Abschiedsworte

„Es überwiegt…die Freude, für Menschen dieses Landes gestalten und arbeiten zu dürfen, ja, ihnen dienen zu dürfen“

Ehrenpräsident Joachim Walter stellte in seinen Abschiedsworten den Dank in den Mittelpunkt.
Joachim Walter · Landkreistag Baden-Württemberg · 22. September 2025
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Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, lieber Achim Brötel! Nach der perfekten Begrüßung durch alle meine Vorredner mache ich es kurz.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es bedarf schon einer großen moralischen Kraft, nach so vielen übertriebenen Komplimenten nicht vollständig vom Boden abzuheben. Das wussten schon die alten Römer. Seneca hat erklärt: „Das Schönste ist nicht die Amtseinsetzung. Sie bedeutet Mühsal, Plage und oft Enttäuschungen. Das Verlassen des Amtes dagegen ist Freude und Seligkeit.“ Warum habe ich dieses Zitat gewählt?

Lieber Herr Ministerpräsident Kretschmann, es betrifft uns beide, die wir heute als Aktive einer Landkreisversammlung beiwohnen. Beide wissen wir: Ämter in der Kommunalpolitik und in der Landespolitik sind manchmal mühsam, die eine oder andere Plage, in welcher Form auch immer, muss man aushalten und gelegentlich werden auch Erwartungen enttäuscht.

Es – jetzt kommt der Trost, lieber Achim Brötel – überwiegt aber aus meiner Sicht eines: die Freude, für Menschen dieses Landes gestalten und arbeiten zu dürfen, ja, ihnen dienen zu dürfen. Deshalb sind Abschiedsworte immer Dankesworte. Dank an meine Landrätinnenkolleginnen und Landrätekollegen, die mir das Amt des Präsidenten des Landkreistags Baden-Württemberg über zwölf Jahre anvertraut haben und mir heute die hohe Ehre der Ehrenpräsidentschaft erwiesen haben. Auch die Landkreismedaille in Gold ist eine seltene Auszeichnung. Vielen herzlichen Dank!

Ihr seht, ich schätze das sehr hoch, denn ich verstoße gegen einen Grundsatz, den ich mir selbst zu Beginn meiner Präsidentschaft gegeben habe: Ich habe sofort am Tag danach zu meiner Personalakte einen Vermerk gegeben. In diesem stand: „Wünscht keinerlei Orden und Ehrenzeichen.“ Die vom Landkreistag kann ich nicht ablehnen. Vielen herzlichen Dank euch! Denn wir waren gemeinsam stark, weil wir ehrlich, offen und konstruktiv miteinander umgegangen sind.

Dabei will ich dir, lieber Achim, ganz besonders danken. Klar: Deine lobenden Worte waren zwar übertrieben, aber sie waren sehr humorvoll – und gefallen haben sie mir halt trotzdem. Danken will ich dir auch für unser freundschaftliches Miteinander in den letzten Jahren und für deine Bereitschaft, neben der großen Aufgabe als Präsident des Deutschen Landkreistags auch die Präsidentschaft im Landkreistag Baden-Württemberg zu übernehmen. Du bist die Idealbesetzung für dieses Amt. Die Doppelfunktion in Berlin und Stuttgart wird den Landkreisen in Baden-Württemberg in hohem Maße Nutzen bringen.

Deine Rede vorhin, in der auch dein Humor aufgeblitzt ist, zeigt: Du weißt, dass Seneca, wenn er die Amtseinsetzung beschreibt, nur die halbe Wahrheit nennt. Die Freude am Gestalten soll alles andere überwiegen. Kraft und Gesundheit und immer eine glückliche Hand wünsche ich dir von Herzen für diese große Aufgabe.

Du hast einen großen Trumpf in der Hand. Dir steht eine Geschäftsstelle zur Seite, die große Aufgaben mit kleiner Mannschaft unheimlich effektiv bewältigt. An ihrer Spitze ein Hauptgeschäftsführer, lieber Alexis von Komorowski, dessen strategisches Denken, sein unermüdliches Arbeiten für die Landkreise, sein Weitblick und seine menschlich zugewandte Art für mich ebenso unverzichtbar wie hilfreich und effektiv waren. Sie werden es auch für dich sein, lieber Achim. Darauf kannst du zählen.

Ein großes Dankeschön von Herzen an dich, lieber Alexis, an Sie, liebe Frau Münz, und an das ganze Team der Geschäftsstelle. Ihr alle habt mir die Arbeit sehr einfach gemacht. Und wenn es jetzt einen Applaus gibt, dann habt ihr den verdient.

Dank, lieber Eberhard Trumpp, will ich auch dir abstatten. Du hast mich in meinen ersten Präsidentenjahren unter deine Fittiche genommen, du hast mir zur Seite gestanden, du hast mich unterstützt und du hast mich in alle Themen eingeführt. Es war unheimlich hilfreich. Danke, lieber Eberhard, dafür.

Danke aber auch meinen Vorgängern, die heute da sind: dir, lieber Edgar Wais, dir, lieber Jürgen Schütz. Ein Präsident des Landkreistags Baden-Württemberg steht immer auf den Schultern seiner Vorgänger. Ihr habt die Fundamente geschaffen, von denen ich profitieren durfte.

Lieber Hans-Günter Henneke, danke auch für deine Worte und die Tatsache, dass du den weiten Weg von Berlin in das mit öffentlichen Verkehrsmitteln momentan kaum erreichbare Balingen auf dich genommen hast. In den fast eineinhalb Jahrzehnten, in denen ich im Präsidium des DLT – zeitweise, wie du beschrieben hast, auch als Vizepräsident – mitwirken durfte, konnte ich mich immer auf dein großes strategisches und juristisches Können, aber auch auf deine ehrliche und menschlich zugewandte Art verlassen. Danke dafür. Auch du wirst am Ende dieses Jahres in den wohlverdienten Ruhestand gehen. Dafür wünsche ich dir heute alles Gute, Gesundheit und Zufriedenheit.

Lieber Herr Ministerpräsident Kretschmann, unsere Wege haben sich das erste Mal 1979 gekreuzt. Vielleicht erinnern Sie sich noch daran. Seit Sie 2011 das Amt des Ministerpräsidenten bekleiden, hatten wir viele Berührungspunkte. Anlässlich meiner persönlich überbrachten Glückwünsche zu Ihrer ersten Wiederwahl schauten Sie mich streng an – das können Sie – und sagten: „Und auf gute Zusammenarbeit. Es war ja nicht immer so einfach mit uns beiden in den letzten fünf Jahren“, worauf mir nichts Besseres einfiel, als Ihnen zu sagen: „Das bleibt voraussichtlich auch so.“

Das liegt in der Natur der Sache. Denn wie wir alle bei der hervorragenden Rede von Achim Brötel heraushören konnten, gibt es eben Konfliktpunkte, es gibt unterschiedliche Auffassungen, es gibt Interessenkonflikte zwischen Land und Landkreisen, wo Diskussionen unbequem sein können und manchmal auch unbequem sein müssen.

Zu Beginn Ihrer ersten Amtszeit sind Ihnen diese Diskussionen – Sie haben es vorhin selbst beschrieben – wohl mehr als Fundamentalopposition gegen die erste rot-grüne Regierung vorgekommen und – Sie haben es erwähnt – Günther Oettinger hat geholfen, indem er gesagt hat: „Die Landräte waren schon immer lästig.“

Das müssen wir auch sein, wenn wir erkennen, wie schlecht es beispielsweise um die Finanzierung der kommunalen Aufgaben steht, wie dringend notwendig kraftvolle Schritte der Deregulierung sind, wenn wir in unserem Land vorankommen wollen und verhindern wollen, dass radikale politische Kräfte von den beiden Rändern die Oberhand gewinnen. Da müssen wir als Landrätinnen und Landräte fordern, dass bei einem beabsichtigten Regelbefreiungsgesetz eben nicht ein Passus enthalten ist, der zur Bedingung macht, dass auf jeden Fall der Zweck der ausgesetzten Norm auch erreicht werden soll. Da müssen wir als Landrätinnen und Landräte fordern, dass angesichts des knappen Wohnraums Verhinderungsinstrumente wie die Bürgerbeteiligung im Bauleitverfahren wieder abgeschafft werden. In diesem Fall ist die Bürgerbeteiligung eben nur Anliegerdemokratie. Wir fordern auch: Gold-Plating braucht es im Land nicht. Da hätte es eine schöne und einfache Möglichkeit per Gesetz gegeben, so wie in Österreich selbiges zu verbieten.

Bezüglich der Radkoordinatoren, Herr Ministerpräsident, habe ich wohl mit meinen Aussagen einen – wie man heute so schön sagt – nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Warum wollte ich die nicht? Ich habe damals gesagt: Herr Ministerpräsident, wir haben kein Geld mehr, um Radwege zu bauen – wofür brauchen wir dann Koordinatoren? Genau das ist der Grund, warum ich diese abgelehnt habe. Von den Kollegen und Kolleginnen hat ja der eine oder die andere vielleicht eine Möglichkeit, die Damen und Herren doch noch ein bisschen sinnvoll einzusetzen – im Umfeld der Radwege, so sage ich jetzt mal ganz einfach.

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Wir sind aber trotz mancher inhaltlichen Differenzen nie in persönliche Auseinandersetzungen hineingeraten, lieber Herr Ministerpräsident. Wir haben Lösungen mit der Landesregierung gefunden. Und ich glaube, das wird auch weiterhin gelingen. In meinen Dank möchte ich alle heute anwesenden Mitglieder der Landesregierung einbeziehen, liebe Frau Ministerin Gentges, lieber Herr Minister Hauk. Frau Ministerin Dr.  Hoffmeister-Kraut musste zu einem Termin weg; ich habe es ihr aber vorher noch schnell sagen können. Vielen herzlichen Dank für die immer gute Zusammenarbeit allen Mitgliedern der Landesregierung. Wenn ich, liebe Frau Ministerin Gentges, Sie heute hier vor mir sitzen sehe und an das Thema „Flucht und Migration“ denke, dann will ich mich bedanken für die hervorragende Zusammenarbeit in diesen durchaus kritischen Momenten. Das Thema Ukraine hat uns damals alle überrascht, und es ist uns gelungen, die Probleme anzugehen, weil wir mit Ihnen und mit Ihrem Haus ausgezeichnet kooperieren konnten. Leider konnten wir manche wenig zielführenden Entscheidungen in Berlin miteinander nicht verhindern.

Ein herzliches Dankeschön auch an die Fraktionsvorsitzenden. Herr Hagel musste jetzt auch zu einem Termin weitergehen. Herr Schwarz und Herr Stoch, Sie haben mit uns viele Gespräche geführt. Ich durfte immer nicht nur auf Ihr offenes Ohr hoffen, sondern ich habe dieses offene Ohr auch bekommen für unsere Anliegen. Zuletzt hat mir Herr Hagel zu unseren zentralen Anliegen und Forderungen auch in schriftlicher Form ein umfassendes Zugeständnis gemacht, für das wir sehr dankbar sind. Dafür will ich mich hier ausdrücklich bedanken, denn es bedarf manchmal der Papierform, um solche Dinge festzuhalten.

Ich möchte in diesen Dank zwei Abgeordnete besonders einschließen, von denen ich weiß, wie sehr sie sich immer um die kommunalen Belange und zuletzt auch um besagtes Papier gekümmert haben, nämlich Sie, lieber Hockenberger, und Herr Schütte, der jetzt nicht da sein kann. Vielen Dank!

Liebe Präsidentenkollegen von Städtetag und Gemeindetag Baden-Württemberg, gemeinsam waren wir stark, weil wir unsere manchmal nicht bis aufs allerletzte Komma übereinstimmenden Interessen gegenüber dem Land immer gemeinsam vertreten haben. Danke, lieber Steffen Jäger, lieber Frank Mentrup, und auch dir, lieber Roger Kehle, für das gute Miteinander. Es hat immer gutgetan, miteinander die Themen anzugehen. Wir haben meist verhandelt ohne allzu lange Abstimmungen. Wir haben uns blind verstanden. Ich glaube, das war auch gut so.

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Meine Damen und Herren, bei einer Veranstaltung vor vielen Jahren, bei deren Ende es auch wie heute ein Mittagessen geben sollte, wurden lange Reden gehalten. Als auch der letzte Redner nicht zu Ende kam, öffnete sich neben der Bühne eine Tür und laut vernehmbar wurde hereingerufen: „D‘ Saidewürschtle platzet scho.“

Dazu will ich nicht weiter beitragen und zum Ende kommen.

Dem Landkreistag Baden-Württemberg und seinem neuen Präsidenten wünsche ich Glück und weiter viel Erfolg bei der Vertretung und Durchsetzung der Interessen unserer Landkreise. Denn die Landkreise stehen für eine gute Zukunft vor Ort.

Herr Ministerpräsident, es ist nicht nur Liturgie. Die Forderungen, die wir hier erheben, sind berechtigt. Liturgie ist etwas anderes, die gehört in die Kirche, die pflegen wir hier bei den Landkreisversammlungen nicht. Aber auch in der Liturgie gibt es bekanntlich Fürbitten, die berechtigt sind. Also so ganz schlecht war der Vergleich wohl nicht.

Sie alle, die heute bei uns sind und die Sie uns immer unterstützt haben, bitte ich: Bleiben Sie dem Landkreistag und den Landkreisen gewogen. Landkreistag Baden-Württemberg, ad multos annos.

Danke für alles.

Joachim Walter ist erster Ehrenpräsident und Präsident a.D. des Landkreistags Baden-Württemberg
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