Sicher im Alltag ankommen

Kliniknachsorge – Begleitung, wenn es darauf ankommt!

Um den „Drehtüreffekt“ nach einem Krankenhausaufenthalt, einer Rehabilitation, Kurzzeitpflege oder ambulanten Operation zu vermeiden, unterstützt die Kliniknachsorge die Menschen wieder zu Hause anzukommen und in ihrem Alltag Fuß zu fassen.
Petra Kümmel · Stuttgart · 06. Oktober 2023
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Stellen Sie sich vor: Sie waren ein paar Tage zur Behandlung im Krankenhaus und sitzen mit Ihrer Tasche wartend im Flur, denn heute dürfen Sie nach Hause. Es geht Ihnen zwar besser, aber noch nicht so richtig gut. Sie halten den Entlassungsbrief für Ihren Hausarzt in Händen und jeden Moment kommt ein*e Angehörige*r, um Sie abzuholen. Sie freuen sich auf daheim.

Jetzt stellen Sie sich das gleiche Szenario einmal so vor: Sie waren ein paar Tage zur Behandlung im Krankenhaus und sitzen, auf ein Taxi wartend, mit Ihrer Tasche im Flur, den Entlassungsbrief für Ihren Hausarzt in Händen. Es geht Ihnen wieder besser, aber bis zur vollständigen Genesung wird es noch dauern. Deshalb sehen Sie der Ankunft daheim mit sehr gemischten Gefühlen entgegen. Denn zu Hause erwartet Sie niemand. Wie Sie Ihre Wohnung vorfinden wissen Sie nicht, auch nicht, ob Sie für heute Abend und die nächsten Tage genug Essen im Kühlschrank haben. Dazu kommen weitere bange Fragen: Der Brief muss zu Ihrem Hausarzt – aber wie? Wer holt für Sie die neuen Medikamente aus der Apotheke?


Begleitung, wenn es darauf ankommt

Die*Der Lotse*in der Kliniknachsorge erhält den Kontakt zu den Patient*innen vom Entlassmanagement der Klinik um den Unterstützungsbedarf zu ermitteln und die notwendigen Schritte einzuleiten. Freiwillige wirken in der Begleitung mit kleinen Handreichungen: bringen den Arztbrief zum Hausarzt und lösen Rezepte in der Apotheke ein. Sie erledigen Einkäufe, geben Hilfestellungen, begleiten zur Therapie und zu Arztterminen, hören zu und führen aufmunternde Gespräche, gehen gemeinsam spazieren, zum Beispiel mit dem vielleicht neu verordneten Rollator.

Sie führen jedoch keine Pflege oder hauswirtschaftlichen Dienste durch. Die Begleitung umfasst ca. vier bis sechs Wochen. Die Unterstützung der*des Lotsen*in versteht sich als ausschnittsweises Casemanagement für diese Übergangssituation. Sie beinhaltet Begleitung, Beratung, praktische Unterstützung und Monitoring zur Stabilisierung der Situation.

O-Töne bürgerschaftlich Engagierter:

  • "Wir sind Fahrgelegenheit, Übergangslösung und Rettungsanker."
  • "Wir sind Zuhörer*innen und eben anders als Familie."
  • "Wichtige Gesprächspartner*innen."
  • "Lichtblick."

Wieder zuhause ankommen

Die Begleitung kann nach einem Krankenhausaufenthalt, einer Rehabilitation, Kurzzeitpflege oder ambulanten Operation in Anwendung kommen und zielt darauf ab, den sogenannten „Drehtüreffekt“ zu vermeiden. Damit die Menschen wieder zu Hause ankommen und in ihrem Alltag Fuß fassen, werden die Bedarfe erhoben und ggf. zusätzliche Dienste oder pflegepräventive Angebote vermittelt.

Die häufigste Gruppe von Personen, die von der Kliniknachsorge profitieren, sind alleinlebende Personen über 65 Jahre (überwiegend 80 Jahre +), die keinen Pflegegrad bzw. Pflegegrad eins haben. Dazu kommen alleinlebende Personen mit Behinderung und hochbetagte, nicht pflegebedürftige Paare, von denen ein*e Partner*in im Krankenhaus war.

Die*Der Lotse*in hat neben dem Kontakt mit dem Entlassmanagement und der Unterstützung der Klienten*innen die Aufgabe des Matching der Freiwilligen mit den Klienten*innen, die Gewinnung der Freiwilligen und deren Schulung. Sie*Er ist die Ansprechperson für die Freiwilligen und organisiert Fortbildungen und Austauschtreffen. Die*Der Lotse*in dokumentiert und evaluiert die Einsätze, gibt eine Rückmeldung über den Verlauf an das Entlassmanagement der Klinik und ist in den Netzwerken der ambulanten Dienstleister aktiv.


Aktiv die Gemeinschaft und Nachbarschaft stützen

Die Beratung und Unterstützung der*des Lotsen*in und die Begleitung der Freiwilligen haben eine hohe Bedeutung für die Sicherheit der Klient*innen, um wieder im Alltag anzukommen und Zukunftsperspektiven zu entwickeln und erproben. Diese Zuversicht wirkt stärkend und stabilisierend. Damit wird eine Lücke im Versorgungssystem geschlossen. Dieses Hilfsangebot dient auch der Sicherheit der Angehörigen. Der Zugang zu Diensten, Beratungsstellen und Teilhabe ist somit ermöglicht.

Dieses attraktive Ehrenamt mit zeitlicher Selbstbestimmung, umfangreicher Schulung und Austauschmöglichkeit, sowie interessanten und befriedigenden Begegnungen mit Menschen, stützt die Nachbarschaft und die Engagementbereitschaft in einer sorgenden Gemeinschaft im Quartier.

Rückmeldungen von Klient*innen:

  • "Toll, dass es sie gibt."
  • "Insgesamt hat mir das den Druck genommen, immer allein dazustehen."
  • "Das hat mir wahnsinnig weitergeholfen."
  • "Ich habe erfahren, man bittet viel zu wenig um Hilfe, man weiß nicht was es an Hilfe und Möglichkeiten gibt. Es gibt die Möglichkeiten und diese sollte man nutzen."
  • "Es war überraschend und schön, dass jemand da war."
Petra Kümmel ist Fachberaterin der Agentur Pflege engagiert in Trägerschaft des Landesseniorenrats Baden-Württemberg e.V.
Schlagworte: Altenhilfe , Pflege
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