt des Ehrenamts hineinschnuppern. Das Konzept kam sehr gut an – sowohl bei den jungen Menschen, als auch bei den Vereinen, die neue Kontakte und potenzielle Mitstreiter gewannen.
 

DorfFunk-App und Vereinslotsen

Besonders in den Dörfern des Landkreises kommt der DorfFunk-App eine zentrale Rolle zu. Sie wurde mit Unterstützung des Fraunhofer IESE eingeführt und ermöglicht digitale Kommunikation vor Ort. Bürgerinnen und Bürger können Veranstaltungen, Neuigkeiten und Gesuche direkt per Smartphone teilen – ein digitaler Marktplatz für das Dorfleben.

Darüber hinaus wurden ehrenamtliche Vereinslotsen etabliert, die als Bindeglied zwischen Vereinen und Verwaltung agieren. Sie erkennen Herausforderungen frühzeitig, sind erste Ansprechpartner in den Dörfern und vermitteln gezielt Unterstützung – ob bei Förderanträgen, der Suche nach Räumen oder alltäglichen Fragen rund um die Vorstandsarbeit.

Positive Resonanz

Die Angebote der Stabsstelle stoßen auf durchweg positives Feedback. Vereine schätzen die Mischung aus individueller Beratung und digitaler Unterstützung. Besonders gelobt werden die gute Erreichbarkeit, die praxisnahen Unterlagen und die Möglichkeit, Informationen jederzeit online abzurufen.
 

Fazit

Mit der Kombination aus täglicher individueller Beratung, digitaler Infrastruktur, praxisnahen Qualifizierungen, gezielter Vermittlung und einem starken Netzwerk ist es dem Landkreis Sankt Wendel gelungen, Vereine nachhaltig zu stärken und zukunftsfähig aufzustellen. Die Erfahrungen aus dem Projekt „Hauptamt stärkt Ehrenamt“ zeigen: Wenn Haupt- und Ehrenamt Hand in Hand arbeiten, entsteht ein stabiles Fundament für das freiwillige Engagement.

Die Landkreise Regensburg und Sankt Wendel gehören in der Rückschau sicherlich zu den tragenden Säulen des „Hauptamt stärkt Ehrenamt“-Projekts. Regensburgs Landrätin Tanja Schweiger und Udo Recktenwald, Landrat des Landkreises Sankt Wendel, bezogen am Ende der Projektlaufzeit noch einmal klar Stellung zur zentralen Fragestellung des Hauptamt-stärkt-Ehrenamt-Projekts: Was können Landkreise tun, wenn sie das ehrenamtliche Engagement ihrer Bürgerinnen und Bürger stärken möchten?

Drei Jahre „Hauptamt-stärkt-Ehrenamt“ – und nun? 

Der Deutsche Landkreistag (DLT) hat im Nachgang zum „Hauptamt-stärkt-Ehrenamt“-Projekt einen Arbeitskreis „Bürgerschaftliches Engagement“ eingerichtet. Der Arbeitskreis steht allen Landkreisen und Landkreistagen der Länder offen, die das Thema Förderung des Ehrenamts zu ihrem machen oder ausbauen möchten. Bisher haben zwei Sitzungen in der Geschäftsstelle des DLT in Berlin stattgefunden.

Ansprechpartner beim DLT ist Beigeordneter Jörg Freese (Sekretariat: Ecenur Akbuga, Telefon (030) 59 00 97 – 339, E-Mail: ecenur.akbuga@Landkreistag.de).