1. Herausforderung Verwaltungstransformation
Dekarbonisierung und Klimafolgenbewältigung, Fachkräftemangel und demografischer Wandel, Folgen internationaler Verflechtung und Migration, sowie die noch immer nur unzureichend realisierte Digitalisierung, stellen die öffentlichen Verwaltungen auch in Baden-Württemberg vor grundlegende Herausforderungen. Sowohl die thematische Breite, wie vor allem auch die strukturellen, finanziellen und funktionalen Bedingungen ihrer Realisierung, verdeutlichen, dass eine auf diese Herausforderungen ausgerichtete Verwaltungstransformation ein ganzheitliches, systemisches Verständnis von Verwaltungsmanagement erfordert.
Verstanden als die zielgerichtete Steuerung und Gestaltung öffentlicher Verwaltung auf der systemischen Mikro- und Makroebene, bezieht sich ein solches integriertes Selbstverständnis von Verwaltungsmanagement in der Binnenperspektive auf die ganzheitliche Optimierung des Zusammenspiels von Aufgaben, Organisation, Personal, Finanzen, Technik und Kultur. Diese wird ergänzt um die Gestaltung des Verhältnisses der öffentlichen Verwaltung zu ihrer systemischen Umwelt, d. h. die zielgerichtete Interaktion mit fachlich-thematischen Zielgruppen, Bürgerinnen und Bürgern, anderen Verwaltungseinheiten, wirtschaftlichen Akteuren und in zunehmendem Maße eben auch weiteren Verwaltungsebenen, wie Kommunen, Region, Land, Bund und EU[1].
Empirische Studien belegen, dass sowohl der Erfolg, wie auch die Nachhaltigkeit von Maßnahmen der Verwaltungsmodernisierung, von zwei zentralen Faktoren abhängen, die in der administrativen Praxis immer wieder zu Spannungsfeldern führen[2]. Zum einen müssen entsprechende Ansätze in dem Sinne System-kompatibel sein, dass sie tatsächlich am Ende des Tages auch der administrativen Realität entsprechen. Hier hat die Lernschleife der Umsetzung des sogenannten „New Public Management“, mit dem in den 1990er Jahren weltweit eine einseitig auf ökonomischen Prinzipien basierende Umgestaltung der öffentlichen Verwaltung intendiert wurde, verdeutlicht, dass viele normativ begründete Modernisierungsansätze letztendlich mit den multiplen Rationalitätsanforderungen öffentlicher Verwaltung nicht kompatibel waren[3]. Anderseits zeigt sich, dass systemische Verwaltungsinnovation immer dann realisiert werden kann, wenn Führungskräfte und Mitarbeitende an der Gestaltung entsprechender Maßnahmen nicht nur beteiligt werden, sondern diese auch tatsächlich in der administrativen Praxis leben. Neben der grundsätzlichen Bereitschaft, etablierte Muster der Verwaltungsfunktionalität zu hinterfragen und zu überwinden, setzt dies letztlich aber auch die fachlich-methodische Befähigung der Mitarbeitenden voraus, belastbare Maßnahmen der Verwaltungstransformation selbst konzipieren und implementieren zu können – und zu wollen. Dies kann dann besonders gut gelingen, wenn Maßnahmen der Verwaltungsmodernisierung nicht primär von zuständigen Stabstellen oder spezialisierten Arbeitsgruppen sondern – auf der Basis organisationsweit gültiger Leitbilder der Transformation - von der Breite der Mitarbeitenden, d. h. den jeweiligen Fachbereichen selbst entworfen und umgesetzt, und von der obersten Führungsebene aktiv eingefordert werden[4].
Insofern sollte Verwaltungstransformation nicht primär die Verantwortung einzelner interner Change-Agents oder externer Berater sein - sie setzt vielmehr voraus, dass die fachlichen und methodischen Qualifikationsprofile von Führungskräften und Mitarbeitenden insgesamt auf die strategischen Transformationsziele ausgerichtet sind, und diese dadurch auch auf der Ebene der systemischen Funktionalitäten öffentlicher Verwaltung , d.h. in den jeweiligen konkreten individuellen und kollaborativen Arbeitskontexten realisieren werden[5]. Der Qualifikation der Bediensteten kommt insofern im Hinblick auf das Gelingen einer ganzheitlichen Verwaltungstransformation eine strategische Schlüsselfunktion zu. Die beiden Verwaltungshochschulen Kehl und Ludwigsburg spielen in diesem Kontext eine wichtige Rolle: Sie tragen durch Aus- und Weiterbildung sowie durch angewandte Forschung und Transfer entscheidend dazu bei, dass der öffentliche Dienst in Baden-Württemberg insbesondere im Kernsegment des allgemeinen gehobenen Verwaltungsdiensts auch in Zukunft funktionsfähig bleibt. Denn eine moderne öffentliche Verwaltung ist nicht nur ein zentraler Standortfaktor – sie trägt auch und gerade auf der kommunalen Ebene zentral dazu bei, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger des Landes in die Leistungsfähigkeit von Staat und Gemeinwesen zu erhalten[6].
2. Ein zukunftsgerichtetes Kompetenzmodell transformationsorientierter Ausbildung
Die akademische Ausbildung für den gehobenen allgemeinen (nichttechnischen) Verwaltungsdienst, mit der eine entsprechende Laufbahnbefähigung erworben werden kann, wird in Deutschland an den insgesamt 38 Hochschulen für den öffentlichen Dienst organisiert[7]. Um in der föderalen Vielfalt die nötige Gleichwertigkeit von Bildungsabschlüssen sicherzustellen, werden die jeweiligen Ausbildungs- und Prüfungsordnungen von der Innenministerkonferenz (IMK) koordiniert - diese verabschiedet entsprechende Positionspapiere, welche dann als Grundlagen der institutionellen Selbstbindung von den jeweiligen Innenministerien der einzelnen Bundesländer implementiert werden.
Angesichts der oben skizzierten Herausforderungen, hat die Rektorenkonferenz der Hochschulen für den öffentlichen Dienst in Deutschland in einer Arbeitsgruppe wichtige Grundlagen für eine Aktualisierung des letzten IMK Positionspapier aus dem Jahr 2005 geleistet, mit dem die nötigen Kompetenzen für eine gelingende Verwaltungstransformation bereits auf der Ebene der Verwaltungsausbildung verankert werden. Vor dem Hintergrund von Veränderungen in der Verwaltung, in der Gesellschaft, der technologischen Möglichkeiten und der Rahmenbedingungen des Studierens, hat die IMK auf dieser Grundlage am 6.12.2024 ein überarbeitetes Positionspapier verabschiedet.
Bemerkenswert an diesem Positionspapier ist, dass erstmals in einem bundesweiten Kontext nicht nur die Ziele der akademischen Ausbildung festgelegt wurden, sondern explizit ein zukunftsgerichtetes Anforderungsprofil definiert wird, mit dem im Sinne eines übergeordneten Kompetenzmodells Mindeststandards definiert werden, an denen sich die Inhalte und Formen der akademischen Ausbildung zum allgemeinen gehobenen Verwaltungsdienst zukünftig orientieren sollen.
Im Hinblick auf die Ausbildungsziele bestätigt das Positionspapier zunächst einmal, dass die Qualifizierung für den allgemeinen gehobenen Verwaltungsdienst eine generalistische Verwaltungsausbildung mit hoher Verwendungsbreite sicherstellen soll: Überspezialisierung ist zu vermeiden, exemplarisches Lernen hingegen zu fördern. Erreicht werden soll zudem eine Professionalisierung mit der Befähigung zur selbstständigen Bewältigung neuer Aufgabenfelder, ein hoher Praxisbezug des Studiums sowie das souveräne Beherrschen von digitalen Anwendungen in der öffentlichen Verwaltung. Damit wird ein grundlegendes Bildungsmodell verstetigt, das in Baden-Württemberg seit über 50 Jahren sehr erfolgreich implementiert wird – die Ausbildung von breit einsetzbaren Generalisten mit ausgewiesenen Fachkompetenzen aus verschiedenen fachlichen Kompetenzfeldern.
Das Positionspapier legt zudem fest, dass einzelne Studiengänge auch Schwerpunkte aufweisen können. Sofern der Schwerpunkt eines Studiengangs nicht in den Rechtswissenschaften liegt, ist sicher zu stellen, dass der Anteil der rechtswissenschaftlichen Lehrinhalte dennoch 50 Leistungspunkte nicht unterschreitet.
Neben diesen materiellen Fachkompetenzen definiert das Anforderungsprofil auch fachwissenschaftliches Methodenwissen (beispielsweise sichere Rechtsanwendung und Ausübung von Beurteilungs- und Ermessensspielräumen, eine wirtschaftliche Ressourcenallokation oder eine kompetente Ausführung von Verwaltungsmanagement), die Fähigkeit zu entsprechenden Transferleistungen, indem erworbenes Fach- und Methodenwissen auf neue Fragestellungen angewandt werden kann, das Vermögen, Verwaltungshandeln transparent, partizipativ und bürgerorientiert zu gestalten, die Fähigkeit zur Auseinandersetzung mit den konkreten Anforderungen für das Verwaltungshandeln aus europäischen und darüberhinausgehenden internationalen Zusammenhängen sowie ein technologisches Grundlagenverständnis für den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien in der öffentlichen Verwaltung.
Neben den Fachkompetenzen werden weitere Kompetenzen definiert. So legt das Positionspapier im Hinblick auf die Methodenkompetenzen insbesondere fest, daß neben der Anwendung allgemeiner wissenschaftlicher Arbeitsmethoden und der darauf bezogenen Befähigung zur selbstständigen Gewinnung und Auswertung von Informationen und der analytischen Problemlösung, vor allem auch die Gestaltung von Veränderungsprozessen in der Verwaltung, das Beherrschen von Organisations-, Planungs- und Entscheidungstechniken (inklusive Projekt- und Geschäftsprozessmanagement), das Beherrschen von Verfahren zur Sicherstellung von Rechtmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit des Verwaltungshandelns und des Verwaltungsmanagements sowie ein sicherer Umgang mit modernen Informations- und Kommunikationstechnologien, inklusive Künstliche Intelligenz sowie die Fähigkeit, die Digitalisierung der Verwaltung umzusetzen, als Schlüsselkompetenzen vermittelt werden.
Hinsichtlich der zu vermittelnden Sozialkompetenzen hebt das Positionspapier insbesondere die Aspekte Teamfähigkeit, Kritik- und Konfliktfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit sowie die Fähigkeit, sich in andere hinein zu versetzen (Empathie), hervor. Als viertes Kompetenz-Feld sind Selbstkompetenzen zu vermitteln, die sich auf die Fähigkeit zur Eigeninitiative und Selbstständigkeit, zu Selbstkritik, zur Reflexion des eigenen Handelns aus der Perspektive der Verwaltungspolitik und der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, auf Verantwortungsbereitschaft, Public Service Motivation, Entschlusskraft und Durchsetzungsvermögen, Fähigkeit zur Selbstorganisation und Selbstmotivation, Belastbarkeit, Anpassungsfähigkeit an verändernde Arbeitsanforderungen, sehr gutes mündliches und schriftliches Ausdrucksvermögen in der deutschen Sprache sowie Kompetenzen in mindestens einer weiteren Sprache, die Befähigung zum selbstständigen Einarbeiten in neue IT Systeme und IT-basierte Verfahren sowie auf die kritische Reflexion des Einsatzes digitaler Technologien der Verwaltung beziehen.
Die Rektorenkonferenz der Hochschulen für den öffentlichen Dienst hat in Ergänzung zu diesem IMK-Papier am 06.05.2025 ein eigenes Positionspapier verabschiedet. Dieses beinhaltet Orientierungen und Empfehlungen zur Umsetzung des Positionspapiers der IMK und legt einen besonderen Fokus auf die Verwirklichung von digitalen Grundkompetenzen an den Verwaltungsstudiengängen der Hochschulen für den öffentlichen Dienst. Ziel dieses Positionspapier ist es, digitale Kompetenzen nicht nur auf die Anwendung oder das Verständnis bestimmender Technologien zu verengen, sondern sicherzustellen, dass in der Ausbildung die Thematik der digitalen Transformation der öffentlichen Verwaltung grundlegend reflektiert und im Hinblick auf ihre Gestaltungspotenziale ermittelt wird. Das Papier verdeutlicht, dass digitale Kompetenzen in engem Zusammenhang anderen Kompetenzen und Modulen stehen, in denen die spezifischen digitalen Kompetenzen vermittelt werden müssen. Entsprechend werden für die vier oben genannten Kompetenzfelder jeweils ergänzende digitale Kompetenzen definiert, um sicherzustellen, dass in jeder dieser Dimension relevante Veränderungen sowohl für die Arbeit der Beschäftigten als auch für die Verwaltung als Organisation insgesamt sichergestellt werden können. So wird beispielsweise die Kategorie der Fachkompetenz ergänzt um das Recht der Digitalisierung, E-Government, sowie digitale Organisations- und Kompetenzentwicklung; die Kategorie der methodischen Kompetenzen unter anderem durch Datenmanagement, Changemanagement, agile Methoden, Nutzung von KI-Systemen; die Kategorie der Selbstkompetenz unter anderem durch Grenzmanagement und Resilienz sowie die Kategorie Sozialkompetenz unter anderem durch Beratung und Konfliktmanagement.
Ergänzt werden diese Schlüsselkompetenzen um Kompetenzanforderungen an die Lehrenden, die Studierenden und die Hochschulen selbst. So sollen Lehrende sich u.a. stetig mit neuen Methoden und Inhalten im Bereich der digitalen Transformation beschäftigen, und diese mit den bisherigen fachlichen Aktivitäten verknüpfen; sie sollen mittels passender digital gestützter Lehr- und Lernmethoden den digitalen Kompetenzaufbau der Studierenden begleiten, den Studierenden den Zugang zu einer kritischen Reflexion der Mediennutzung und den technischen Hintergründen ermöglichen, und sich durch eigene Fortbildungsformate gemeinsam mit Kolleginnen auf die sich schnell verändernden digitalen Herausforderungen einstellen. Studierende wiederum sollen die Notwendigkeit einer umfassenden digitalen Kompetenzbildung anerkennen, die neuen Möglichkeiten der Digitalisierung nicht nur anwenden, sondern sie auch kritisch hinterfragen, und die Themen Datenschutz, Prozessmanagement und Projektmanagement als Voraussetzung der Lehre im Bereich digitaler Kompetenzen erkennen. Schließlich sollen die Hochschulen durch die Schaffung geeigneter technischer und organisatorischer Rahmenbedingungen sicherstellen, dass Lehrende und Lernende die digitalen Kompetenzen in modernen, zukunftsfähigen digitalisierten Lernumgebungen tatsächlich auch entwickeln können.
Das Positionspapier gibt abschließend die Empfehlung, die Basiskompetenzen nicht direkt zu Beginn des Studiums zu vermitteln, da die thematischen Voraussetzungen zunächst gegeben sein müssen, diese aber im Zusammenhang mit anderen Modulen eher früh im Studienverlauf einzuplanen. Die Basiskompetenzen sollten einen Umfang von 3 bis 5
ECTS Leistungspunkten umfassen, was einem Arbeitsanfall von 25-125 für die Studierenden entspricht. Dem gegenüber sollten die Vertiefungskompetenzen erst im fortgeschrittenen Studienverlauf realisiert werden und einen Leistungsumfang von 10-15 ECTS umfassen.
3. Perspektiven der Verwaltungsausbildung in BW
Blickt man vor diesem Hintergrund auf die Situation in Baden-Württemberg, so zeigen sich zunächst positive Ausgangsbedingungen. Mit dem grundständigen Bachelorstudiengang Public Management (BPM) ist an beiden Verwaltungshochschulen in der aktuellen Ausbaustufe von 900 Studienplätzen ein etabliertes Qualifizierungsangebot vorhanden, das bereits heute die oben genannten transformationsbezogenen Kompetenzfelder praxisorientiert abdeckt. Für den spezifischen Bereich des Aufbaus digitaler Kompetenzen, wurde 2019 zudem ein eigener grundständiger Studiengang, der Bachelor of Arts Digitales Verwaltungsmanagement (DVM) geschaffen. Hier werden an beiden Verwaltungshochschulen jährlich 50 digitale Transformationsexperten für die öffentliche Verwaltung ausgebildet. Beide Studiengänge treffen aktuell auf eine auch im HAW- und vor allem im Bundesvergleich sehr positive Nachfrage: so konnte mit rund 1300 Bewerbungen für 900 Studienplätze im letzten Auswahlverfahren des BPM und mit 200 Bewerbungen für 50 Studienplätze im DVM eine reale Bestenauslese realisiert werden.
Mit dem Studiengang Master of Public Management (MPM) verfügen beide Verwaltungshochschulen zudem über ein attraktives berufsbegleitendes Bildungsangebot mit jeweils 25 Studienplätzen, in dem insbesondere Schlüsselkompetenzen der transformationsorientierten Führung vermittelt werden. Auch hier ist eine hervorragende Auslastung gegeben, die im letzten Zulassungsverfahren sogar durch eine Relation von rund drei Bewerbern pro Studienplatz gekennzeichnet war.
Diesen Ausbildungskapazitäten im Status Quo steht aufgrund des demographischen Wandels und dem dadurch beschleunigten Ausscheiden insbesondere der geburtenstarken Jahrgänge bereits heute ein vielfach höherer Ersatzbedarf auf der Ebene der kommunalen Arbeitgeber gegenüber. Hinzu kommt über die beständige Ausweitung kommunaler Verwaltungsaufgaben durch den Landes- und Bundesgesetzgeber, sowie die EU ein ebenfalls ansteigender Neubedarf. Insofern stellt sich auch in Baden-Württemberg die Frage nach der Sicherung des Verwaltungsnachwuchses. Diese Frage hat eine quantitative und eine qualitative Dimension. In quantitativer Hinsicht hat die Landespolitik in enger Zusammenarbeit mit den kommunalen Spitzenverbänden einen weiteren Aufwuchs im BPM auf insgesamt 1000 Studienplätze beschlossen. Sofern die dafür benötigten Ressourcen wie in der mittelfristigen Finanzplanung des Landes Baden-Württemberg vorgesehen, ab dem Haushaltsjahr 2027 bereitgestellt werden, wurde damit innerhalb weniger Jahre eine Erhöhung der Ausbildungskapazitäten im BPM um 25 % realisiert. Die Potenziale für einen weiteren Aufwuchs in den Studiengängen DVM und MPM sind auf der Nachfrageseite ebenfalls gegeben – insbesondere angesichts der großen Bedeutung der Kombination von Führungs- und Digitalkompetenzen für die praktische Ausgestaltung der Verwaltungstransformation erscheint es insofern zielführend, auch hier zeitnah eine spürbare Erhöhung der Studienplätze zu realisieren.
Angesichts der zumindest mittelfristig weiter notwendigen forcierten Personalrekrutierung im öffentlichen Dienst, sind darüber hinaus auch qualitative Weiterentwicklungen zu reflektieren. So sollte ein berufsbegleitendes Bachelor-Angebot im Bereich Public-Management entwickelt werden, um neben Quereinsteigenden auch Verwaltungsmitarbeitenden des mittleren Dienstes, die sich aufgrund ihrer beruflichen oder privaten Lebenssituation nicht auf ein Vollzeitstudium bewerben können, die Möglichkeit der beruflichen Weiterentwicklung zu bieten. Dies erscheint insbesondere vor dem Hintergrund der absehbaren Digitalisierung operativer Verwaltungsaufgaben als ein adäquater Ansatz der Personalentwicklung. Ferner sollte darüber nachgedacht werden, in den Verwaltungshochschulen ein konsekutives Masterangebot im Kernbereich Public-Management zu entwickeln. Dieses könnte für Absolventen des neu geschaffenen Jura-Bachelor sowie für Bachelor Absolventen anderer für die öffentliche Verwaltung potenziell interessanter Studiengänge (zum Beispiel Wirtschaftswissenschaften, Politikwissenschaft, Geografie, Ingenieurswissenschaft) mit Berufsziel öffentlicher Dienst ein attraktives Angebot darstellen.
Schließlich erscheint es zielführend, auch neue Zielgruppen sowohl für die grundständigen, wie auch die weiterführenden Studiengänge der Verwaltungshochschulen zu erschließen. Die öffentliche Verwaltung spiegelt strukturell derzeit noch nicht die zunehmende Diversität der Gesellschaft wieder. Gerade für junge Menschen aus Familien mit Migrationsgeschichte könnten die grundständigen Bildungsangebote der Verwaltungshochschulen nicht zuletzt aufgrund der damit verbundenen materiellen Absicherung ein akademisches Erst-Studium und einen Berufseinstieg in der öffentlichen Verwaltung ermöglichen. Erste Ergebnisse eines Forschungsprojekts der Hochschule Kehl zum Thema deuten darauf hin, dass bei diesen Zielgruppen sowohl das Ansehen von, wie auch die Affinität für die öffentliche Verwaltung im Vergleich zu rein deutschen Kontrollgruppen signifikant höher ausgeprägt ist. Durch einen Ansatz der gezielten Rekrutierung mit entsprechenden Ansätzen einer Sensibilisierung bereits während der schulischen Bildung, könnte hier ein tatsächlich nachhaltiger Personalgewinnungsansatz entwickelt werden, mit dem zugleich auch die Zielsetzung einer effektiveren Gewinnung von Studieninteressierten mit echter Public Service Motivation, besser realisiert werden könnte.
Die Hochschulen für den öffentlichen Dienst in Baden-Württemberg sind leistungsfähige Partner der öffentlichen Arbeitgeber. Wie dargelegt, vermitteln sie wie keine andere Bildungseinrichtung im Land, maßgeschneiderte Qualifikationen sowohl für die qualitativ hochwertige Leistungserbringung, wie auch die zielgerichtete Transformation der öffentlichen Verwaltung. Sie sind auch bereit, neue Wege der Personalgewinnung zu beschreiten, sei es durch die Entwicklung neuer Bildungsangebote, oder weiterer Reformschritte im Zulassungsverfahren, mit denen eine deutlich frühere und verlässlichere Personalbindung von Studieninteressierten realisiert werden kann.
Andererseits zeichnet sich immer stärker ab, dass die Ressourcenausstattung an beiden Verwaltungshochschulen, insbesondere im Hinblick auf die authentische Vermittlung digitaler Transformationskompetenzen, in der Breite der bestehenden Studiengänge mit den wachsenden Bedarfen nicht mehr Schritt hält. So können beide Verwaltungshochschulen aktuell und perspektivisch nur noch bedingt sicherstellen, dass durch die Schaffung geeigneter technischer und organisatorischer Rahmenbedingungen Lehrende und Lernende die digitalen Kompetenzen in modernen, zukunftsfähigen digitalisierten Lernumgebungen tatsächlich auch entwickeln können. Dasselbe gilt für die grundsätzliche Funktionalität der Hochschulverwaltung, beispielsweise in strategisch relevanten Feldern wie der Datensicherheit, der digitalen Vorgangsbearbeitung, des Qualitätsmanagements, der Internationalisierung, des digitalen Informationsmanagements, der Bereitstellung digitaler Lernmedien, oder des Marketings. Die Sicherung der administrativen Grundfunktionen einer Hochschule durch eine Sperrung von Professorenstellen zwecks Mittelschöpfung stellt keine Lösung dar – sie gefährdet die Qualität der Lehre und damit die Qualifizierung des öffentlichen Fachkräftenachwuchses. Um auch zukünftig für neue Studierenden-Generationen mit gewandelten Ansprüchen attraktiv zu bleiben, und den öffentlichen Arbeitgebern den für die Bewältigung der anstehenden Transformationsaufgaben erforderlichen Nachwuchs in quantitativer und qualitativer Hinsicht bereitstellen zu können, bedarf es insofern einer nachholenden Modernisierung/Transformation der Verwaltungshochschulen selbst. Dies umfasst eine funktionsadäquate Ressourcenausstattung, sowie die Neupositionierung als Modellinstitution, die ihren Studierenden eine moderne, digitale und agile Verwaltung authentisch bereits während des Studiums vorleben kann. Die Investition in die Ausbildung des Nachwuchses ist insofern eine Investition in die gelingende Verwaltungstransformation.
Fußnoten:
[1] Vgl. Beck, J. (2025): Europäisches Verwaltungsmanagement. Grundlagen, Praktiken, Perspektiven, Baden-Baden (Nomos) i.E.
[2] Vgl. Kostka, C. / Mönch, A. (2009): Change Management - 7 Methoden für die Gestaltung von Veränderungsprozessen, München (Hanser)
[3] Vgl. Bogumil, J. (2014): 20 Jahre Neues Steuerungsmodell – Eine Bilanz, in: Wiechmann, E./Bogumil, J. (Hrsg.) (2014): Arbeitsbeziehungen und Demokratie im Wandel - Festschrift für Leo Kißler, Baden-Baden (Nomos), S. 41ff; König, K./Beck, J. (1997): Reform von Staat und Verwaltung - Zum Neuen öffentlichen Management, Baden-Baden (Nomos)
[4] Borgert, S. (2019): Die kranke Organisation. Diagnosen und Behandlungsansätze für Unternehmen in Zeiten der Transformation, Offenbach (Gabal)
[5] Bryson, J. M./Crosby, B. C./Bloomberg, L. (2014): Public value governance: Moving beyond traditional public administration and the new public management. Public Administration Review. Volume74, Issue4, July/August 2014, Pages 445-456
[6] Reichard, Chr./Schröter, E. (2018): Education and Training in Public Administration and Management in Europe, in: Edoardo Ongaro/Sandra von Thiel (Eds.): The Palgrave Handbook of Public Administration and Management in Europe, a.a.O., pp. 41-60
[7]Vgl. www.rkhoed.de