Kommunale Pflegekonferenz
Landrat Peter Polta, Vorsitzender der Kommunalen Pflegekonferenz im Landkreis, verdeutlicht: „Pflege bedeutet Verantwortung und Pflege benötigt Innovation, um die aktuellen und kommenden Aufgaben zu meistern. Die demografische Entwicklung in der Bevölkerung und die berufsdemografische Entwicklung bei den Pflegekräften sind Themen, die unsere Gesellschaft und unsere Demokratie herausfordern. Gemeinsam Problemstellungen zu bewältigen und Lösungsansätze für diese komplexen Themen zu finden, gehört zu den Aufgaben der Kommunalen Pflegekonferenz.“ Im Landkreis Heidenheim wird bereits eine Menge umgesetzt. Nun gilt es, im Rahmen der vom Land Baden-Württemberg geförderten Kommunalen Pflegekonferenz, die Kräfte zu bündeln, Synergien zu nutzen und mit den immer knapper werdenden Ressourcen im Pflegesektor effektiv umzugehen.
Die Sitzungen der Kommunalen Pflegekonferenz mit allen Mitgliedern und Kooperationspartnern finden jährlich statt. Hier werden Ergebnisse aus den Arbeitsgruppen präsentiert, die das Jahr über erarbeitet wurden, und neue thematische Schwerpunkte festgelegt. Außerdem dienen sie als Informationsplattform zu Themen aus dem Pflegebereich und zum informellen Austausch der Teilnehmenden. Im April 2023 fand mit 70 Teilnehmenden bereits die dritte Kommunale Pflegekonferenz im Landkreis Heidenheim statt.
Teilnehmende der Sitzungen der Kommunalen Pflegekonferenz sind Mitglieder und Kooperationspartner aus dem Kreistag, den Städten und Gemeinden, dem Bildungs- und Arbeitssektor, den Krankenkassen vor Ort, der ambulanten, teilstationären und stationären Pflege sowie dem Klinikum, den kirchlichen Vertretern, dem Ehrenamt und der Landkreisverwaltung. Aus jedem der genannten Bereiche ist jeweils eine Vertretung in einer Lenkungsgruppe aktiv beteiligt. Die Sitzungen der Lenkungsgruppe finden dreimal jährlich statt. Dabei werden thematische Schwerpunkte festgelegt, die Themen für die Arbeitsgruppen konkretisiert und deren Ergebnisse reflektiert. Die Arbeitsgruppen treffen sich je nach Thema und Bedarf mehrmals im Jahr. Deren Teilnehmende sind Personen, die für das jeweilige Thema über spezifische Fachkenntnisse verfügen und Expertinnen und Experten aus der Praxis. Je nach Thema begleiten die Teilnehmenden die Implementierung der Ergebnisse.
Weitere Informationen unter https://www.landkreis-heidenheim.de/landkreis/gesundheit+und+pflege
Positionspapier
Die bisherigen Ergebnisse der Arbeitsgruppe Nachbarschaftshilfe, der Arbeitsgruppe Tagespflege und der Arbeitsgruppe Pflegekräftegewinnung und Personalbindung wurden in einem Positionspapier festgehalten, durch die Lenkungsgruppe verabschiedet und in der Sitzung der Kommunalen Pflegekonferenz bestätigt. Matthias Schauz, Dezernent für Soziales und Gesundheit, erläutert: „Das gemeinsam erarbeitete Positionspapier beleuchtet im Hinblick auf die pflegerische Versorgung im Landkreis zentrale Themen, spricht Forderungen an die Politik aus, beinhaltet aber auch konkrete Handlungsempfehlungen. Das Positionspapier wird stetig an die thematischen Herausforderungen zum Thema Pflege und Senioren angepasst und weiterentwickelt. Dies ist somit als kontinuierlicher und fortlaufender Prozess zu verstehen.“
Arbeitsgruppe Nachbarschaftshilfe
Die Arbeitsgruppe Nachbarschaftshilfe und die Arbeitsgruppe Tagespflege haben das Ziel, den Menschen durch niederschwellige Hilfsangebote zu ermöglichen, solange wie möglich zuhause zu leben. Hierbei liegt ein Augenmerk auch auf der Entlastung der pflegenden Angehörigen, die nach wie vor den höchsten Anteil der Menschen mit Pflegebedarf versorgen. Sybille Schumann, Leitung der Arbeitsgruppe und Altenhilfefachberaterin, führt hierzu aus: „Themen der Arbeitsgruppe sind, Lösungen für die Hindernisse und Anforderungen zu finden, welche die Umsetzung der Nachbarschaftshilfe erschweren. So sind im Positionspapier politische Forderungen formuliert, wie das Antragsverfahren zu vereinfachen, eine langfristige Finanzierung der Gemeinden und Einrichtungen bereitzustellen und eine Reduzierung der Unterrichtseinheiten zu erreichen.“ Durch den thematischen Austausch und die Durchführung stetiger Vernetzungstreffen der bestehenden Nachbarschaftshilfen soll eine Weiterentwicklung der Nachbarschaftshilfe erreicht werden. Gegebenenfalls kann die Arbeitsgruppe Nachbarschaftshilfe beim Aufbau neuer Nachbarschaftshilfen in den Städten und Gemeinden unterstützend mitwirken und „Best Practice“ Beispiele entwickeln. Ein gemeinsam entwickelter Flyer soll dabei helfen, weitere ehrenamtliche Mitwirkende zu finden.
Arbeitsgruppe solitäre Tagespflege
Gertraud Jauß, Pflegekoordinatorin und Geschäftsführung der Kommunalen Pflegekonferenz, leitet die Arbeitsgruppe solitäre Tagespflege. In dieser arbeiten alle Vertreterinnen und Vertreter der Tagespflegen im Landkreis zusammen. Entgegen der Tendenz in anderen Landkreisen sind die Tagespflegen im Landkreis Heidenheim teilweise nicht ausgelastet. Die Teilnehmenden setzen sich mit einer durchgeführten Bedarfsanalyse und den daraus entstandenen Ergebnissen von 500 Befragten mit Pflegebedarf und deren Angehörigen auseinander. „Die Auswertung zeigt, dass zu wenige Befragte das Angebot der Tagespflege und deren Inhalt kennen. Des Weiteren zeigt sich der Bedarf einer Flexibilisierung in den Tagespflegen bezüglich Fahrdienst, Öffnungszeiten und inhaltlichen Angeboten. Dies sind nun die Themen die wir gemeinsam angehen“, so Jauß. So entstand eine Handreichung mit den wichtigsten Informationen zur Tagespflege im Überblick. Bei einem gemeinsamen Tag der offenen Tür aller Tagespflegen im Landkreis konnten sich rund 120 Bürgerinnen und Bürger vor Ort über diese wertvolle Form der Unterstützung und Entlastung informieren. Des Weiteren wird an den Themen Flexibilisierung der Öffnungszeiten und des Fahrdienstes sowie an der inhaltlichen Ausgestaltung der Tagespflegen gearbeitet, um die pflegenden Angehörigen zu stärken und zu entlasten und die Menschen mit Pflegebedarf zu fördern. Hierzu möchten die Teilnehmenden mit einem Geschäftsmodell sowie Finanzierungsstrategien an funktionierenden Lösungen arbeiten, mit dem Ziel, die Ergebnisse allen Tagespflegen zur Implementierung zur Verfügung zu stellen.
Arbeitsgruppe Pflegekräftegewinnung und Personalbindung
Die Koordinatorin für die Pflegeausbildung Evelyn Buck leitet gemeinsam mit der Pflegekoordinatorin Gertraud Jauß die Arbeitsgruppe Pflegekräftegewinnung und Personalbindung. Diese besteht aus Leitungen und Mitarbeitenden von stationären Einrichtungen, ambulanten Diensten und dem Klinikum im Landkreis. Durch die Bündelung von Ressourcen und Kräften entstehen gemeinsame Projekte und Aktionen wie Messeauftritte oder Imagekampagnen, um den Pflegeberuf zu präsentieren und Interessierte zu gewinnen. So wird künftig gemeinsam durch die Schulabgänger-Akquise verstärkt Werbung an Schulen und Bildungseinrichtungen umgesetzt. Eine bereits vorhandene Imagekampagne wird weiter ausgebaut. Evelyn Buck gibt einen Ausblick: „Im November 2023 findet in Heidenheim die Ausbildungs- und Studienmesse statt. Im Rahmen der Arbeitsgruppe wird ein gemeinsamer Messeauftritt möglichst aller Einrichtungen und Dienste im Landkreis geplant. Hier wollen wir zusammen präsentieren, was der Pflegeberuf alles zu bieten hat.“ Um die Pflegeausbildung zu stabilisieren, hat der Kreistag zudem eine Personalstelle einer zentralen Praxisanleitung geschaffen, um Auszubildende und Einrichtungen bei der Ausbildung von Pflegekräften zu unterstützen. Des Weiteren sind ausländische Pflegekräfte – in der Ausbildung ebenso wie als erfahrene Pflegekräfte – ein wichtiges Thema. Bürokratische Hürden führen hier teilweise zu einem Abbruch der Ausbildung oder erschweren eine Stabilität in der Berufsausübung. Hier sollen in einem gemeinsamen Austausch Lösungen gefunden werden. Gertraud Jauß bekräftigt: „Der intensive Austausch in dieser Arbeitsgruppe ist eine wertvolle Grundlage für zukünftige Projekte zu dem brisanten Thema Pflegekräftemangel. Gemeinsam setzten sich die Teilnehmenden mit der Planung und Umsetzung für eine langfristige Personalbindung in Einrichtungen und Diensten des Landkreises Heidenheim auseinander.“ Eine Analyse der Ergebnisse aus dem „Monitoring Pflegepersonal Baden-Württemberg“ wird ebenso erfolgen. Eine weitere Herausforderung stellt zudem die Kinderbetreuung der Mitarbeitenden in der Pflege, insbesondere bei Schichtdiensten, dar. Hierzu sollen verschiedene Modelle, wie beispielsweise das der „Tagesbetreuung für Kinder in geeigneten Räumlichkeiten (TigeR)“, geprüft werden. Die Gesundheitsfürsorge sowie Arbeitszeiten-Modelle werden künftige Themen in der Arbeitsgruppe sein.
Informationsplattform und Kooperationsprojekte
Die jährliche Sitzung der Kommunalen Pflegekonferenz dient als Informationsplattform und der Vorstellung von Kooperationsprojekten. So startete zu Beginn des Jahres 2021 in Absprache mit dem Landkreis Heidenheim das Projekt „care4future II“ der Aktion Jungendberufshilfe in Ostwürttemberg e. V. Im Rahmen dessen findet eine Begleitung und individuelle Unterstützung junger Menschen bei einem niedrigschwelligen Einstieg in die Pflegehelferausbildung statt, sei es mit einem ergänzenden berufsbezogenen Sprachunterricht oder mit Hilfen bei der Integration oder beim Wiedereinstieg in den Pflegeberuf. Parallel wurde eine Möglichkeit angestrebt, dieses Angebot für die generalistische Pflegekräfteausbildung auszubauen. Durch die Vernetzung mit der Geschäftsstelle des Europäischen Sozialfonds entstand zum 1. Januar 2023 das Pilotprojekt „Assistierte Ausbildung für Pflegekräfte“ durch die Arbeiterwohlfahrt Heidenheim. Ziel dabei ist die Stabilisierung von Ausbildungsverhältnissen, um eine nachhaltige Integration junger Menschen in einem Betrieb zu ermöglichen und Ausbildungsabbrüche zu verhindern.
Ein weiteres Projekt ist die spezielle ambulante Palliativversorgung (SAPV) am Klinikum Heidenheim. Hier wurde im Sommer 2023 ein wichtiger Schritt zur Vervollständigung des bestehenden palliativen Netzwerks umgesetzt. In der Sitzung der Kommunalen Pflegekonferenz wurden alle Beteiligten über den Aufbau, die Anforderungen und den Aufgabenbereich informiert. Im Rahmen des Vernetzungsgedankens ist in Kooperation zwischen der Kommunalen Gesundheitskonferenz und der Kommunalen Pflegekonferenz ein Fachtag zur Palliativversorgung im Landkreis Heidenheim geplant.
Mehrwert durch Vernetzung
Bei allen genannten Themen hat die Stelle der Pflegekoordinatorin eine Vernetzungsfunktion. So gehört neben der Geschäftsführung der Kommunalen Pflegekonferenz auch die Quartiersentwicklung "Quartier 2030 – Gemeinsam. Gestalten." zu den Aufgaben der Pflegekoordinatorin Gertraud Jauß. Dadurch ist eine Vernetzung in die einzelnen Städte und Gemeinden im Landkreis gegeben. Die Pflegekoordinatorin ist zudem im Vorstand des Kreisseniorenrats vertreten und somit nah an den Themen der Seniorinnen und Senioren. Sie trägt dazu bei, die vorhandenen Themen im Landkreis zu bündeln, Entwicklungen im Blick zu halten und die Implementierung von praxisnahen Strukturen voranzubringen.
Für die Herausforderungen im Bereich Pflege gibt es keine einfachen und schnellen Lösungen, aber durch die Vernetzung und Zusammenarbeit miteinander entsteht ein großer Mehrwert. Alle Beteiligten zum Thema Pflege und Seniorinnen und Senioren eint ein gemeinsames Ziel: Die Schaffung und Gestaltung quartiersnaher, leistungsfähiger, ausreichender und wirtschaftlicher ambulanter, teilstationärer, stationärer und komplementärer Pflege- und Unterstützungsstrukturen. So soll sichergestellt werden, dass Menschen mit Pflege- und Unterstützungsbedarf im Landkreis Heidenheim möglichst selbstbestimmt leben können.